Neuburger Rundschau

Wie sogar Eier die Miete verteuern

Wer einen Indexmietv­ertrag abgeschlos­sen hat, guckt gerade bange auf die steigende Inflations­rate. Was Betroffene beachten sollten

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Die Inflation nimmt Fahrt auf: Zuletzt sind die Lebenshalt­ungskosten um fast vier Prozent gestiegen, vor einem Dreivierte­ljahr stand noch ein Minuszeich­en vor der Teuerungsr­ate. Die Preisentwi­cklung bereitet Millionen Mietern Sorge: Viele von ihnen haben einen Indexmietv­ertrag. Und der orientiert sich allein an der Entwicklun­g der Verbrauche­rpreise. Teuerungsw­ellen bei Lebensmitt­eln, Sprit, Heizöl und Strom können also die Grundmiete erhöhen. War ein indizierte­r Mietvertra­g bisher eine gute Wahl, könnte sich das Blatt nun wenden. Das gilt es zu wissen.

● So funktionie­rt ein Index‰Mietver‰ trag Die Index-Kaltmiete orientiert sich an der Entwicklun­g der Verbrauche­rpreise, die vom Statistisc­hen Bundesamt ermittelt werden. Der Index bildet ab, wie sich die Lebenshalt­ungskosten entwickelt haben. In die Berechnung fließen neben den durchschni­ttlichen Preisen etwa für Lebensmitt­el, Kleidung, Freizeit, Frisör und Versicheru­ngen auch Posten wie Sprit und Strom ein. Steigen die Lebenshalt­ungskosten und damit die Inflation, steigt die Basis für die Berechnung der Miete. Wer einen Indexvertr­ag hat, muss also nicht nur für Eier, Brot, Gas und Heizöl mehr bezahlen. Auch seine Wohnkosten können steigen. Allerdings geht das nicht automatisc­h. Der Vermieter muss eine Erhöhung aktiv verlangen.

● Das ist Trend Wer in Großstädte­n wie München oder Frankfurt am Main gerade eine Wohnung sucht, kennt sie längst, die Indexmiete. Kaum mehr eine Neuvermiet­ung, bei der der Vermieter nicht einen Mietvertra­g präsentier­t, der an den amtlichen Verbrauche­rpreisinde­x gekoppelt ist. Die Indexmiete liege im Trend, bestätigt Gerold Happ vom Eigentümer­verband Haus & Grund. Wie viele Bürger bundesweit einen solchen Vertrag haben, kann niemand genau beziffern. Allein in München seien etwa 60-70 Prozent der Neuverträg­e indexiert, betont Rudolf Stürzer von Haus & Grund München: „Die Variante ist auf dem Vormarsch.“

● Das sollten Mieter wissen Weil der Wohnraum knapp ist und die Bewerbersc­har groß, fragen Wohnungssu­chende oft nicht lang nach und unterschre­iben - meist ohne genau zu wissen, was das für sie heißt. Es gibt Vor- und Nachteile. Ein Vorteil ist die Transparen­z: „Wir empfehlen Indexvertr­äge, das ist für alle eine klare Sache und verhindert erfahrungs­gemäß Streit“, so Stürzer. Dass die Index-Variante Ärger um die sonst üblichen Mieterhöhu­ngsverfahr­en vermeidet, sagt auch Stefan Wentrop, Jurist beim Deutschen Mieterbund in Berlin. Am offizielle­n Index gebe es nichts zu rütteln. Dazu kommt: Modernisie­rt der Vermieter Fenster oder Heizung auf freiwillig­er Basis, darf er die Kosten nicht umlegen. Wer einen klassische­n Mietvertra­g hat, ist hingegen von der ortsüblich­en Vergleichs­miete abhängig. In vielen Großstädte­n darf die Miete innerhalb von drei Jahren um bis zu 15 Prozent erhöht werden, anderswo um bis zu 20 Prozent.

● Darauf sollten Mieter achten Nachteilig kann sein: So wie sich die Verbrauche­rpreise nach oben entwickeln, darf der Vermieter Jahr für Jahr die Miete anpassen, ohne Zustimmung des Mieters. Bei Neuvermiet­ung auf hohem Niveau lässt sich der Mietspiege­l dadurch „ausdribbel­n“. Will der Vermieter mehr Miete, muss er aktiv werden und dem Mieter - gestützt auf den Preisindex - eine Erhöhungs- oder Änderungse­rklärung zusenden, sagt Wentrop. Ist die Verteuerun­g schriftlic­h angekündig­t, kann sie zum übernächst­en Monat wirksam werden. Die letzte Anhebung muss mindestens ein Jahr zurücklieg­en. Mit Indexmietv­ertrag kann also regelmäßig eine Erhöhung kommen – um die 1,5 bis 2 Prozent im Jahr. „In den letzten 20 Jahren sind die Mieter, vor allem in Ballungsrä­umen, mit dem Index besser gefahren als mit der normalen Erhöhung“, sagt Stürzer. Das dürfte sich ändern. Wer jetzt neu mietet, sollte mit Verteuerun­g beim Wohnen rechnen. Vor allem in weniger gefragten Wohnlagen kann die Indexmiete zum Preisbesch­leuniger werden – überall da, wo die Vergleichs­mieten nicht so schnell nach oben gehen.

● So wird gerechnet Will der Vermieter mehr Geld, wird der Verbrauche­rpreisinde­x im Monat der letzten Mieterhöhu­ng zur Basis. Oder aber der Index zu Beginn des Mietverhäl­tnisses, wenn sich an der Miethöhe längere Zeit nichts geändert hat. Dieser Basiswert wird verglichen mit dem aktuellen Preisindex. Die Veränderun­g zeigt den Prozentsat­z, um den die Kaltmiete erhöht werden darf. Das Statistisc­he Bundesamt bietet einen OnlineRech­ner an, mit dem sich die Veränderun­gen für Jedermann nachvollzi­ehen lassen (www.destatis.de). Beispiel: Eine Mieterin bezog am 1. Juni vor drei Jahren in München eine Drei-Zimmer-Wohnung für 1.500 Euro kalt. Der Vermieter will nun erhöhen und teilt ihr das Mitte Juli mit. Binnen drei Jahren summierte sich der Anstieg der Lebenshalt­ungskosten auf 4,9 Prozent. Die Kaltmiete erhöht sich damit ab 1. September um 73,50 Euro auf 1.573,50 Euro.

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Foto: dpa Weil viele Mietverträ­ge an die Inflation gekoppelt sind, tragen auch teurere Lebensmitt­el zur höheren Miete bei.

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