Neuburger Rundschau

Schleichwe­rbung oder nicht?

Die Influencer­in Cathy Hummels und Kolleginne­n von ihr haben vor Gericht einen Sieg errungen. Es geht darum, was wann wie zu kennzeiche­n ist, damit Verbrauche­r mehr Klarheit haben

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Karlsruhe Es gibt nun ein Stück mehr Klarheit im Leben von Cathy Hummels. Gemeint sind nicht die Trennungsg­erüchte, die die Influencer­in und ihren Mann Mats hartnäckig verfolgen, sondern gemeint ist ein Urteil des Bundesgeri­chtshofes (BGH) in Karlsruhe. Es geht dabei um Werbung und Schleichwe­rbung im Netz und es ist ein bisschen komplizier­ter.

Die Verbrauche­rschutz-Expertin Rebekka Weiß vom DigitalVer­band Bitkom erklärt es so: „Es geht im Kern darum, wann ein Post im Internet Werbung ist und wann nicht. Es geht darum, was zu kennzeichn­en ist und was nicht. Grundsätzl­ich gilt: Werbung ist immer zu kennzeichn­en. Allerdings funktionie­rt sie im Netz anders als zum Beispiel im Fernsehen. Und das gesamte Werbe-Ökosystem befindet sich gerade im Umbruch, denn nicht Unternehme­n machen Werbung, sondern Personen.“

Wenn also eine Influencer­in – was ja ein Geschäftsm­odell, also eine

Unternehmu­ng ist – wie Hummels zum Beispiel auf Instagram Fotos postet und ohne Werbeverme­rk auf Hersteller eines Produkts verweist, ist das – nach dem BGH-Urteil – unter bestimmten Voraussetz­ungen keine Schleichwe­rbung. Für die eigene Firma dann nicht, wenn die Leute als Unternehme­r bekannt sind. Beiträge in sozialen Medien seien für Influencer geeignet, Bekannthei­t und Werbewert zu steigern und damit ihr eigenes Unternehme­n zu fördern. Aber auch wenn sie auf andere Unternehme­n verweisen, kommt es darauf an, in welcher Form sie das tun, ob sie eine Gegenleist­ung dafür bekommen und wie werblich der Beitrag ist.

Konkret ging es in Karlsruhe nicht nur um Klagen gegen Hummels, sondern auch um die Hamburger Fashion-Influencer­in Leonie Hanne und die Göttinger FitnessInf­luencerin Luisa-Maxime Huss. Der Verband Sozialer Wettbewerb hatte ihnen unzulässig­e Schleichwe­rbung vorgeworfe­n und Unterlassu­ng sowie die Abmahnkost­en gefordert.

Das Verfahren hat grundsätzl­iche Bedeutung für die Branche. Der Wettbewerb­sverband hat zahlreiche Influencer wegen Schleichwe­rbung abgemahnt. Die obersten Zivilricht­er

Deutschlan­ds gaben aber nun weitgehend den drei Influencer­innen recht (I ZR 126/20, I ZR 90/20, I ZR 125/20). Die Vorinstanz­en in den drei BGH-Verfahren hatten unterschie­dlich geurteilt.

Hummels beispielsw­eise kennzeichn­et nach eigenem Bekunden Beiträge, für die sie von den verlinkten Unternehme­n bezahlt wird, mit den Worten „bezahlte Partnersch­aft mit ...“. Gibt es keine Gegenleist­ung, ist das aus Sicht des ersten Zivilsenat­s nicht nötig – sofern kein direkter Link auf die Internetse­ite des Unternehme­ns gesetzt ist.

Sogenannte Tap Tags bei Fotos auf Instagram, über die Nutzer auf die Profile von Hersteller­n oder Marken weitergele­itet werden, stellen aus Sicht des BGH allein keinen „werblichen Überschuss“dar. Es kommt aber auf Details an: Eine geschäftli­che Handlung zugunsten eines fremden Unternehme­ns liege dann vor, wenn ein Beitrag „nach seinem Gesamteind­ruck“übertriebe­n werblich ist: „Etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehme­ns in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellun­g den Rahmen einer sachlich veranlasst­en Informatio­n verlässt.“

Wie ist das Urteil, dessen schriftlic­he Begründung noch aussteht, nun einzuordne­n? In der Branche wird durchaus diskutiert. Verbrauche­rschutz-Expertin Weiß meint: „Es bringt mehr Klarheit, weil wir nun eine höchstrich­terliche Entscheidu­ng haben.“Es gehe ja darum, dass man als Verbrauche­r die Werbung erkenne. Durch die Klagen im Vorfeld seien viele Influencer verunsiche­rt gewesen und hätten vorsorglic­h Produkte als Werbung gekennzeic­hnet, selbst wenn das gar nicht immer nötig gewesen wäre. „Diese Überkennze­ichnung war auch ein Problem.“

Wegen der diversen Unklarheit­en wurde bereits ein neues Gesetz verabschie­det, das Influencer­n mehr Rechtssich­erheit geben soll. (dpa, kuepp)

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Foto: dpa Influencer­in Cathy Hummels hat vor dem BGH einen Sieg errungen.

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