13Jähriger aus Gerolfing in Bremen aufgetaucht
Über zwei Wochen lang hatte ihn die Polizei gesucht. Jetzt gab es im Fall um den vermissten 13-Jährigen aus Gerolfing eine spektakuläre Wendung. Die Polizei geht nun auch der Frage nach, welche Rolle die Mutter spielte
Gerolfing Der Fall um einen wochenlang vermissten 13-jährigen Schüler aus Gerolfing nahm am Dienstag eine spektakuläre Wendung. Nach intensiven Ermittlungen konnten die Beamten den Jungen in einer Bremer Wohnung finden. Auch wenn kein Gewaltverbrechen vorliegt, sind die Hintergründe noch in vielerlei Hinsicht unklar.
Drei Personen wurden am Dienstag per Haftbefehl festgenommen – ein Mann in Bremen, sowie ein Mann und eine Frau in Ingolstadt. Letztere ist allem Anschein nach die Mutter des 13-jährigen als vermisst gemeldeten Jungen aus Gerolfing. Sie war es auch, die am 23. August die Polizei verständigt hatte. Doch was wirklich passiert ist, darüber herrscht noch Unklarheit.
In den sozialen Medien hatte sie einen Aufruf geteilt, der auf einen Sorgerechtsstreit schließen lässt und suggeriert, der Sohn sei auf eigene Faust geflohen. „Du sollst wissen, dass du nicht zu deinem leiblichen Vater zurück musst“, hieß es dort. Doch laut der Pressesprecherin des
Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt, Michaela Grob, gab es im Laufe der Ermittlungen „große Zweifel an der Glaubwürdigkeit“der Familie in Gerolfing. So gab die Familie beispielsweise an, im benachbarten Ausland zu sein, als ermittelnde Beamte vor Ort in Gerolfing niemanden antreffen konnten. Und so machten sie sich immer weiter verdächtig. Laut der Polizei gab es einige Anhaltspunkte, dass sich der Junge auch nach der Vermisstenmeldung in der Obhut der leiblichen Mutter befunden hatte und diese mit Unterstützung weiterer Tatverdächtiger den Aufenthaltsort des Kindes den Ermittlungsbehörden wissentlich vorenthielt.
Als sich dieser Verdacht erhärtete, ging die Polizei von einer innerfamiliären Entziehung Minderjähriger aus. Es lässt also darauf schließen, dass der 13-Jährige einem anderen Elternteil – in diesem Fall dem getrennt lebenden Vater – entzogen wurde. Gestern schließlich konnten die Beamten den Jungen unversehrt aus einer Wohnung in Bremen in Gewahrsam nehmen und
Symbolfoto: Siegert in die Obhut des dortigen Jugendamtes geben, das nun für ihn zuständig ist. „Man muss sagen, dass hier kein Vermisstenfall vorlag“, sagt Polizeisprecherin Michaela Grob. Zu keiner Zeit habe es in den vergangenen zwei Wochen Hinweise auf ein Gewaltverbrechen gegeben.
Im gleichen Zug wurden die drei tatverdächtigen Personen im Alter von 42, 51 und 55 Jahren festgenommen, den zuständigen Richtern der jeweiligen Amtsgerichte in Bremen und Ingolstadt vorgeführt und in Untersuchungshaft gebracht.
Direkt nach der Vermisstenmeldung – der zufolge der Junge am 23. August am Vormittag das elterliche Anwesen in Gerolfing verlassen hatte – hatte die Polizeiinspektion Ingolstadt intensive Fahndungs- und Suchmaßnahmen eingeleitet. Bis in die späten Abendstunden war ein Großaufgebot an Polizeikräften eingesetzt, um das nähere örtliche Umfeld und alle bekannten Aufenthaltsorte nach dem Jungen abzusuchen. Hierzu wurden unter anderem Personensuchhunde und Polizeihubschrauber eingesetzt.
Bereits am Morgen des 25. August übernahm die Kriminalpolizei Ingolstadt unter fortlaufender enger Zusammenarbeit mit der Polizeiinspektion Ingolstadt federführend die Sachbearbeitung im Vermisstenfall des 13-Jährigen. Unter Hochdruck agierte ein 12-köpfiges Ermittlungsteam, um den Verbleib des Jungen zu klären. Dabei bedienten sich die Ermittlerinnen und Ermittler
fortlaufend der Unterstützung inner- und außerbayerischer Kräfte, um allen Hinweisen aus der Familie und der Bevölkerung nachzugehen. Zuerst wurde der Junge im Interpark bei Ingolstadt gesehen – auch ein Personensuchhund sprang dort auf seine Fährte an. Gleiches dann wenige Tage darauf auf einem Autohof an der A9 im mittelfränkischen Hilpoltstein, wo er am 26. August gesehen wurde. Die Polizei intensivierte die Fahndung und verteilte zahlreiche Flugblätter an Firmen und Passanten.
Auch wenn der Fall auf einen Sorgerechtsstreit schließen lässt, kann die Polizei dies weder bestätigen, noch dementieren. „Über die Motivation können wir aufgrund der Persönlichkeitsrechte der Tatverdächtigen nichts sagen“, begründet dies Polizeisprecherin Michaela Grob. Das Polizeipräsidium Oberbayern Nord prüft, den Beteiligten die Kosten für die durch die Falschangaben ausgelösten polizeilichen Maßnahmen aufzuerlegen. Die abschließenden Ermittlungen wegen des Verdachts einer Kindesentziehung dauern an.