Hochzeit, Kinder, Haus, Scheidung – und jetzt?
Das Eigenheim ist für viele junge Familien der Inbegriff für eine gute Zukunft. Aber bis alles steht, der Neubau bezogen und der letzte Handgriff getan ist, sind Ehen und Partnerschaften oft am Ende. Worauf zu achten ist
Zwei Kinder, ein Hausbau, der Traum vom Eigenheim. Doch die Ehe zerbricht. Und jetzt?
Dann, sagt Tobias Neumeier, wird es schnell „richtig teuer“. Der Fachanwalt für Familienrecht aus München hat schon hunderte Scheidungen mitgemacht. Seiner Erfahrung nach scheitern die meisten Ehen und Beziehungen allerdings erst dann, wenn das neue Eigenheim bereits bezogen ist. „Viele denken sich nach der stressigen Bauzeit: Wir probieren es doch noch einmal miteinander – und trennen sich dann doch.“
Wenn beide Eigentümer sind, beide die Verträge gezeichnet haben, dann müssen nicht nur die Kredite für das in aller Regel noch nicht abbezahlte Haus bedient, sondern auch die Mieten für zwei Wohnungen aufgebracht werden. „Diese Situation ist finanziell für die allermeisten schwierig zu bewältigen“, betont Neumeier. Wenn das Haus erst fast fertig sei, noch Zinsen fällig würden und es noch keinen tatsächlichen Gegenwert gebe, „da braucht es schon ein gutes Einkommen“. Auch Heribert Hachinger, Kreditexperte von der Bayerischen Landesbausparkasse, sagt: „Wir haben Scheidung als einen der Hauptgründe für Zahlungsunfähigkeit.“
Wie geht es weiter?
„Das Haus kann man natürlich verkaufen“, erklärt Neumeier, „und heute ist das vielleicht leichter als früher“. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten: Zum Beispiel zieht der eine Partner doch ein – oder bleibt wohnen, wenn man schon eingezogen ist – und der andere nimmt sich eine Wohnung. Das hängt natürlich auch daran, zu wem die Kinder gehen. Hachinger rät: „Wichtig ist, rechtzeitig mit der Bank zu reden und ehrlich zu kalkulieren, ob man sich die Immobilie überhaupt leisten kann. Manchmal ist ein Verkauf mit wirtschaftlichem Neustart die bessere Lösung.“
Was ist, wenn einer der Eheleute die Immobilie allein besitzt oder dort wohnen bleibt?
Laut Neumeier gibt es hier verschieden Szenarien. Das hängt etwa am Wohnwert und daran, ob Unterhalt gewährt wird. Ein Beispiel: Beträgt das, was an Zinsen und Tilgungsraten, die an die Bank bezahlt werden, monatlich zum Beispiel 2000 Euro und hat die Immobilie einen Wohnwert von monatlich 1500 Euro, so wird kein Wohnwert bei der Unterhaltsberechnung angesetzt, erklärt der Anwalt. Beträgt aber das, was monatlich getilgt werden muss, nur 1000 Euro, werden 500 Euro als Wohnwert beziehungsweise Einkünfte dem in der Immobilie wohnenden Ehegatten zugerechnet.
Wenn kein Unterhalt verlangt wird?
Neumeier sagt: Wird nach Trennung von keinem der Eheleute Unterhalt verlangt, wäre der in der Immobilie bleibende Gatte verpflichtet, eine Nutzungsentschädigung an den Partner, die Partnerin als Eigentümer beziehungsweise Miteigentümer zu bezahlen. Die Nutzungsentschädigung berechnet sich ebenfalls wiederum anhand der üblichen Marktmiete für das Haus oder die Wohnung. Neumeier weist aber darauf hin: „Haben beide Ehepartner jeweils 50 Prozent der Immobilie, so ist natürlich nur ein entsprechender Anteil in Höhe von 50 Prozent des Mietwerts an den nicht in der Immobilie wohnenden Ehepartner zu zahlen.“
Wie wappnet man sich?
Neumeier sagt: „Mit einem Ehevertrag kann man viel Ärger vermeiden.“Er gibt wieder ein Beispiel: Wenn der eine Ehegatte Eigentümer ist und der andere sich nur an den Finanzierungskosten beteiligt, dann zahlt er das Eigentum mit ab. „Wer sich nur an den Zinsen beteiligt, verliert diese. Wer aber tilgt, dem wird das angerechnet.“Solche Dinge und weitere Eventualitäten „kann man in einem Ehevertrag gut regeln“. Neumeiers Erfahrung nach machen das immer mehr. Die Stichworte lauten: Gütergemeinschaft (gemeinsames Vermögen), Zugewinngemeinschaft und Gütertrennung.
Was ist die Zugewinngemeinschaft?
Die Zugewinngemeinschaft ist laut Neumeier der gesetzliche Güterstand, der eintritt, wenn kein Ehevertrag abgeschlossen wird. Es ist eine Ableitung von der Gütertrennung. „Dabei hat und behält jeder der Ehegatten während der Ehe sein eigenes Vermögen, die Güter der
Partner bleiben während der Ehe getrennt.“Erst nach Scheidung oder Tod eines Ehegatten komme es zu einem „Zugewinnausgleich“. Dabei würden die Vermögen, die die Eheleute in der Ehe aufgebaut und erworben haben, im Scheidungsfalle aufgrund des sogenannten „Halbteilungsgrundsatzes saldiert und ausgeglichen“. Neumeier gibt ein nächstes Beispiel: Der Mann erwirbt während der Ehezeit – bis der Scheidungsantrag im Briefkasten landet – ein Vermögen von 200000 Euro. Die Ehefrau gewinnt nur 50000 Euro hinzu. Damit muss der Mann an die Frau 75000 ausgleichen, und beide haben danach 125000 Euro.
Braucht es einen Ehevertrag?
Neumeier empfiehlt ihn ganz generell, aber „besonders im ländlichen Raum, wenn man eine Immobilie erwirbt“. Und er empfiehlt auch denen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, eine rechtliche Übereinkunft zu treffen. Es geht schließlich nicht nur um die Kosten für eine oder zwei neue Wohnungen oder die Tilgungsraten nebst Zinsen. Es können auch Vorfälligkeitsentschädigungen anfallen. „Wenn all diese Dinge in einem Vertrag geregelt sind, muss man im schlimmsten aller Fälle hier nur noch die verschiedenen Summen eintragen. Es geht dann nicht mehr um einen Rechtsstreit, der viel teurer wäre und das meiste Leid verursacht.“
LBS-Fachmann Hachinger hält einen Ehevertrag unter Umständen für sinnvoll, sagt aber zugleich: „Als Bausparkasse empfehlen wir den nicht.“Denn seiner Erfahrung nach können sich die Vermögens- und Einkommensverhältnisse in der Zeit zwischen Eheschließung und Scheidung erheblich verändern. „Das, was damals festgeschrieben wurde, ist heute vielleicht gar nicht mehr einzuhalten.“Hachinger hält einen Ehevertrag dann für besonders sinnvoll, wenn die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Eheleute sehr unterschiedlich sind.
Und wenn kein Geld mehr da ist?
LBS-Experte Hachinger weiß, dass es bei einer Scheidung, wenn eine Immobilie im Feuer steht, bei vielen „eng“wird, insbesondere dann, wenn „die Finanzierung schon bei Abschluss der Verträge eng war“. Und das sei es heute, im derzeitigen Preisgefüge, bei vielen jungen Familien. „Die Kolleginnen und Kollegen machen im Scheidungsfall oft nichts als Schuldnerberatung.“Im schlimmsten Fall drohe dann eine Zwangsversteigerung, auch wenn das in Bayern, Hachingers Erfahrung nach, derzeit selten der Fall sei, weil die meisten Häuser doch vorher verkauft werden könnten. Anwalt Neumeier warnt zudem vor einer sogenannten Teilungsversteigerung. Dann, wenn der eine unbedingt verkaufen will und der andere nicht. So ein Verfahren könne sich sehr lange hinziehen, koste und es sei durchaus möglich, dass das Haus dann deutlich unter Wert veräußert werde.
Was heißt „Gesamtschuldner“?
Hachinger weist auf etwas hin, was viele übersehen: Wenn beide Eheleute die Verträge gezeichnet haben, kann die Bank auch bei beiden die volle monatliche Summe einfordern. Wenn einer – warum auch immer – seinen Teil an der Verzinsung und Tilgung des Baukredits nicht leiste, könne die Bank den Fehlbetrag beim anderen einfordern, auch wenn der seinen Anteil schon bezahlt habe.