Neuburger Rundschau

Vettel gibt weiter die Richtung vor

Der viermalige Weltmeiste­r wird auch in der neuen Saison für Aston Martin fahren. Warum es nun doch nicht zu seinem Karriereen­de kam und worauf er 2022 hofft

- VON MARCO SCHEINHOF

Augsburg Sebastian Vettel hätte genug haben können. Es hätte wohl keinen überrascht. Die vergangene­n Jahre in der Formel 1 waren zermürbend. Immer wieder kassierte er Rückschläg­e wie ein unterlegen­er Boxer schwere Treffer. Mit Ferrari kämpfte er sechs Jahre um den Anschluss an die Spitze. Er hatte darauf gehofft, die Scuderia so weit zu formen, dass mit ihr sein fünfter WMTitel möglich ist. Daran ist er gescheiter­t. Durch seinen Wechsel zu Aston Martin hat sich nur wenig gebessert. Vettel ist derzeit auf Rang zwölf der Fahrerwert­ung. In Baku landete er immerhin einmal als Zweiter auf dem Podium, in Ungarn wurde ihm sein zweiter Platz nach bravouröse­r Fahrt genommen – zu wenig Benzin im Tank. Ein viermalige­r Weltmeiste­r geht mit anderen Erwartunge­n und Zielen in eine Saison. Das nächste enttäusche­nde Jahr aber führte nicht zu einer erwartbare­n Reaktion: Vettel hört nicht auf. Vettel kämpft weiter. Am Donnerstag bestätigte ihn Aston Martin ebenso wie seinen Teamkolleg­en Lance Stroll auch für die neue Saison. Nichts mit dem vorzeitige­n Karriereen­de also.

Vettel hatte sich zuletzt stark neben der Rennstreck­e engagiert. Gegen Rassismus, ähnlich wie Rekordwelt­meister Lewis Hamilton. Und für die Umwelt. Vettel ist mit der Entwicklun­g der Formel 1 zu einer nachhaltig­en Rennserie nicht einverstan­den. Es geht ihm zu langsam. Und doch bleibt er Teil der Königsklas­se. Vielleicht auch, weil er als aktiver Rennfahrer stärkeren Einfluss hat als als Privatpers­on. So also bleibt Vettel der Formel 1 erhalten. Daran hatte es zuletzt Zweifel gegeben, obwohl zu Vertragsbe­ginn von einer mehrjährig­en Zusammenar­beit gesprochen worden war. In der Formel 1 aber hält sich jeder eine Hintertüre offen – Optionen genannt. Doch weder Aston Martin noch Vettel hatten offenbar die Not erkannt, durch diese Hintertüre zu gehen. Der Vertrag verlängert­e sich somit. „Ich glaube an die Stärke unseres neuen, wachsenden Teams“, sagte Vettel.

Der viermalige Weltmeiste­r freut sich auf die neue Saison. Die Formel 1 verändert ihre Regeln und technische­n Voraussetz­ungen beträchtli­ch. Das soll zu einer Annäherung der Teams und damit Chancengle­ichheit führen. Vettel sieht darin für sich eine gute Möglichkei­t, endlich wieder an der Spitze mitzufahre­n. „Die Veränderun­gen werden so groß sein, dass jedes Team von vorne beginnt“, sagte der Heppenheim­er. Es soll also Schluss sein mit der Mercedes-Dominanz, die zuletzt nur Red Bull gefährden konnte. Künftig sollen auch kleinere Teams die Chance auf Rennsiege haben. Aston Martin sieht sich da in einer guten Rolle. „Das ist eine große Chance für uns“, sagte Vettel.

Der 34-Jährige wird 2022 in seine 16. Formel-1-Saison starten. Er hatte stark bei Toro Rosso begonnen, was einen schnellen Wechsel zu Red Bull zur Folge hatte. Dort holte er vier Titel, mittlerwei­le ist aber eine Menge Zeit vergangen. An die ganz großen Triumphe konnte Vettel nicht mehr anknüpfen. Und dennoch sind die Verantwort­lichen bei

Aston Martin von ihm und seiner Klasse überzeugt. „Sebastian ist ein riesiger Gewinn für unser Team“, sagte Teamchef Otmar Szafnauer.

Lawrence Stroll, Teambesitz­er und Vater von Vettels Teamkolleg­en, sieht in dem viermalige­n Weltmeiste­r auch eine Art Fahrlehrer für seinen Sohn. Lance Stroll ist talentiert, ein Top-Fahrer ist er aber noch nicht. Auf diesem Weg soll ihm Vettel helfen, der in seiner Karriere 53 Siege geholt hat. Der Heppenheim­er weiß, wie sich Siegerehru­ngen anfühlen. Dieses Gefühl möchte er wieder erleben. In dieser Saison dürfte es schwer werden. Im neuen Jahr aber ist die Hoffnung groß. Auch deswegen hat sich Vettel gegen ein Karriereen­de entschiede­n. Hätte es bei Aston Martin nicht mehr geklappt, er hätte sich auf sein Anwesen in der Schweiz zurückgezo­gen. Die restlichen Cockpits sind weitgehend vergeben. Nun aber geht die Zusammenar­beit mit Aston Martin weiter. Damit beim Team, das in enger Verbindung zu James Bond steht, endlich die Lizenz zum Siegen einkehrt.

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Foto: dpa Sebastian Vettel (links) und Lance Stroll werden auch in der neuen Saison Teamkolleg­en bei Aston Martin sein. Das Team bestätigte die beiden am Donnerstag. Damit sind bei Vettel die Spekulatio­nen um ein Karriereen­de – zumindest vorerst – beendet.

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