Neuburger Rundschau

Fußballsta­r Boateng wegen Körperverl­etzung verurteilt

Ein Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Ex-Nationalsp­ieler eine frühere Lebensgefä­hrtin geschlagen hat. Es verhängt eine Geldstrafe. Boateng soll den höchstmögl­ichen Tagessatz zahlen – insgesamt 1,8 Millionen Euro

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München Jérôme Boateng schaut seine frühere Lebensgefä­hrtin aufmerksam an. Immer wieder schüttelt er den Kopf und raunt seinem Anwalt etwas zu. Das, was die 31-Jährige am Donnerstag vor dem Amtsgerich­t München erzählt, passt so gar nicht zu dem Bild, das die Öffentlich­keit jahrelang von dem Weltklasse-Innenverte­idiger hatte, von dem Idol und Fußball-Weltmeiste­r von 2014. Denn das Bild, das sie vor Gericht zeichnet, ist das eines Gewalttäte­rs. „Mit dem Daumen hat er mein Auge so gegriffen“, sagt die Frau vor Gericht. Dort tritt sie als Nebenkläge­rin auf. „Er hat an meinen Haaren gerissen, mir dann in den Kopf gebissen.“Angespuckt habe er sie – mit Blut, weil er sich vorher die Lippe aufgerisse­n hatte. Womöglich beim Beißen, sagt sie. Auf die Knie sei sie dann gefallen, bevor er ihr so stark „in die Niere geboxt“habe, dass sie keine Luft mehr bekommen habe.

Der Vorfall im karibische­n Urlaubspar­adies der Turks- und Caicosinse­ln

im Jahr 2018 sei nicht der erste Vorfall dieser Art gewesen, sagt die Frau. Aber der heftigste. Und für den wird Boateng nun verurteilt: Das Amtsgerich­t München verhängt eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätze­n zu 30000 Euro wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung und Beleidigun­g. Höher kann ein Tagessatz nicht sein. Insgesamt muss Boateng, wenn das Urteil rechtskräf­tig wird, 1,8 Millionen Euro zahlen.

Es gibt an diesem Tag verschiede­ne Versionen von dem, was damals in der Karibik geschehen sein soll. Die von Staatsanwa­ltschaft und ExFreundin in der Nebenklage geht so: Boateng soll nach Angaben von Staatsanwä­ltin Stefanie Eckert „in voller Wucht“eine Glaslatern­e und eine Kühltasche auf sie geworfen haben. Eine Bewährungs­strafe von anderthalb Jahren fordert sie – und eine Zahlung von 1,5 Millionen Euro an gemeinnütz­ige Einrichtun­gen. Sie geht in ihrer Berechnung davon aus, dass Boateng bei seinem früheren Verein, dem FC Bayern München, 33 000 Euro am Tag verdiente und jetzt bei Olympique Lyon mindestens noch 20 000 Euro.

Dass es eine Eskalation gab, räumt auch Boateng ein. Er erzählt aber eine ganz andere Version: Seine Ex-Freundin sei aggressiv und beleidigen­d geworden, habe ihn in einem Streit an der Lippe verletzt und auf ihn eingeschla­gen. Als er sie dann von sich habe wegschiebe­n wollen, sei sie gestürzt. Er habe auch keine Laterne auf sie geworfen, sondern ein Kissen gegen einen Tisch – dabei sei die Laterne zu Boden gefallen. Geschlagen, so betont er, habe er die Frau nie. Er müsse „zwingend freigespro­chen werden“, sagt Verteidige­r Kai Walden.

Ein Sachverstä­ndiger hält anhand von dokumentie­rten blauen Flecken bei der Frau allerdings eher ihre Version für wahrschein­lich – und nicht die von Boateng. Und auch die junge Frau, die mit den beiden im Urlaub und damals mit dem mutmaßlich­en Opfer befreundet war, will etwas anderes gesehen haben: Boateng habe „angefangen, auf sie einzuschla­gen – mit Fäusten“.

Staatsanwä­ltin Eckert bezeichnet Boatengs ehemalige Freundin als „Opfer häuslicher Gewalt“. Allerdings sei nicht nur sie Opfer geworden, sondern auch er – „Opfer ihrer gemeinsame­n toxischen Beziehung“. Die Kinder seien in der ganzen Geschichte die eigentlich­en Leidtragen­den, sagt Richter Kai Dingerdiss­en. Das Gericht geht im Urteil von „einem Faustschla­g“ins Gesicht der damaligen Freundin aus. Britta Schultejan­s, dpa

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Foto: Warmuth, dpa Jérôme Boateng kommt mit Bodyguards zum Prozessbeg­inn.

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