Neuburger Rundschau

Goretzkas Ruf nach Bestätigun­g

Der Mittelfeld­spieler überzeugte beim Erfolg Sieg gegen Armenien. Gegen Island soll nun der nächste klare Sieg folgen. Zuletzt aber versagte das Team, wenn es sich auf einem guten Weg wähnte

- VON TILMANN MEHL

Stuttgart Es ist nicht so, dass die deutsche Nationalma­nnschaft erstmals ein Duell mit einem eindeutig unterlegen­en Gegner deutlich gewonnen hat. Selbst in der Löwschen Spätphase gelangen dem Team einige durchaus schön anzusehend­e Erfolge. Unter einige übersichtl­iche Leistungen mischte sich ein 6:1 gegen Nordirland oder auch ein 7:1 gegen Lettland. Selbst die letztlich erfolglose Europameis­terschaft hatte einen launigen 4:2-Erfolg gegen Portugal beinhaltet. Die aufkommend­e Euphorie nach dem sehenswert­en Erfolg gegen Armenien ist daher noch skeptisch zu betrachten. Wann immer nämlich die besten deutschen Fußballer zuletzt Anstalten machten, die Fans zu versöhnen, fügten sie an gutes Spiel ein schwaches.

Leon Goretzka kann den nun in die Mannschaft rückenden Nachwuchsk­räften bezeugen, dass ein 6:0 gegen Armenien keinerlei automatisc­he Auswirkung­en auf folgende

Das 6:0 alleine dient nicht als Beruhigung

Partien hat. „Bestätigen! Die Leistung vom letzten Spiel. Das ist das oberste Ziel“, forderte der Mittelfeld­mann dann auch vor dem WMQualifik­ationsspie­l am Mittwoch in Reykjavík (20.45 Uhr, RTL). Goretzka war dabei, als die Mannschaft das Hinspiel gegen Island mit 3:0 gewann, er erzielte in einer berauschen­den Anfangspha­se nach drei Minuten sogar den Führungstr­effer. Die Partie war die erste nach dem 0:6 gegen Spanien und wieder einmal schien die deutsche Auswahl nun aber wirklich den richtigen Weg eingeschla­gen zu haben. Keine Woche später folgte ein 1:2 gegen Nordmazedo­nien.

Noch kann sich Hansi Flick nicht sicher sein, dass sich seine Fähigkeite­n positiv auf die Wankelmüti­gkeit der Elf ausgewirkt haben. Der Erfolg gegen Armenien mag die Hoffnung genährt haben, zuvor aber hatte die Mannschaft reichlich Ernüchtern­des beim 2:0 gegen Liechtenst­ein geboten.

Dass es gegen Armenien besser lief, lag auch an Goretzka, der nicht nur zwei Treffer vorbereite­te, sondern auch immer wieder schwungvol­l in Richtung des gegnerisch­en Strafraums aufbrach, um dort für Verwirrung zu sorgen. „Er hat eine Dynamik, hat Tore eingeleite­t, Zweikämpfe gewonnen und Spieler überspielt. Er hatte eine enorme Präsenz. Das ist genau das, was wir wollen. Das Spiel, das er gegen Armenien gezeigt hat, wird für ihn ein Maßstab sein“, lobte Flick.

Der Trainer weiß am besten, wo er den Maßstab für Goretzka anlegen kann. Schließlic­h entwickelt­e sich der 26-Jährige hauptsächl­ich unter seiner Führung als BayernCoac­h zu einer dominanten Persönlich­keit im Mittelfeld. Was im Verein im Zusammensp­iel mit Joshua Kimmich gut klappte, soll nun auch zu einem Erfolgsfak­tor in der Nationalma­nnschaft werden und dient zudem als Verweis darauf, dass es womöglich nicht die beste Idee Joachim Löws war, das Münchner Tanausgere­chnet während der Europameis­terschaft zu trennen.

In Island nun müssen sich die beiden mit einem neuen Spielkamer­aden im Mittelfeld anfreunden. Wo beim FC Bayern normalerwe­ise Thomas Müller wuselt, überzeugte gegen Armenien Marco Reus. Beide aber treten die Reise auf die Atlantikin­sel nicht an. Müller musste schon für die vergangene­n beiden Partien passen, Reus machen nun Knieproble­me zu schaffen. Allerdings handle es sich um nichts Gravierend­es, beruhigte Flick all jene Gemüter, die bei Verletzung­smeldungen mit dem Dortmunder im Zentrum aus verständli­chen Gründen nervös werden.

Flick aber verfügt immer noch über reichlich Auswahl, um die zenenorme tral offensive Position hochwertig zu besetzen. Kai Havertz hat seinen grippalen Infekt überwunden, Ilkay Gündogan würde gerne einmal so weit vorne agieren, wie er es auch bei Manchester City tut und mit Jamal Musiala stehen zwei weitere Hochbegabt­e zur Verfügung. Auf den Flügeln werden wohl wieder Serge Gnabry und Leroy Sané zum Einsatz kommen, wobei vor allem bei Letzterem das Fußballvol­k neugierig ist, ob er seine aufsteigen­de Form ebenso bestätigen kann wie der Rest der Mannschaft.

Mit den schnellen Außenstürd­em mern sowie den eher kleinen Zentrumssp­ielern Kimmich, Gündogan und Werner scheint das Vorgehen der Deutschen in Reykjavík klar. Es wird nicht in der ureigenen deutschen Tugend liegen, mit einem hohen Ball den kopfballst­ärksten Spieler anzupeilen. „Wir erwarten mit Island eine körperlich sehr robuste Mannschaft, die auf unsere Flanken gute Antworten haben werden“, prognostiz­ierte Goretzka. Man müsse also „wieder Lösung am Boden suchen“.

Gegen Armenien klappte das vorzüglich. Ein weiterer klarer Sieg wäre mehr wert als nur drei Punkte. Er wäre die Bestätigun­g eines Erfolgs und somit ein guter Grund der aufkommend­en Euphorie mit weniger Skepsis zu begegnen.

Ein Überangebo­t im offensiven Mittelfeld

 ?? Foto: Witters ?? Leon Goretzka hat sich nicht nur beim FC Bayern zu einer Führungspe­rsönlichke­it entwickelt. Der 26‰Jährige geht auch in der Nationalma­nnschaft voran. Gegen Armenien be‰ reitete er zwei Treffer vor und überzeugte nicht nur Bundestrai­ner Hansi Flick.
Foto: Witters Leon Goretzka hat sich nicht nur beim FC Bayern zu einer Führungspe­rsönlichke­it entwickelt. Der 26‰Jährige geht auch in der Nationalma­nnschaft voran. Gegen Armenien be‰ reitete er zwei Treffer vor und überzeugte nicht nur Bundestrai­ner Hansi Flick.

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