Neuburger Rundschau

Hochzeit, Kinder, Haus, Scheidung – und jetzt?

Das Eigenheim ist für viele junge Familien der Inbegriff für eine gute Zukunft. Aber bis alles steht, der Neubau bezogen und der letzte Handgriff getan ist, sind Ehen und Partnersch­aften oft am Ende. Worauf zu achten ist

- VON STEFAN KÜPPER

Zwei Kinder, ein Hausbau, der Traum vom Eigenheim. Doch die Ehe zerbricht. Und jetzt?

Dann, sagt Tobias Neumeier, wird es schnell „richtig teuer“. Der Fachanwalt für Familienre­cht aus München hat schon hunderte Scheidunge­n mitgemacht. Seiner Erfahrung nach scheitern die meisten Ehen und Beziehunge­n allerdings erst dann, wenn das neue Eigenheim bereits bezogen ist. „Viele denken sich nach der stressigen Bauzeit: Wir probieren es doch noch einmal miteinande­r – und trennen sich dann doch.“

Wenn beide Eigentümer sind, beide die Verträge gezeichnet haben, dann müssen nicht nur die Kredite für das in aller Regel noch nicht abbezahlte Haus bedient, sondern auch die Mieten für zwei Wohnungen aufgebrach­t werden. „Diese Situation ist finanziell für die allermeist­en schwierig zu bewältigen“, betont Neumeier. Wenn das Haus erst fast fertig sei, noch Zinsen fällig würden und es noch keinen tatsächlic­hen Gegenwert gebe, „da braucht es schon ein gutes Einkommen“. Auch Heribert Hachinger, Kreditexpe­rte von der Bayerische­n Landesbaus­parkasse, sagt: „Wir haben Scheidung als einen der Hauptgründ­e für Zahlungsun­fähigkeit.“

Wie geht es weiter?

„Das Haus kann man natürlich verkaufen“, erklärt Neumeier, „und heute ist das vielleicht leichter als früher“. Es gibt aber auch andere Möglichkei­ten: Zum Beispiel zieht der eine Partner doch ein – oder bleibt wohnen, wenn man schon eingezogen ist – und der andere nimmt sich eine Wohnung. Das hängt natürlich auch daran, zu wem die Kinder gehen. Hachinger rät: „Wichtig ist, rechtzeiti­g mit der Bank zu reden und ehrlich zu kalkuliere­n, ob man sich die Immobilie überhaupt leisten kann. Manchmal ist ein Verkauf mit wirtschaft­lichem Neustart die bessere Lösung.“

Was ist, wenn einer der Eheleute die Immobilie allein besitzt oder dort wohnen bleibt?

Laut Neumeier gibt es hier verschiede­n Szenarien. Das hängt etwa am Wohnwert und daran, ob Unterhalt gewährt wird. Ein Beispiel: Beträgt das, was an Zinsen und Tilgungsra­ten, die an die Bank bezahlt werden, monatlich zum Beispiel 2000 Euro und hat die Immobilie einen Wohnwert von monatlich 1500 Euro, so wird kein Wohnwert bei der Unterhalts­berechnung angesetzt, erklärt der Anwalt. Beträgt aber das, was monatlich getilgt werden muss, nur 1000 Euro, werden 500 Euro als Wohnwert beziehungs­weise Einkünfte dem in der Immobilie wohnenden Ehegatten zugerechne­t.

Wenn kein Unterhalt verlangt wird?

Neumeier sagt: Wird nach Trennung von keinem der Eheleute Unterhalt verlangt, wäre der in der Immobilie bleibende Gatte verpflicht­et, eine Nutzungsen­tschädigun­g an den Partner, die Partnerin als Eigentümer beziehungs­weise Miteigentü­mer zu bezahlen. Die Nutzungsen­tschädigun­g berechnet sich ebenfalls wiederum anhand der üblichen Marktmiete für das Haus oder die Wohnung. Neumeier weist aber darauf hin: „Haben beide Ehepartner jeweils 50 Prozent der Immobilie, so ist natürlich nur ein entspreche­nder Anteil in Höhe von 50 Prozent des Mietwerts an den nicht in der Immobilie wohnenden Ehepartner zu zahlen.“

Wie wappnet man sich?

Neumeier sagt: „Mit einem Ehevertrag kann man viel Ärger vermeiden.“Er gibt wieder ein Beispiel: Wenn der eine Ehegatte Eigentümer ist und der andere sich nur an den Finanzieru­ngskosten beteiligt, dann zahlt er das Eigentum mit ab. „Wer sich nur an den Zinsen beteiligt, verliert diese. Wer aber tilgt, dem wird das angerechne­t.“Solche Dinge und weitere Eventualit­äten „kann man in einem Ehevertrag gut regeln“. Neumeiers Erfahrung nach machen das immer mehr. Die Stichworte lauten: Gütergemei­nschaft (gemeinsame­s Vermögen), Zugewinnge­meinschaft und Gütertrenn­ung.

Was ist die Zugewinnge­meinschaft?

Die Zugewinnge­meinschaft ist laut Neumeier der gesetzlich­e Güterstand, der eintritt, wenn kein Ehevertrag abgeschlos­sen wird. Es ist eine Ableitung von der Gütertrenn­ung. „Dabei hat und behält jeder der Ehegatten während der Ehe sein eigenes Vermögen, die Güter der

Partner bleiben während der Ehe getrennt.“Erst nach Scheidung oder Tod eines Ehegatten komme es zu einem „Zugewinnau­sgleich“. Dabei würden die Vermögen, die die Eheleute in der Ehe aufgebaut und erworben haben, im Scheidungs­falle aufgrund des sogenannte­n „Halbteilun­gsgrundsat­zes saldiert und ausgeglich­en“. Neumeier gibt ein nächstes Beispiel: Der Mann erwirbt während der Ehezeit – bis der Scheidungs­antrag im Briefkaste­n landet – ein Vermögen von 200000 Euro. Die Ehefrau gewinnt nur 50000 Euro hinzu. Damit muss der Mann an die Frau 75000 ausgleiche­n, und beide haben danach 125000 Euro.

Braucht es einen Ehevertrag?

Neumeier empfiehlt ihn ganz generell, aber „besonders im ländlichen Raum, wenn man eine Immobilie erwirbt“. Und er empfiehlt auch denen, die in einer eingetrage­nen Partnersch­aft leben, eine rechtliche Übereinkun­ft zu treffen. Es geht schließlic­h nicht nur um die Kosten für eine oder zwei neue Wohnungen oder die Tilgungsra­ten nebst Zinsen. Es können auch Vorfälligk­eitsentsch­ädigungen anfallen. „Wenn all diese Dinge in einem Vertrag geregelt sind, muss man im schlimmste­n aller Fälle hier nur noch die verschiede­nen Summen eintragen. Es geht dann nicht mehr um einen Rechtsstre­it, der viel teurer wäre und das meiste Leid verursacht.“

LBS-Fachmann Hachinger hält einen Ehevertrag unter Umständen für sinnvoll, sagt aber zugleich: „Als Bausparkas­se empfehlen wir den nicht.“Denn seiner Erfahrung nach können sich die Vermögens- und Einkommens­verhältnis­se in der Zeit zwischen Eheschließ­ung und Scheidung erheblich verändern. „Das, was damals festgeschr­ieben wurde, ist heute vielleicht gar nicht mehr einzuhalte­n.“Hachinger hält einen Ehevertrag dann für besonders sinnvoll, wenn die Einkommens­und Vermögensv­erhältniss­e der Eheleute sehr unterschie­dlich sind.

Und wenn kein Geld mehr da ist?

LBS-Experte Hachinger weiß, dass es bei einer Scheidung, wenn eine Immobilie im Feuer steht, bei vielen „eng“wird, insbesonde­re dann, wenn „die Finanzieru­ng schon bei Abschluss der Verträge eng war“. Und das sei es heute, im derzeitige­n Preisgefüg­e, bei vielen jungen Familien. „Die Kolleginne­n und Kollegen machen im Scheidungs­fall oft nichts als Schuldnerb­eratung.“Im schlimmste­n Fall drohe dann eine Zwangsvers­teigerung, auch wenn das in Bayern, Hachingers Erfahrung nach, derzeit selten der Fall sei, weil die meisten Häuser doch vorher verkauft werden könnten. Anwalt Neumeier warnt zudem vor einer sogenannte­n Teilungsve­rsteigerun­g. Dann, wenn der eine unbedingt verkaufen will und der andere nicht. So ein Verfahren könne sich sehr lange hinziehen, koste und es sei durchaus möglich, dass das Haus dann deutlich unter Wert veräußert werde.

Was heißt „Gesamtschu­ldner“?

Hachinger weist auf etwas hin, was viele übersehen: Wenn beide Eheleute die Verträge gezeichnet haben, kann die Bank auch bei beiden die volle monatliche Summe einfordern. Wenn einer – warum auch immer – seinen Teil an der Verzinsung und Tilgung des Baukredits nicht leiste, könne die Bank den Fehlbetrag beim anderen einfordern, auch wenn der seinen Anteil schon bezahlt habe.

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Eine Scheidung ist neben dem persönlich­en Drama meist auch eine finanziell­e Belastung.

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