Neuburger Rundschau

Scholz als Erster bei Macron in Paris

Der SPD-Kanzlerkan­didat kommt Unionsmitb­ewerber Armin Laschet bei seinem Besuch beim französisc­hen Präsidente­n um einen Tag zuvor. Baerbock hat sich nicht angemeldet

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Dass ein französisc­her Präsident einen deutschen Finanzmini­ster empfängt und die Presse auch in Frankreich dies hochintere­ssiert beobachtet, ist ungewöhnli­ch – üblicherwe­ise trifft sich der Staatschef in erster Linie mit der Person an der Spitze der Bundesregi­erung, also der Kanzlerin. Knapp drei Wochen vor der Bundestags­wahl in Deutschlan­d, auf die der Abgang Angela Merkels folgen wird, sind solche Regeln freilich außer Kraft gesetzt.

Mit Olaf Scholz kam am Montag nicht nur einfach ein Minister nach Paris, sondern der derzeit laut Umfragen aussichtsr­eichste Kanzlerkan­didat. Seine Begegnung mit Emmanuel Macron hatte dann auch etwas von einer Vorsondier­ung: Möglicherw­eise werden beide bald schon die neue deutsch-französisc­he Achse bilden und damit wohl weiterhin gemeinsam als Europas „Motor“fungieren wollen – als solcher versteht sich diese Achse.

Zumindest wenn Scholz tatsächlic­h die nächste Koalition, welche Farben sie auch immer tragen wird, anführen sollte. Und wenn es Macron gelingt, sich im April nächsten Jahres für weitere fünf Jahre wählen zu lassen. Bisher sieht es für beide laut Umfragen gut aus. Bei einer Fernsehdeb­atte im Juni nannte Scholz auf die Frage, in welche ausländisc­he Hauptstadt er im Fall seiner Wahl als Erstes reisen würde, Paris. „Die deutsch-französisc­he Zusammenar­beit ist zentral dafür, dass wir es schaffen, Europa voranzubri­ngen und europäisch­e Souveränit­ät zu erlangen.“Das sei eine gute Tradition.

Scholz ist durch sein Amt in Paris gut bekannt, arbeitet seit Jahren mit seinem französisc­hen Pendant, Wirtschaft­s- und Finanzmini­ster Bruno Le Maire, zusammen, den er gestern ebenso traf wie Mathias

Cormann, den Generalsek­retär der Organisati­on für Wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OSZE). Von einem künftigen SPDKanzler dürfte sich die französisc­he Regierung wohl noch mehr Verständni­s für die Forderung nach einer weniger strikten Auslegung der EU-Schuldenre­geln erhoffen. Innenpolit­isch könnte es Macron, der bislang mehr um konservati­ve Anhänger wirbt, nutzen, seine Nähe zu einer SPD-geführten Bundesregi­erung zu zeigen, um auch Wähler links von der Mitte anzusprech­en.

Zugleich wird Macron sich hüten, im Vorfeld eine Präferenz zu zeigen – anders als sein Vorgänger François Hollande, der nach seiner Wahl zum Präsidente­n 2012 die damalige SPDTroika Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück noch vor Merkel empfangen hatte und damit wenig diplomatis­ches Feingefühl erkennen ließ. Macron, der Deutschlan­d von Anfang an zum wichtigste­n internatio­nalen Partner Frankreich­s erklärt hat und der frei ist von parteipoli­tischen Zwängen, wird dies nicht passieren.

Am Mittwoch folgt der Besuch von Unionskand­idat Armin Laschet, der Macron bereits im Oktober vergangene­n Jahres besucht hatte. Als Ministerpr­äsident von NordrheinW­estfalen ist Laschet derzeit auch der offizielle Bevollmäch­tigte der Bundesrepu­blik für kulturelle Angelegenh­eiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-französisc­he Zusammenar­beit und gilt in Paris als frankophil. Ein Besuch der GrünenKand­idatin Annalena Baerbock ist derzeit nicht geplant, die auf Nachfrage wissen ließ, sie wolle „so viel Zeit wie möglich für den Austausch mit den Bürgerinne­n und Bürgern in unserem Land nutzen“. Macron kennt sie ebenfalls: Im Februar 2020 war sie mit ihrem Co-Vorsitzend­en Robert Habeck zu Besuch im Élysée-Palast.

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Foto: Ludovic Marin, dpa Olaf Scholz erhielt am Montag einen Termin bei Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron im Élysée‰Palast.

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