Warum jetzt auch der MaliEinsatz zur Diskussion steht
Die Militärmission in dem Krisenland unter Führung Frankreichs wird von schweren Rückschlägen überschattet. Jetzt allerdings meldet Paris den Tod eines weltweit gesuchten IS-Anführers. Gleichzeitig sorgen Verhandlungen der Regierung mit einer russischen S
Berlin Kurz nachdem die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer via Twitter darüber sinnierte, ob der Bundeswehr-Einsatz in Mali noch sinnvoll sei, vermeldete Paris einen Coup gegen den Terrorismus in der SahelZone: Der Chef eines Ablegers der Terrororganisation Islamischer Staat (IS), Abu Walid al-Sahrawi, sei den Verletzungen erlegen, die er bei einem französischen Luftangriff in Westafrika im August erlitten habe, sagte Verteidigungsministerin Florence Parly am Donnerstag. Entsprechend euphorisch klang Präsident Emmanuel Macron: „Dies ist ein weiterer großer Erfolg in unserem Kampf gegen terroristische Gruppen in der Sahel-Zone.“
Die Nachricht des Todes eines der weltweit gesuchtesten Terroristen, auf den die USA ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar ausgesetzt hatten, kommt für Macron zur rechten Zeit. Schließlich gab es immer wieder schwere Rückschläge bei der Militärmission in Mali, die sich auch auf Anrainerstaaten in der SahelZone ausgeweitet hat. Mehr als 5000 französische Soldaten und Soldatinnen sind derzeit dort im Einsatz. Auch die Bundeswehr ist mit rund 1200 Männern und Frauen vor Ort, die allerdings – anders als Frankreich – keinen Kampfauftrag haben. Die deutschen Streitkräfte sind Teil der UN-Mission Minusma sowie eine EU-Ausbildungsmission. Dennoch ist der Einsatz gefährlich: Im Juni waren zwölf deutsche Armeeangehörige und drei weitere UNSoldaten bei einem Selbstmordanschlag schwer verletzt worden.
Seit fast zehn Jahren wird das Land von Konflikten erschüttert. Im Norden des Landes kämpft die malische Regierung seit Jahren gegen Tuareg-Rebellen, das sind bewaffnete Nomaden, die Viehzucht in der länderübergreifenden SahelZone betreiben. Die Instabilität machten sich verschiedene radikal islamistische Gruppen zu Nutze, die in die Kämpfe eingriffen und Anschläge
verübten. Auch innenpolitisch kommt das Land nicht zur Ruhe. Im August 2020 putschte das Militär sich in der Hauptstadt Bamako an die Macht, bereits neun Monate zuvor hatte es einen Staatsstreich gegeben. Die einzige Konstante ist die Instabilität.
Die Regierungstruppen gelten als kaum weniger brutal und unberechenbar wie die Rebellen in der Sahel-Zone. Die Armee wird für
Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht. Jetzt wurde bekannt, dass der von den Putschisten eingesetzte Übergangspräsident Assimi Goita mit der russischen Söldnerfirma Wagner über eine Zusammenarbeit verhandelt hat – ein Unternehmen, das im Ruf steht, bei Einsätzen unkontrollierbar und äußerst brutal vorzugehen. Wagner ist nach Überzeugung des internationalen Recherche-Netzwerks „Conflict Intelligence
Team“bereits in Syrien, Zentralafrika und im Sudan tätig. Als sicher gilt, dass die Firma nur mit Zustimmung des Kremls im Ausland aktiv wird. Schließlich ist auch immer wieder von „Putins Schattenarmee“die Rede. Dass russische Gesetze den Einsatz von Söldnern in anderen Ländern verbieten, spielt offensichtlich keine Rolle.
Die Gespräche der malischen Regierung mit der Firma Wagner hatten Kramp-Karrenbauer bewogen, die Beteiligung der Bundeswehr an den Mali-Missionen in Frage zu stellen. Auch Paris warnte Bamako, dass die Zusammenarbeit mit der Söldner-Truppe ernste Konsequenzen hätte. Macron hatte bereits vor Monaten angekündigt, Frankreichs militärisches Engagement zurückfahren zu wollen. Gleichzeitig verkündete die französische Verteidigungsministerin Parly jetzt, dass der Kampf gegen den Terror fortgesetzt werde.
Allerdings ist der Afrika-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Denis Tull, skeptisch, ob es wirklich zu einem Abkommen zwischen Wagner und der malischen Regierung kommen werde. „Aus malischer Sicht wäre ein solches Unterfangen von zweifelhaftem militärischem Nutzen bei der Aufstandsbekämpfung. Für Bamako besteht zudem ein erhebliches Risiko, dass westliche Staaten ihre militärische, sicherheitspolitische und entwicklungspolitische Unterstützung für Mali deutlich reduzieren könnten“, sagte Tull unserer Redaktion. Zudem wäre Russland als Partner Malis nicht in der Lage, diesen Ausfall zu kompensieren.
„Meines Erachtens kann das Gerücht als Drohgebärde oder als politisches Manöver gesehen werden, mit dem sich die Regierung in Bamako mehr Handlungsspielräume gegenüber Frankreich und seinen Partner in bestimmten Fragen verschaffen will.“Da gehe es beispielsweise um mögliche Verhandlungen mit dschihadistischen Aufständischen, die Frankreich ablehnt, die aber von vielen Akteuren in Bamako befürwortet werden würden.