Mehr Experimente wagen
Die Zeit der Jogginghose ist vorbei, hoffen Mode-Expertinnen
Berlin Hat die Pandemie unseren Kleidungsstil verändert? Aber hallo! Und wie! Zumindest für viele, die im Homeoffice arbeiten, ist die Jogginghose zum Modestück Nummer eins geworden. Die Kolleginnen und Kollegen in den Videokonferenzen sehen schließlich ja nur das Gesicht, vielleicht noch ein bisschen was vom Oberkörper. Unter den Schreibtisch blicken sie nicht. Für Modemacherinnen und Modemacher aber ist die Jogginghose ein Albtraum, denn – so der unvergessene Karl Lagerfeld – wer eine Jogginghose trage, habe die Kontrolle über sein Leben verloren.
Doch alles hat seine Zeit. Und je besser sich Corona in den Griff bekommen lässt, je weniger Homeoffice, Quarantäne, Lockdown – umso mehr bekommen die Menschen Lust auf modische Experimente fernab der Jogginghose. Glaubt zumindest Designerin Florentina Leitner. Mit ihren Entwürfen wurde am Montagabend der große Laufsteg im Kraftwerk Berlin eröffnet, die Berlin Fashion Week hat begonnen. Nach coronabedingter Pause wieder mit Publikum.
Leitner sagt, dass auch sie manchmal eine Jogginghose trage. In ihre Kollektion aber habe sie keine eingebaut, weil sie hoffe, dass „die Jogginghosen-Zeit“jetzt vorbei sei. Die Menschen wollten mit Mode den tristen Alltag nun hinter sich lassen. Und dafür hat sie ein paar Vorschläge: Enge Körperanzüge, bedruckt und glänzend. Blumenmuster und Federschmuck. Oder einen Body mit Schwan.
Manche Schnitte erinnern an eine Matrosenuniform. Daneben gibt es bequeme Kapuzenpullover und übergroße Hemden. Ob sich das im Homeoffice durchsetzt, in dem sich viele noch befinden? Es gäbe sicher ein großes Hallo in der nächsten Videokonferenz, wenn man vor der Kamera in hautenger Matrosenuniform erschiene.
Eine Dauerlösung jedenfalls kann die Jogginghose nicht sein. Findet auch die langjährige frühere Chefredakteurin der deutschen Modezeitschrift Vogue, Christiane Arp. „Ich denke, dass es eine Zeit lang für uns alle gut funktioniert hat. Weil wir eben zu Hause waren“, sagt sie. Aber das Rausgehen und sich Schmücken mache ihr auch Spaß – „und heute noch viel mehr nach diesen Monaten“.