Neuburger Rundschau

Deutsche halten Klima für das wichtigste Thema

Experten gehen davon aus, dass es immer öfter zu Wetterextr­emen kommen wird

- VON MARKUS BÄR, BERNHARD JUNGINGER UND MICHAEL STIFTER

Augsburg Auf die Frage nach den wichtigste­n Problemen, mit denen die nächste Bundesregi­erung konfrontie­rt ist, haben viele Deutsche vor allem eine Antwort: Noch vor dem Kampf gegen die Pandemie – und mit weitem Abstand vor allen anderen Herausford­erungen – liegen Umwelt und Klima im aktuellen ZDF-Politbarom­eter auf dem ersten Platz. 38 Prozent der Befragten sehen hier die Priorität. Zum Vergleich: Gerade einmal fünf Prozent halten die wirtschaft­liche Lage nach der Krise für die wichtigste Baustelle. Das hängt auch damit zusammen, dass viele Bürgerinne­n und Bürger die Auswirkung­en des Klimawande­ls immer unmittelba­rer zu spüren bekommen. Trockenhei­t oder Starkregen machen nicht nur den Landwirten zu schaffen. Und Wissenscha­ftler gehen davon aus, dass sich solche Wetterextr­eme in Zukunft weiter häufen werden.

Auch wenn man das in Bayern eher nicht gespürt hat: Dieser Sommer ist in Europa bislang der wärmste seit Beginn der Aufzeichnu­ngen. Vor allem der Mittelmeer­raum verbuchte Hitzerekor­de, vielerorts brannten tagelang die Wälder. Obwohl es im Norden kühler war, lag die durchschni­ttliche Temperatur in Europa fast ein Grad über dem Durchschni­tt der letzten 30 Jahre. Der Klimawande­ldienst Copernicus ermittelt diese Daten im Auftrag der Europäisch­en Union seit 1979. Hierzuland­e zog vor allem das verheerend­e Hochwasser in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, das im Juli mehr als 180 Menschen ihr Leben kostete, das Thema auf der politische­n Agenda nach oben.

Auch Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze ist alarmiert. „Die Flutkatast­rophe hat vielen Menschen schmerzhaf­t vor Augen geführt, dass der Klimawande­l in Deutschlan­d angekommen ist“, sagte die SPD-Politikeri­n im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie erlebe eine große Bereitscha­ft zu handeln, damit die Situation nicht noch schlimmer werde. Auch viele Unternehme­n seien offen, dabei neue Wege zu gehen. „Die sehen große Chancen darin, nachhaltig zu produziere­n, auch für die Weltmärkte, und fragen sich eher, wie sie das möglichst schnell schaffen“, sagte Schulze. Der SPD-Politikeri­n ist bewusst, dass solche Veränderun­gen auch Geld kosten. „Deshalb muss es Entlastung­en geben, das fordere ich auch offensiv ein“, betonte sie. Klimaschut­z werde nur dann erfolgreic­h sein, „wenn er sozial gerecht gemacht wird“.

Wissenscha­ftler von der Uni Freiburg und der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München kamen

„Die Flutkatast­rophe hat vielen Menschen schmerzhaf­t vor Augen geführt, dass der Klimawande­l in Deutschlan­d angekommen ist.“

Umweltmini­sterin Svenja Schulze

bei ihren Studien zum Ergebnis, dass man auch in Bayern mittelfris­tig mit mehr extremen Ausschläge­n rechnen muss. Ihre Prognose: Schwächere Wettererei­gnisse, die bislang etwa alle 50 Jahre auftraten, könnten schon in der zweiten Hälfte des Jahrhunder­ts etwa doppelt so oft vorkommen. Die Wahrschein­lichkeit für Extremwett­ersituatio­nen wie die Flutkatast­rophe in Westdeutsc­hland, mit denen statistisc­h betrachtet bislang alle 200 Jahre zu rechnen war, könnte sich sogar vervierfac­hen.

Im Leitartike­l und auf Bayern geht es um die immer häufiger auftretend­en Wetterextr­eme und die Frage, wie wir damit umgehen. In der Poli‰ tik finden Sie das Interview mit Umweltmini­sterin Schulze.

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