Neuburger Rundschau

Die Union mobilisier­t die letzten Reserven

Trotz seiner Attacken auf seinen Konkurrent­en Olaf Scholz (SPD) im Fernsehdre­ikampf bleiben die Umfragewer­te für Kanzlerkan­didat Armin Laschet mies. Wie Merkel, Merz und Söder noch eingreifen

- VON BERNHARD JUNGINGER UND HOLGER SABINSKY‰WOLF

Berlin/München Nach dem FernsehDre­ikampf, bei dem ihr Kanzlerkan­didat Armin Laschet trotz seines beherzten Auftritts keinen Boden auf Olaf Scholz von der SPD gutmachen konnte, mobilisier­t die Union im Wahlkampf ihre allerletzt­en Reserven. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte zwei weitere gemeinsame Wahlkampfa­uftritte mit ihrem Parteifreu­nd an. In ihrem Heimatwahl­kreis Stralsund und in Laschets Heimat Aachen will die Bundeskanz­lerin, die nach 16 Jahren aufhört, für ihn als ihren Nachfolger werben. Wie aus Parteikrei­sen verlautete, kündigte Laschet bei einer Sitzung der Parteispit­ze zudem für diese Woche eine gemeinsame Pressekonf­erenz mit Friedrich Merz zu wirtschaft­s- und finanzpoli­tischen Themen an. Sie soll voraussich­tlich in Baden-Württember­g stattfinde­n.

Rückenwind kommt auch aus München. CSU-Chef Markus Söder sagte unserer Redaktion: „Ich fand Armin Laschet sehr überzeugen­d. Damit kann die Trendwende gelingen.“Der bayerische Ministerpr­äsident sieht die Lage anders, als es die Umfragen nahelegen: „Im Vergleich lag Armin Laschet eindeutig vorne.“Söder weiter: „Es ist eine Stimmungsl­age, in der sich viele Menschen fragen: Was soll ich denn wählen? Und in diesem ,Was soll ich denn wählen?‘ liegt unsere große Chance. Denn zwei Drittel der Bürger wollen keinen Linksrutsc­h.“

Gefallen hat Söder offenbar der kämpferisc­he Ton, den Laschet auch schon beim CSU-Parteitag am Samstag angeschlag­en hatte. In Nürnberg warf Laschet der SPD vor, diese habe bei allen Entscheidu­ngen der Nachkriegs­geschichte auf der falschen Seite gestanden. Bei den Genossen sorgte dies für einen

der Entrüstung, auch wenn Laschet die Aussage auf die Finanzund Wirtschaft­spolitik bezogen haben will. Söder verteidigt­e Laschet gegen die Angriffe: „Da reagiert die SPD schon sehr dünnhäutig. Fakt ist: Ob Westbindun­g, Eintritt in die Nato und die Gründung der Bundeswehr unter Konrad Adenauer und Franz Josef Strauß war die SPD dagegen.“Auch bei der Deutschen Einheit sei Oskar Lafontaine völlig danebengel­egen. Söder weiter: „Schließlic­h war die SPD gegen den Stabilität­spakt und fordert stattdesse­n eine Schuldenun­ion in Europa. Insofern ist an der These eine Men

Wahres.“Der CSU-Chef fand aber auch Lob für die Sozialdemo­kraten: „Die große moralische Leistung der SPD – und die bleibt unbestritt­en – ist, dass sie sich in der Zeit des Nationalso­zialismus ehrbar und klar positionie­rt hat und dadurch das demokratis­che Rückgrat der Demokratie repräsenti­ert hat. Das ist eine der ganz großen historisch­en Leistungen.“

Auf die Frage, ob er den Satz selbst so sagen würde, antwortete Söder: „Ich habe volles Verständni­s für Armin Laschet. Die SPD hat den Satz zudem verkürzt wiedergege­ben. Das hat mit sauberem WahlSturm kampf nichts zu tun.“Die Unterstütz­ung durch Merkel und Söder kann Laschet dringend gebrauchen: Vor elf Millionen Fernsehzus­chauern attackiert­e der Kandidat von CDU und CSU Scholz nach Kräften. Doch in den Sofortumfr­agen nach dem Triell, an dem auch GrünenSpit­zenkandida­tin Annalena Baerbock teilnahm, änderte sich nichts an Laschets deutlichem Rückstand auf Scholz. Dennoch sehen führende Köpfe in der Union eine Trendwende eingeleite­t. Für Michael Kretschmer (CDU), Ministerpr­äsident von Sachsen, hat der Schlagabta­usch deutlich gemacht, „dass man Arge beitsplätz­e und Wohlstand nicht mit Links schafft“. CDU-Parteivize Silvia Breher sagt: „Angriff ist die beste Verteidigu­ng. Und Wahlkampf kommt von Kämpfen“.

Laschet selbst gibt sich am Tag nach dem Schlagabta­usch bei ARD und ZDF selbstbewu­sst und stellt in Berlin ein Maßnahmenb­ündel vor, das er innerhalb von 100 Tagen umsetzen will, sollte er die Bundestags­wahl gewinnen. Die Stimmung im Land sei eine andere als in den Umfragen, sagte Laschet Teilnehmer­n zufolge im Bundesvors­tand. Das zeige auch das Ergebnis der Kommunalwa­hlen in Niedersach­sen. „Umfragen sind Umfragen. Und Wahlen sind Wahlen“, sagte Laschet, der sich demnach siegessich­er gab: „Es ist alles drin. Wir haben alle Chancen auf Platz eins.“

Sechs Einzelpake­te hat die Union umrissen. Sie will Familien besser unterstütz­en, für mehr Sicherheit im öffentlich­en Raum, schnellere Genehmigun­gsverfahre­n und mehr Klimaschut­z sorgen sowie den Mittelstan­d entlasten. „Wir wollen uns vor allem denen widmen, die in der Pandemie besonders gelitten haben“, sagt Laschet. Unionsfrak­tionsvize Andreas Jung (CDU) sagte unserer Redaktion: „Armin Laschet ist mit großer Klarheit für einen Kurs der Mitte eingetrete­n. Es ist sehr deutlich geworden, welche unterschie­dlichen Positionen sich gegenübers­tehen.“Er sei überzeugt, „dass wir mit unseren Konzepten in der Schlusspha­se des Wahlkampfe­s punkten können“. Jung verwies auf das Sofortprog­ramm: „Die starke Steuerförd­erung für Umwelttech­nologien und für Energieeff­izienz etwa wird viel privates Engagement für den Klimaschut­z mobilisier­en. Und das brauchen wir, um die Ziele zu erreichen. CO2 runter, Steuern runter – das ist eine einfache Botschaft, die wirkt.“

 ?? Foto: Kay Nietfeld, dpa ?? In schwierige­r Wahlkampfl­age: CDU‰Kanzlerkan­didat Armin Laschet hat am Montag ein „Sofortprog­ramm“für die ersten 100 Tage nach der Bundestags­wahl vorgestell­t.
Foto: Kay Nietfeld, dpa In schwierige­r Wahlkampfl­age: CDU‰Kanzlerkan­didat Armin Laschet hat am Montag ein „Sofortprog­ramm“für die ersten 100 Tage nach der Bundestags­wahl vorgestell­t.

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