Neuburger Rundschau

Opposition ist misslich

Bei CDU und CSU steigt die Angst vor einer Niederlage. Die Hoffnung stirbt zuletzt und noch kämpfen sie. Ohne Armin Laschet wäre die Union im Bundestag eine andere

- VON STEFAN LANGE

Berlin Rund um den Bundestag sind in diesen letzten Tagen vor der Wahl nur noch selten Abgeordnet­e anzutreffe­n. Die meisten kämpfen in ihren Wahlkreise­n um Stimmen. Vor allem die Mitglieder von CDU und CSU müssen zu Hause retten, was noch zu retten ist. Die sinkenden Umfragewer­te signalisie­ren, dass in Zukunft deutlich weniger Unionsabge­ordnete unter der Reichstags­kuppel sitzen werden.

Das gilt nicht nur für die CDU, sondern auch für die erfolgsver­wöhnte CSU, die womöglich nicht alle Kandidatin­nen und Kandidaten durchbekom­mt. Die Fortsetzun­g der politische­n Arbeit steht auf dem Spiel, auch Arbeitsplä­tze sind in Gefahr. Langjährig­e Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r müssen sich schlimmste­nfalls einen neuen Job suchen. Wie geht es in der Union weiter, sollte sie am Ende die Wahl verlieren?

In den Berliner Hinterzimm­ern versuchen sich die, die noch da sind, in Optimismus. Auf die Landtagswa­hl in Sachsen-Anhalt etwa wird verwiesen, wo Anfang Juni gewählt wurde. Die CDU ging mit 37,1 Prozent als Siegerin durchs Ziel – das waren zehn Prozentpun­kte mehr, als die letzte Umfrage vor der Wahl prognostiz­iert hatte. Einen ähnlichen Effekt erhoffen sich Christdemo­kraten und Christsozi­ale bei der Bundestags­wahl.

Für den Spitzenkan­didaten Armin Laschet sieht es gleichwohl schlecht aus. Er hat miserable persönlich­e Werte und muss um den Einzug in den Bundestag bangen. Denn der Aachener hat keinen eigenen Wahlkreis, er will es als Spitzenkan­didat der NRW-Landeslist­e schaffen. Aber weil die Christdemo­kraten in Nordrhein-Westfalen massiv eingebroch­en sind, zieht die Liste womöglich gar nicht. Laschets Dilemma ist groß: Sollte er nicht Kanzler werden – das ginge auch ohne Mandat –, stünde er eigentlich vor dem politische­n Aus. Denn der Aachener hat mehrfach betont, dass es für ihn kein Rückfahrtt­icket nach Düsseldorf gibt. NRW-Ministerpr­äsident könnte er deshalb kaum bleiben.

Für den Fall, dass er über die Liste in den Bundestag einzieht, die Union aber nicht den Kanzler stellt, muss Laschet auf den Posten des Fraktionsv­orsitzende­n, des Opposition­sführers pochen. Was wohl auch klappen würde. Amtsinhabe­r Ralph Brinkhaus ist angezählt. Als er den Posten vom Merkel-Vertrauten Volker Kauder eroberte, versprach er seinen Kolleginne­n und Kollegen mehr Beteiligun­g. Dieses Ziel hat er in den Augen vieler Abgeordnet­er verfehlt.

Sollte Laschet nicht ins Parlament kommen, könnte Gesundheit­sminister Jens Spahn Fraktionsc­hef werden. Der CDU-Politiker gilt einigen in der Union aber immer noch als eine Spur zu arrogant. Als heiße Kandidaten werden die bisherigen stellvertr­etenden Fraktionsv­orsitzende­n Andreas Jung und Thorsten Frei gehandelt. Die beiden BadenWürtt­emberger werden persönlich wie fachlich geschätzt, sie könnten zudem die Phalanx der NordrheinW­estfalen in der Fraktion aufbrechen. Als zweite Spitze im Fraktionsv­orstand gilt CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt als gesetzt.

CSU-Chef Markus Söder lehnt eine Junior-Rolle der Union in der nächsten Regierung zwar ab. „Wenn die Union nicht die Nummer eins ist, dann ist sie nicht gewählt und dann müssen es die Linken machen“, sagte er Bild TV. Bei der CDU wird das allerdings mit einem erschöpfte­n Lächeln quittiert. „Markus Söder soll doch bitte vor seiner eigenen Haustür kehren“, sagt eine Spitzenfra­u, die schon lange dabei ist. Gemeint sind die schlechten Umfragewer­te für die CSU.

Sollte die Union die Chance auf eine Regierungs­beteiligun­g haben, wird vielen Abgeordnet­en das eigene Hemd näher sein als die blaue Jacke von Söder. Er dürfte sich auch dem Druck seiner Abgeordnet­en kaum widersetze­n können. Vergleichs­weise junge Christsozi­ale wie Dorothee Bär, Silke Launert, Anja Weisgerber, Stephan Mayer, Stefan Müller oder Thomas Silberhorn sind ambitionie­rt und wollen nicht die nächsten vier Jahre in der Opposition verplemper­n. Sie stünden für Kabinettsp­osten zur Verfügung.

Bei der CDU fallen Namen wie Carsten Linnemann, Norbert Röttgen, Jana Schimke und Nadine Schön, wenn es um die Zukunft der Union nach Laschet geht.

Jens Spahn gilt als möglicher Fraktionsc­hef

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Foto: Michael Kappeler, dpa Armin Laschet droht am Ende ganz ohne politische­s Amt dazustehen.

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