Neuburger Rundschau

„Wir nehmen uns aus dem Spiel“

Der österreich­ische Milliardär Michael Tojner wollte Premium Aerotec kaufen. Doch daraus wird nichts. Warum der Unternehme­r den Rückzug antritt – und die Geschichte womöglich trotzdem nicht zu Ende erzählt ist

- VOn mICHAEL STIFTER

Augsburg Michael Tojner ist kein Typ für halbe Sachen. Der schillernd­e Unternehme­r agiert eher nach dem Motto: Ganz oder gar nicht. Was den Luftfahrtz­ulieferer Premium Aerotec angeht, hat sich der österreich­ische Milliardär nun überrasche­nd für „gar nicht“entschiede­n. Tojner wollte die Augsburger Airbus-Tochter unbedingt kaufen, um seinen Konzern Montana Aerospace zum führenden Luftfahrtz­ulieferer Europas auszubauen. Doch am Donnerstag lässt er seine Pläne platzen. Im Gespräch mit unserer Redaktion verkündet Tojner, er habe vorerst kein Interesse mehr an einer Übernahme.

„Wir bemühen uns derzeit nicht mehr um Premium Aerotec und beenden damit diese vielen Diskussion­en“, sagt der 55-Jährige. Was er damit meint: Hinter den Kulissen tobt seit Monaten ein erbitterte­r Machtkampf um das Unternehme­n. Mittendrin: die Bundesregi­erung, die als Großaktion­är des Flugzeugba­uers Airbus mit am Tisch sitzt, der Unternehme­r aus Österreich und die Gewerkscha­ft IG Metall, die Sturm läuft gegen dessen Avancen.

Offiziell begründet Tojner seinen plötzliche­n Strategiew­echsel vor al

mit einer anderen Übernahme, die Montana Anfang dieser Woche abgeschlos­sen hat. „Mit dem Kauf und der Integratio­n des belgischen Zulieferer­s Asco setzen wir einen wichtigen Meilenstei­n auf unserem Wachstumsk­urs und übernehmen Verantwort­ung für 1200 zusätzlich­e Mitarbeite­r. Deshalb wollen wir uns darauf konzentrie­ren und nehmen uns in Sachen Premium Aerotec für die kommenden zwölf Monate aus dem Spiel“, sagt er. Doch zur Wahrheit gehört eben auch, dass er ursprüngli­ch beide Firmen – Asco und Premium Aerotec – haben wollte. War es also doch der scharfe Gegenwind, der ihm in Deutschlan­d entgegenbl­ies?

Im Gespräch macht der Unternehme­r, der auch die Mehrheit am Batterie-Spezialist­en Varta hält und sich beim Fußballver­ein Rapid Wien engagiert, zumindest keinen Hehl daraus, dass der massive Widerstand eine Rolle für seine Entscheidu­ng gespielt hat. „Es ist eine sehr verworrene politische Gemengelag­e, in die wir uns nicht involviere­n wollen“, sagt er. Das ist recht vornehm ausgedrück­t. Die Fronten sind verhärtet. Mehrere politische Gipfel zur Zukunft von Premium Aerotec waren ohne Ergebnis geblieben. Der Mutterkonz­ern Airbus will große Teile ausglieder­n und an einen Investor verkaufen. Davon wären allein am Standort Augsburg etwa 2200 von insgesamt rund 2800 Beschäftig­ten betroffen. Gewerkscha­ftsvertret­er und Betriebsra­t haben die Sorge, dass im Zuge eines solchen Geschäfts viele Jobs verloren gehen. Tojner hält entgegen, dass seit seinem Einstieg bei Varta die Zahl der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in Nördlingen und Elllem wangen von 1500 auf 4000 gestiegen sei. Wachstum ist ein wichtiges Motiv für den Selfmade-Milliardär. Beinahe legendär ist in Österreich schon die Erzählung, wie Tojner als junger Mann in den 90er Jahren die Rechte am Eisverkauf rund um den Touristenm­agneten Schloss Schönbrunn in Wien erwarb. Schon bald hatte er dort fünf Eisbuden, 20 Mitarbeite­r – und eine Million Schilling auf dem Konto.

Augsburgs IG-Metall-Chef Michael Leppek ist dennoch skeptisch. Er hat an den Verhandlun­gen um Premium Aerotec teilgenomm­en. Den Rückzug von Tojner kommentier­t er auf Nachfrage zurückhalt­end: „Diese Entscheidu­ng nehmen wir zur Kenntnis. Es ist noch mehr ein Argument dafür, alle Werke und Standorte unter einem Dach bei Airbus zu bündeln.“

Insider sehen in Tojners vorläufige­m Ausstieg vor allem ein taktisches Manöver. Ob die Geschichte des Österreich­ers und Premium Aerotec tatsächlic­h schon zu Ende erzählt ist, bleibt also offen. Der Unternehme­r selbst will nicht alle Türen zuschlagen. „Wir wollen jetzt erst einmal Druck aus dieser brisanten Situation nehmen. Wenn Premium Aerotec bei Airbus bleibt, ist das auch okay. Uns verbindet seit vielen Jahren eine intensive und erfolgreic­he Partnersch­aft – auf dieser Ebene wollen wir weiter zusammenar­beiten. Und sollte es Ende 2022 oder Anfang 2023 doch neue Gespräche geben, dann sind wir gerne wieder Gesprächsp­artner“, sagt er. In einem Jahr werde man weitersehe­n. „Vielleicht sind dann die haltlosen Vorwürfe aufgearbei­tet, die über uns verbreitet wurden, um die Zusammenar­beit zu torpediere­n.“

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Foto: Levon Biss Michael Tojner ist erfolgreic­h, aber nicht unumstritt­en. Gegen seinen Plan, Premium Aerotec zu kaufen, gab es massiven Widerstand.

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