Sie führten nie ein langweiliges Leben
Seit 60 Jahren sind Dorit und Rudolf Strobl aus Neuburg verheiratet. Zur Diamanthochzeit verraten die beiden, wie sie sich kennengelernt haben und was die Geheimnisse einer langen, glücklichen Ehe sind
Neuburg Eigentlich tanzt Dorit Strobl nicht gerne. Vor gut 60 Jahren fand sie es sogar „entsetzlich“. Es ist wohl eher ihrer Freundin Agnes zu verdanken, dass die beiden einen Abend im Jahr 1959 in einem Hamburger Tanzlokal verbracht haben. „Ich hab mir noch gedacht, hoffentlich fordert mich keiner auf“, sagt die heute 82-Jährige. Doch mit Rudolf Strobl hat sie nicht gerechnet. Der gebürtige Neuburger liebt das Bewegen zur Musik, war sogar Turniertänzer. Die jungen Leute lernen sich kennen und tauschen Adressen aus.
Rudolf Strobl arbeitet zu diesem Zeitpunkt als Bäckermeister in der Hansestadt. Das Handwerk hat er in Neuburg gelernt, dann zog es ihn ab 1953 quer durch Deutschland, bevor er 1958 in Hamburg landet. „Da habe ich teilweise das Fünffache verdient“, sagt der heute 84-Jährige. Dorit Strobl hingegen, in Brandenburg geboren und größtenteils in Hamburg aufgewachsen, arbeitet in einem Büro. Die neue Bekanntschaft hat Eindruck bei ihr hinterlassen und als er sich entscheidet, wieder zurück nach Neuburg zu gehen, geht sie mit. Zum Leidwesen ihres Chefs. „Bayern? Gefällt es Ihnen hier nicht?“, fragt ihr damaliger Chef. Sie hat zu diesem Zeitpunkt schon viel von Deutschland gesehen – außer eben den Freistaat. Die beiden ziehen 1961 nach Neuburg und heiraten. Weil sie protestantisch und er katholisch ist, war die kirchliche Trauung aber nicht so einfach möglich. „Dann haben wir uns gedacht, sollen sie uns doch gern haben“, sagt Dorit Strobl. Die Hochzeit findet nur auf dem Standesamt statt. Ein Jahr später kommt Sohn Stefan auf die Welt, der mittlerweile mit Frau und drei Kindern in Lübeck lebt.
Nach wie vor verdient der Bäckermeister in Neuburg deutlich weniger als in Hamburg. Zeitweise steht er nachts in der Backstube und tagsüber auf der Baustelle als Rohrmonteur – er wuchs im familiären Spenglereibetrieb auf, für ihn ist das kein Problem. Doch die deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen führen dazu, dass die dreiköpfige Familie schon bald wieder nach Hamburg zieht.
Dorit Strobl fängt im Büro beim Unilever-Konzern an, ihr Mann arbeitet zunächst als Messevertreter im Sanitärbereich und 1981 dann bei der Ärztekammer Hamburg. Bei den dort regelmäßig stattfindenden Bällen macht er sich schnell einen Namen. Weil die Tanzfläche nach zwei Stunden Musik trotz circa 5000 Gästen immer noch leer ist, bittet ihn sein Chef, den Ball zu eröffnen – was er fortan 16 Jahre lang zweimal jährlich tut. „Ohne Strobl ging nichts“, sagt er bei Kaffee und Hamburger Franzbrötchen im Neuburger Wohnzimmer. Und auch heute tanzt er gerne vor dem Fernseher,
wenn die passende Musik kommt. Ohnehin sind die Strobls überaus sportlich. Bis zum Lockdown im vergangenen Herbst waren sie zweimal wöchentlich im Fitnessstudio, im Wohnzimmer liegen die Hanteln griffbereit. Das und den Kopf beschäftigen, halte jung. Zum Beispiel lese Rudolf Strobl immer mal wieder Texte auch rückwärts.
Als das Ehepaar zur Jahrhundertwende in Rente geht, war schon klar, wo sie ihren Lebensabend verbringen werden. Bereits Anfang der 1990er Jahre haben sie sich eine Wohnung im Neuburger Ostend gekauft. „Uns gefällt es hier“, sagt Dorit Strobl. Und das, obwohl die Menschen sich verändert hätten und alles anonymer geworden wäre, wie ihr Mann sagt.
Die Strobls sind erst das zweite Neuburger Ehepaar, das in diesem Jahr die Diamanthochzeit feiert. Das weiß Stadtrat Ralph Bartoschek, der den beiden auch mit Grüßen von Oberbürgermeister Bernhard Gmehling einen Präsentkorb überreicht. Und was ist ihr Geheimnis? „Wir haben nie ein langweiliges Leben geführt“, sagt Rudolf Strobl. Abwechslung, Spannung aber auch gegenseitiger Respekt sei ihr Rezept für eine lange und glückliche Ehe. Beide waren oft beruflich unterwegs und hatten sich immer viel zu erzählen. „Ich hasse Langeweile“, sagt Rudolf Strobl. Sohn Stefan scheint recht zu haben, wenn er zur Gratulation sagt: „Papa ihr beide habt alles richtig gemacht.“