Gasthaus Saliter schließt
Das Neuburger Gasthaus Zum Saliter wird zum 17. Oktober schließen. Ein Nachfolger ist derzeit nicht geplant. Mit Gaby und Johann Bley endet damit eine 250-jährige Wirtshaus-Geschichte an dieser Stelle
Das Ende einer Wirtshaus-Tradition in Neuburg steht bevor. Am 17. Oktober wird das Gasthaus Zum Saliter schließen. Ein Nachfolger ist derzeit nicht geplant.
Neuburg Manchmal kommt es anders, als man denkt. Diese Phrase wird oft leicht dahingesagt, bei Gaby und Johann Bley trifft sie aber den Nagel auf den Kopf. Denn es stand außer Frage, dass sie bis zu ihrer Rente ihr Gasthaus Zum Saliter mit dem in Neuburg einmaligen Biergarten betreiben wollten. Noch im Februar dieses Jahres haben sie den Gastraum neu geweißelt und neue Spielgeräte für den großen Spielplatz ausgesucht. Doch kein halbes Jahr später musste das Paar eine für sie bittere Entscheidung treffen: Das Wirtshaus mit seinem weithin beliebten Biergarten schließt, und zwar schon in fünf Wochen.
„Am 17. Oktober ist unser letzter Tag“, sagt Gaby Bley. In dem Satz schwingt ein bisschen Überwindung mit, als ob sich die 57-Jährige dazu zwingen müsste, an ihrer Aussage festzuhalten. Denn, so erzählt sie, es sei keinesfalls leicht gewesen, sich auf einen fixen Termin festzulegen. Zunächst hatten sie sich überlegt, noch bis Ende des Jahres durchzuhalten. Doch schon bald mussten sie sich eingestehen: Es bringt nichts, und es geht auch nicht mehr.
Johann Bley muss tief Luft holen, als er das sagt. Es ist seine Gesundheit, die ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Die Hände schmerzen, der Rücken tut weh – „da ist einiges zusammengekommen“, winkt der 62-Jährige ab. Natürlich sind die Beschwerden nicht über Nacht gekommen. Doch zuletzt haben sich die Auswirkungen immer stärker gezeigt, was die Arbeit rund um den Wirtshausbetrieb erschwert hat. Der große Garten, in dem die Gäste so gerne unter den mächtigen Bäumen gesessen haben, will nämlich gepflegt werden. Rasen mähen, Hecken schneiden, Büsche stutzen – es gibt immer etwas zu tun, insbesondere in einem warmfeuchten Sommer wie diesem, in dem das Grün förmlich explodierte. Immer öfter war er schon erschöpft, bevor er überhaupt richtig mit der Arbeit begonnen hatte.
Dazu kommt das Personalproblem, das nach dem Lockdown die ganze Gastrobranche traf: Frühere Mitarbeiter hatten sich mittlerweile eine andere Beschäftigung gesucht, neues Personal war nicht zu bekommen. In den Sommerferien konnten
noch Schüler zum Jobben gewinnen. „Aber nächste Woche fängt die Schule wieder an, und dann fehlen uns wieder Mitarbeiter“, sagt Gaby Bley.
Es kam also einiges zusammen. Vor etwa drei Monaten haben sie deshalb die Entscheidung getroffen, das Gasthaus zu schließen. Vor Kurzem konnten sich sie schließlich auch auf einen finalen Tag einigen. Am 17. Oktober wird damit eine über 250-jährige Geschichte des Hauses enden. Denn in der ehemaligen Salpeterfabrik (daraus leitet sich der Name „Saliter“ab) fernab der Stadt wird bereits seit 1770 Bier ausgeschenkt. Seit 1849 ist das Anwesen im Besitz der Familie Bley. Mit Johann Bley wird die Familientradition nun enden.
Und die wird – wie es im Augenblick aussieht – auch von keinem anderen aufgenommen. Die Gastwirtschaft und den Biergarten zu verpachten, das kam für die Bleys nicht infrage. „Ein paar Interessenten hätten wir schon gehabt, aber das wollten wir nicht“, sagt Johann Bley. Ihre drei Kinder hätten kein Interesse an der Gastronomie, was der 62-Jährige gut verstehen kann. Schließlich übernahm auch er vor gut zehn Jahren eher aus der Not heraus die Wirtschaft.
Nachdem sein Vater 2009 gestorben war, merkte er schnell, dass seine Mutter alleine den Betrieb nicht stemmen konnte. „So geht das nicht“, sagte er und kündigte seinen Job bei Faurecia. Nachdem nur ein Jahr später auch seine Mutter starb, standen er und seine Frau allein da – „ohne irgendeine Erfahrung in der Gastronomie“, schiebt Gaby Bley hinterher.
Mit der Unterstützung von Famisie lie und Verwandten bissen sie sich aber durch und gingen ihren Weg. Nach und nach wurde die Gaststätte renoviert und modernisiert und die Speisekarte mit den einst ausschließlich kalten Brotzeiten um Currywurst, Flammkuchen, Spanferkel vom Grill und Kuchen ergänzt. Die lauschige Atmosphäre unweit der Donau schätzten nicht nur Tagesausflügler bis aus München, sondern auch Geburtstagsund Hochzeitsgäste. Gaby Bley erinnert sich an Vatertage, an denen bis in den nächsten Morgen gekartelt wurde, und an das traditionelle Weißwurst-Frühstück an Silvester. „Wir hatten tolle Gäste“, sagt sie aus vollem Herzen, und ihr Mann nickt zustimmend.
In fünf Wochen ist das alles aber
Geschichte. Wie oft sie in dieser Zeit ihren Biergarten noch geöffnet haben, hängt natürlich vom Wetter ab. Einen Teil ihres Inventars haben sie bereits verkauft – es gibt also kein Zurück mehr.
Dem 17. Oktober blicken beide mit Erleichterung und Wehmut gleichermaßen entgegen. „Als wir uns endlich auf einen Termin verständigt haben, war ich zunächst erleichtert. Aber immer dann, wenn wir wieder etwas verkaufen, hab ich ein blödes Gefühl“, sagt Gaby Bley.
Wie es mit dem Saliter weitergeht, das steht in den Sternen. Wenn sie die Gaststätte schließen, dann sei das gefühlt erst mal so, als würden sie in den Winterbetrieb übergehen, sagt Johann Bley. Was danach kommt, damit hat er sich noch nicht beschäftigt. „Wir machen jetzt erst mal einen Schritt nach dem anderen“, sagt er. Und manchmal kommt eh alles anders, als man denkt.
Am 17. Oktober endet eine 250jährige Geschichte
Die Atmosphäre schätzen nicht nur Tagesausflügler