Die IG Metall zieht in den Kampf
Weil in den Verhandlungen um die Zukunft der Augsburger Airbus-Tochter Premium Aerotec nichts vorangeht, sollen die Beschäftigten heute in den Warnstreik treten
Augsburg Der Streit um die Zukunft der Augsburger Airbus-Tochter Premium Aerotec erreicht einen neuen Höhepunkt. Für den heutigen Freitag hat die IG Metall an allen Standorten des Unternehmens in Deutschland zu Warnstreiks aufgerufen. In Augsburg selbst soll der Betrieb komplett stillstehen: In allen Schichten und allen vier Werksteilen soll ab dem Vormittag bis Samstagmorgen zum Ende der Nachtschicht um kurz nach 6 Uhr die Arbeit ruhen. Bei einer zentralen Kundgebung vor dem Werk soll am Freitagvormittag unter anderem IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner sprechen.
Airbus plant seit Monaten eine Neustrukturierung des Konzerns, bei der die Fertigung von großen Flugzeugteilen in einer neuen Firma unter dem Namen Neue Aerostructure GmbH (ASA) aufgehen soll. Davon betroffen wären AirbusStandorte in Hamburg und Stade sowie die drei Augsburger Werkteile von Premium Aerotec und weitere Standorte der Airbus-Tochter in Bremen und Nordenham. Der vierte Premium Aerotec-Werksteil in Augsburg sowie ein weiterer Premium-Aerotec-Standort in Varel sollen abgespalten und an einen bisher noch nicht bekannten Investor verkauft werden. Airbus sagt, dass die Fertigung kleinerer Flugzeugteile an diesen Standorten von einem externen Investor, der auch für andere Kunden arbeiten könnte, wirtschaftlicher betrieben werden könne. Doch erst vergangene Woche hat der österreichische Milliardär Michael Tojner, der sich für die Premium-Aerotec-Teile interessierte, unserer Redaktion gesagt, dass er sich für ein Jahr aus dem Bieterrennen verabschiede. Airbus selbst hält aber am Verkauf fest. In den „kommenden Wochen“solle der Prozess offiziell beginnen, heißt es.
Die Gewerkschaft wie auch der Betriebsrat von Premium Aerotec lehnen die Aufspaltung des Augsburger Standortes entschieden ab. Bisher gab es zwei ergebnislose Verhandlungsrunden der IG Metall mit Airbus, in denen die Gewerkschaft vom Unternehmen einen Sozialtarifvertrag für die Beschäftigten gefordert hat. Darin sollen die Bedingungen für die von der Umstrukturierung betroffenen Beschäftigten geregelt werden. Konkret will die Gewerkschaft eine Abfindung von drei Bruttomonatsgehältern je Beschäftigungsjahr bei einem Sockelbetrag von 25000 Euro, sollten Beschäftigte ihren Job verlieren. Zudem sollen eine Härtefallregelung für IG-Metall-Mitglieder sowie zweijährige Qualifizierungsmaßnahmen bei Fortzahlung der Bezüge vereinbart werden. Die IG Metall verlangt eine Laufzeit von zwölf Jahren für diese Regelung.
„Am Verhandlungstisch kommen wir nicht weiter. Die Geschäftsführung lehnt ein Zukunftspaket mit festen Zusagen für alle Beschäftigten und Standorte unter dem Dach von Airbus weiterhin ab“, sagt Daniel
Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, der die Verhandlungen mit Airbus führt. „Das Unternehmen setzt auf Konfrontation und zwingt uns in den Konflikt. Da der Arbeitgeber nicht bereit ist, gemeinsam mit den Beschäftigten die Zukunft zu gestalten, müssen wir für eine soziale Absicherung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen streiten.“
Erst durch die Verbindung der beiden Themen kann die Gewerkschaft die Daumenschrauben anziehen. Denn die geplante Aufspaltung ist zunächst einmal eine unternehmerische Entscheidung. Dagegen kann auch die mächtige IG Metall wenig ausrichten. Aber wenn es um die Arbeitsbedingungen und die Absicherung der Beschäftigung geht, kann sie zum Streik aufrufen. Der bayerische Bezirksleiter Johann Horn sagte dazu: „Wenn Airbus seine Verkaufspläne umsetzt, stehen in Augsburg 2200 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Denn dann droht eine Verlagerung an Billigstandorte.“Augsburgs IG-Metall-Chef Michael Leppek sagte unserer Redaktion zum Streikaufruf der Gewerkschaft: „Wir erwarten, dass Airbus sich nach unseren Warnstreiks deutlich bewegt und endlich auf unsere Forderungen eingeht.“
Braunschweig Ex-VW-Konzernchef Martin Winterkorn hat nach Überzeugung der Anklage im Diesel-Betrugsprozess schon lange vor dem Einräumen der Abgas-Manipulationen im Herbst 2015 von der Täuschungsstrategie gewusst. Beim Prozessauftakt gegen vier frühere Manager und Ingenieure untermauerte die Staatsanwaltschaft Braunschweig ihre Vorwürfe. Winterkorn habe etwa über die Notiz eines Vertrauten in seiner „Wochenendpost“erfahren, dass Dieselautos in den USA bei Tests von Wissenschaftlern im Jahr 2014 die zulässigen Stickoxid-Grenzwerte um das 15- bis 35-Fache überschritten. Der Manager soll dies zur Kenntnis genommen haben, die weitere Verwendung der Betrugssoftware habe er aber nicht stoppen lassen. „Er entschied sich gegen eine Offenlegung und hoffte, die Rechtsverstöße weiter verschweigen zu können“, heißt es in der Anklage. Spätestens bei einem „Schadenstisch“im Juli 2015 sei die Software, die die volle Abgasregelung nur in Testsituationen aktivierte, offen thematisiert worden. Ein Mitarbeiter habe Winterkorn zuvor am Telefon gesagt: „Wir haben beschissen.“Dennoch sei die Abschaltfunktion den US-Behörden verschwiegen worden.