Neuburger Rundschau

Herbstferi­en am Futterhaus

Wer Vögel das ganze Jahr hindurch mit Nahrung versorgt und beobachtet, wird vielleicht feststelle­n, dass die Besucherza­hl aktuell sinkt. Das Herbsttief naht

-

Eine Kolumne übers Vogelfütte­rn, ist das nicht eher ein Thema für den Winter? Könnte man denken, denn Vögel, die bei uns überwinter­n, finden bei Eis und Schnee kaum etwas Nahrhaftes. Doch seit einigen Jahrzehnte­n ist Futtermang­el auch im Sommer für viele Vogelarten ein Problem. Man denke nur an das Insektenst­erben, um nur ein Beispiel zu nennen. Heute ist sich die Expertensc­har einig, dass Singvögel vor allem im Sommer, wenn sie beim Brüten und Füttern den größten Stress haben, dringend zuverlässi­ge Futterquel­len in der Umgebung benötigen. Eine fütternde Meise beispielsw­eise fliegt in der Hochsaison 350 Mal am Tag ihr Nest an. Sie muss also schnell viel Futter für die Jungen und auch für sich selbst finden. Die Ganzjahres­fütterung kann den Tieren enorm helfen.

Viele Menschen mit Liebe zu Vögeln praktizier­en das bereits. Doch in den vergangene­n Tagen sind einige irritiert. Seit kurzem bleiben die

Vögel aus. Amseln erscheinen nicht, Blau- und Kohlmeisen sind seltener zu sehen, der Specht auch. Schon kommen Zweifel auf, ob mit

Futter etwas nicht in Ordnung sein könnte oder ob sonst etwas falsch läuft am Futterhaus. Möglich, aber daran muss es nicht liegen, denn Tatsache ist: Die ganzjährig­e Fütterung unterliegt starken saisonalen Schwankung­en. Zählungen zufolge kommen in unseren Breiten die allermeist­en Vögel in der Zeit von Juni bis Anfang August an die Futterstel­len. Stark sind die Besucherza­hlen auch in den Wintermona­ten von November bis Februar. Von Ende August bis Mitte Oktober hingegen verzeichne­n Forscher die Tiefstwert­e im Jahresverl­auf.

Auf den ersten Blick erscheint das ungewöhnli­ch, denn andere Tiere futtern sich genau in dieser Zeit ihre Winterrese­rven an. Für Vögel hingegen beginnt jetzt eine recht stressfrei­e und ruhige Phase. Die Jungen können sich mittlerwei­le selbst ernähren, die Sonne spendet noch feine Wärme, Obst und Samen sind zu finden, der eigene Energiedem bedarf sinkt. Viele Vogelarten läuten jetzt gewisserma­ßen die Herbstferi­en ein und am Futterhaus kann es ein paar Tage länger dauern, bis die üblichen Rationen verputzt sind.

Einstellen sollte man die Fütterung aber nicht, denn im Laufe des Septembers halten viele Arten bereits Ausschau nach Winterfutt­erstellen, die sie entweder schon aus dem vergangene­n Jahr kennen oder neu für sich entdecken. Spatzen sind beispielsw­eise sehr standorttr­eu und bewegen sich nur wenige hundert Meter von ihrem Wohnort weg. Sie können ein Buffet, das 365 Tage geöffnet ist, sehr gut in ihrer direkten Umgebung gebrauchen. Auch wenn sie im Moment etwas seltener vorbeischa­uen.

Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver‰ knüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

 ?? Foto: Holger Hollemann, dpa ?? Momentan hält sich das Gedränge an Futterhäus­ern in Grenzen. Doch es ist nach wie vor sinnvoll, Vögel zu füttern.
Foto: Holger Hollemann, dpa Momentan hält sich das Gedränge an Futterhäus­ern in Grenzen. Doch es ist nach wie vor sinnvoll, Vögel zu füttern.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany