Jetzt hilft nur noch ein Kirmes-Trikot
In grauer Vorzeit kam das Trikot von der Stange. Sportausrüster beauftragten keine Heerscharen diplomierter Designer, um das Leiberl eines Bundesligisten kreativen Wirrwarrs entspringen zu lassen. Die Farben variierten, der Rest verlor sich in Eintönigkeit. Dicke oder dünne Streifen an Ärmeln und Hosen entlang – mehr Schnickschnack gab´s nicht. Doch, wie überall im Leben, über die Jahrzehnte hat sich die Arbeitskleidung der Kicker gewandelt. Polyester ersetzte Baumwolle, Neonfarbe blasses Gelb, Hightech transportiert des Balltreters Schweiß ins Freie.
Zudem erkannten findige Marketingmacher, dass ein Gewand den Gesetzen der Geldvermehrung widerspricht. Jeder Anlass hat seinen Dresscode, Fußball darf keine Ausnahme sein. Der FC Bayern ist nicht nur sportlich Meister seines Fachs, unschlagbar vermarktet der Konzern seine Produkte. Jüngstes Beispiel: ein dunkelgrün-goldenes Wiesn-Trikot im bayerischen Trachten-Look. Dass das größte Volksfest der Welt coronabedingt ausfällt – geschenkt.
Die Münchner verfügen in dieser Saison folglich über ein rotes, schwarzes, weißes und grünes Trikot. Eine Herausforderung für jeden Zeugwart. Nicht dass er sich mal vergreift und die Stars im Sinne des Unterschieds ein Trainingsleibchen überziehen müssen. Auch schon mal passiert.
Für Fans ist das Trikot eine emotionale Sache. Ist das Kleidungsstück doch Repräsentant inniger Liebe, Zeugnis ewiger Bindung und Zugehörigkeit. Könige und Ritter scharten sich einst unter Fahnen und Wappen, nicht anders verhält es sich unter Fußballanhängern. Um sich deren Gefolgschaft zu sichern, wird der FC Bayern nie mehr ein Heimtrikot in anderen Farben als rot und weiß gestalten. Wenn doch, gibt Sammy Kuffour ein Comeback auf dem Rathausbalkon.
Auch gut fürs Marketing: ein Slogan. Hat inzwischen jeder Bundesligist. So werben der FC Augsburg mit „Eine Region – Ein Verein – Eine Leidenschaft“, der FSV Mainz mit „Der Karnevalsverein“oder Bayer Leverkusen mit „Die andere Familie“. Borussia Dortmund beschreibt sich als „Echte Liebe“. Wie ausgeprägt diese Liebe unter schwarz-gelben Fans ist, hat Dortmunds Ausrüster erfahren. Weil das Champions-League-Trikot des BVB kein erkennbares Logo auf der Brust ziert, sondern Ton in Ton gehalten ist, regt sich Widerstand. Und zwar derart anhaltend, dass sich Puma-Vorstandsboss Gulden zu einer Entschuldigung genötigt sah. Künftig werde man darauf achten, das Wappen deutlicher zu zeigen, versprach er.
Die Lösung des Problems liegt auf der Hand. In Dortmund findet jährlich die Osterkirmes statt, immerhin größtes Volksfest im Ruhrgebiet. Das schreit nach einem Trikot. Einem mit klar erkennbarem Logo.