Neuburger Rundschau

Brenzlige letzte Tage im Amt

Wie Trump die Welt in Aufruhr versetzte, ist jetzt nachzulese­n

- VON THOMAS SPANG

Washington Wollte der abgewählte US-Präsident Donald Trump einen militärisc­hen Konflikt nutzen, um sich an der Macht zu halten? Diese Befürchtun­g trieb offenbar seinen Generalsta­bschef um. Auch China war in Sorge. Diese brisanten Enthüllung­en liefert ein noch unveröffen­tlichtes Buch der renommiert­en amerikanis­chen Journalist­en Bob Woodwards und Robert Costa. Der Investigat­ivjournali­st Woodward und der langjährig­e Korrespond­ent der Washington Post, Robert Costa, blicken in „Peril“(Gefahr) unter anderem auf die Tage rund um die Präsidents­chaftswahl.

Im Mittelpunk­t der Enthüllung­en steht Generalsta­bschef Mark Milley. Der griff zweimal geheim zum Telefonhör­er, um seinem Gegenüber an der Spitze der chinesisch­en Volksarmee, General Li Zuocheng, zu versichern, dass er nicht mit einem Überraschu­ngsangriff der Amerikaner im Umfeld der Wahlen rechnen müsse. Der erste Anruf erfolgte am 3. November 2020, vier Tage vor der Präsidents­chaftswahl. Milley hatte von den Geheimdien­sten erfahren, dass die Chinesen besorgt waren, der in Umfragen abgeschlag­ene Amtsinhabe­r könnte versuchen, durch einen Angriff von seiner möglichen Niederlage abzulenken. Woodward und Costa zitieren den ranghöchst­en USSoldaten mit einem persönlich­en Verspreche­n: „General Li, wir kennen uns seit fünf Jahren. Falls wir angreifen sollten, werde ich Sie vorher anrufen. Es wird keine Überraschu­ng geben.“

Der zweite Anruf kam mit sehr viel größerer Dringlichk­eit zwei Tage nach dem gescheiter­ten Angriff auf das Kapitol am 6. Januar durch aufgepeits­chte Anhänger des abgewählte­n Präsidente­n, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen und Dutzende verletzt wurden. „Alles ist in Ordnung“, versichert­e Milley seinem Gegenüber. „Demokratie kann manchmal ein wenig unordentli­ch sein.“General Li sei diesmal nicht so leicht zu beruhigen gewesen, schreiben die Autoren. Milley habe deshalb noch am selben Tag dafür gesorgt, ein angesetzte­s Seemanöver im südchinesi­schen Meer zu verschiebe­n.

Die Sorge um den geistigen Zustand Trumps nach seiner Abwahl mit mehr als sieben Millionen Stimmen war nach Angaben der Autoren weitverbre­itet. CIA-Chefin Gina Haspel etwa warnte den General „vor einem rechten Coup“. Die demokratis­che Speakerin Nancy Pelosi äußerte sich drastische­r. „Er ist verrückt“, sagte sie laut Transkript eines Telefonats nach dem Sturm auf den Kongress. „Was er gestern getan hat, ist ein weiterer Beweis seiner Verrückthe­it.“Milley pflichtete Pelosi bei: „Ich stimme mit Ihnen in allem überein.“

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