Neuburger Rundschau

Was für Plug‰in‰Hybride spricht – und was dagegen

Neben reinen E-Autos werden auch Plug-in-Hybride derzeit saftig subvention­iert. Doch die Antriebste­chnik lohnt sich nicht für jeden

- Fabian Hoberg, dpa

Keine Abgase ausstoßen und dazu eine hohe Reichweite? Moderne E-Autos kommen mit einer Akkufüllun­g mittlerwei­le bis zu 700 Kilometer weit. Nur: Noch sind die Stromer mit den Riesenbatt­erien sehr teuer. Manche Plug-in-Hybride – halb Verbrenner, halb Stromer – sind in der Anschaffun­g günstiger.

Auf kürzeren Strecken fahren auch sie rein elektrisch, und die Langstreck­e ist für sie ebenfalls kein Problem – wenngleich sie dann Treibstoff verfeuern. Bei Plug-inHybriden speist eine Batterie den E-Antrieb. Sie lässt sich über die Steckdose laden. Je nach Fahrsituat­ion und Ladezustan­d des Akkus springt der Verbrennun­gsmotor an, meist ein Benziner, seltener ein Diesel.

Zwar gibt es im Rahmen des Umweltbonu­s für Plug-in-Hybride einen Zuschuss von bis zu 6750 Euro und damit weniger als für E-Autos (9000 Euro). Doch unter dem Strich sind viele der Modelle mit Doppelantr­ieb günstig – zumindest im Vergleich mit potenten E-Autos.

Dementspre­chend ist die Modellviel­falt explodiert: Noch vor wenigen Jahren ließen sich die Plug-ins an einer Hand abzählen, mittlerwei­le liest sich die Liste der Marken wie ein ganzer Autokatalo­g: Von Audi über Ford und Hyundai bis zu Mitsubishi und VW mischen über zwei Dutzend Marken mit.

Je nach individuel­lem Fahrprofil lässt sich der Verbrauch von Benzin oder Diesel bei Plug-ins ADAC-Angaben zufolge um 30 bis 80 Prozent senken. Allerdings hängt das stark vom Fahrprofil ab, das regelmäßig­es Stromladen voraussetz­t. Constantin Hack vom Auto Club Europa (ACE) ergänzt: „Wer regelmäßig nur kurze Strecken fährt, dazu aber auch regelmäßig lange Strecken deutlich über 200 Kilometer, wie bei Wochenendp­endlern, für den kann ein Plug-in-Hybrid Sinn ergeben.“

Selbst Tom Hinsken aus der Entwicklun­g bei Mercedes-Benz sagt: „Wenn Besitzer von Plug-in-Modellen ihr Fahrzeug nicht zu Hause oder am Arbeitspla­tz laden können, ergibt die Technik wenig Sinn.“Bestehe diese Möglichkei­t aber, könne man bei einer rein elektrisch­en Reichweite von 100 Kilometern wie beim Mercedes C 300e Arbeitsweg­e 50 Kilometern emissionsf­rei hin- und zurückpend­eln.

Auch bei BMW werden einzelne Typen bald bis zu 100 Kilometer rein elektrisch fahren. Generell besitzen Plug-in-Hybride größere Akkus als herkömmlic­he Hybride, die oft nur wenige Kilometer rein elektrisch fahren können. Bevor Autokäufer sich entscheide­n, sollten sie sich also ihre Tagesfahrl­eistung vor Augen halten.

Bei den Plug-ins kann Stromladen auf langen Strecken wie der Fahrt in den Urlaub aber auch ganz entfallen, weil bei ihnen der Verbrennun­gsmotor zum Einsatz kommt. Das bedeutet gegenüber dem E-Auto mehr Flexibilit­ät. Die Reichweite­nangst, die im reinen E-Auto oft immer noch mitfährt, kommt im Plug-in jedenfalls nicht auf. Nur ist der Verbrenner-Betrieb natürlich der weniger ökologisch­e Fortbewegu­ngsmodus. Die klimatisch­en Vorteile von Plug-in-Hybriden hielten sich deshalb in Grenzen, sagt ACE-Sprecher Hack.

Vielfahrer, die 30000 Kilometer und mehr im Jahr auf der Autobahn zurücklege­n, würden weiter besser einen Diesel wählen, sagt auch Wieland Bruch, Pressespre­cher Elektromob­ilität bei BMW.

Auch laut ADAC ist der Diesel bei häufigen Langstreck­en oft imvon mer noch der effiziente­re und emissionsä­rmere Antrieb. Ein weiteres Problem bei Dienstwage­nfahrern: Wer von seinem Unternehme­n keine Ladekarte zum Stromtanke­n erhält, sondern nur eine Tankkarte, hat einen Anreiz weniger, elektrisch zu fahren.

Immerhin wird bei Mercedes mittlerwei­le auf den Fahrmodus verzichtet, bei dem der Verbrennun­gsmotor während der Fahrt die Batterie lädt. „Energetisc­h ist dieser Charge Mode ineffizien­t. Plug-inModelle sollen an der Steckdose laden“, sagt Tom Hinsken. Mit einem integriert­en Schnelllad­esystem lädt der Akku der Mercedes-Modelle innerhalb von rund 30 Minuten komplett. Allerdings bieten viele Plugin-Modelle kein solches Schnelllad­esystem, sodass die Batterie über mehrere Stunden an die Steckdose muss. Generell können Plug-in-Hybride, wie reine E-Autos auch, das E-Kennzeiche­n erhalten. Sofern die Emissionen 50 Gramm CO2 pro Kilometer nicht übersteigt oder die elektrisch­e Mindestrei­chweite bei 40 Kilometern liegt, ab 2022 bei 60 Kilometern. Das sind laut ADAC auch einige der Förderkrit­erien für den Umweltbonu­s. Eventuelle Einfahrtsb­eschränkun­gen gelten nicht und es winken Vorteile beim Parken, teils darf die Busspur genutzt werden.

Kaufintere­ssenten sollten sich indes nicht vom WLTP-Verbrauch irritieren lassen, der je nach elektrisch­er Reichweite oft um zwei Liter auf 100 Kilometer angegeben wird. Das gesetzlich­e Messverfah­ren dient der Vergleichb­arkeit verschiede­ner Modelle, so Bruch. Die Verbrauchs­werte im Alltag jedoch liegen meist weit höher.

Es kommt aber auf die Nutzung an. Im Testzyklus der Zeitschrif­t Auto Motor und Sport liegen die meisten Plug-in-Hybride nahe am synthetisc­hen WLTP-Durchschni­ttsverbrau­ch, so Jens Dralle als Ressortlei­ter Test und Technik. Der Zyklus geht von 15000 Kilometern im Jahr aus, davon 10000 Kilometern Kurzstreck­e, auf denen der E-Motor arbeitet. „Plug-ins verbrauche­n nicht per se mehr Kraftstoff, es kommt sehr auf die Fahrstreck­e an“, so Dralle.

 ?? Foto: BMW AG ?? Heikle Zahlenspie­le: Die elektrisch­e Reichweite für den 520e nach WLTP gibt BMW mit 53 bis 61 Kilometern an. Den Normverbra­uch mit 1,8 bis 1,3 Litern. In der Realität können Plug‰in‰Hybride jedoch je nach Fahrstil und ‰strecke deutlich mehr schlucken.
Foto: BMW AG Heikle Zahlenspie­le: Die elektrisch­e Reichweite für den 520e nach WLTP gibt BMW mit 53 bis 61 Kilometern an. Den Normverbra­uch mit 1,8 bis 1,3 Litern. In der Realität können Plug‰in‰Hybride jedoch je nach Fahrstil und ‰strecke deutlich mehr schlucken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany