Neuburger Rundschau

Die Kennenlern‰Phase

Welche Rechte und Regeln in der Probezeit gelten

- Von Chef‰Duzern und Langschläf­ern

Der erste Arbeitstag steht an. Doch sicher ist der neue Job noch nicht. Denn am Anfang steht oft die Probezeit. „Die Probezeit ist ein Instrument für Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er, sich besser kennenzule­rnen“, erklärt Britta Beate Schön, Rechtsexpe­rtin des Verbrauche­rportals Finanztip. Gesetzlich vorgeschri­eben ist die Probezeit nicht. Auch die Dauer ist nicht festgelegt, sondern kann individuel­l vereinbart werden. In der Regel dauert sie sechs Monate. Wird eine Probezeit vereinbart, verkürzt diese für den festgelegt­en Zeitraum die Kündigungs­frist für beide Seiten auf zwei Wochen, erklärt Christian Michels, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht. Wurde eine kürzere Probezeit vereinbart, kann sie auf bis zu sechs Monate verlängert werden.

Die Ausbildung hat gerade begonnen, der Tatendrang ist groß. Doch gerade auf den ersten Metern der Azubi-Laufbahn lauern zahlreiche Fettnäpfch­en und Fallstrick­e. Die sollten Neu-Lehrlinge möglichst umgehen. Allerdings ist nicht jeder Stolperer zu Beginn der Ausbildung auch Schuld des Auszubilde­nden. Typische Fehler und Probleme von Azubis im Überblick:

Zu spät im Betrieb: „Das ist der Klassiker unter den Fehlstarts“, sagt Ausbildung­sberaterin Claudia Rossel-Meyer von der Handwerksk­ammer (HWK) für Schwaben: „Ich sollte abklären, wie lange der Weg zur Arbeit dauert, und entspreche­nd planen.“Pünktlichk­eit gilt natürlich nicht nur in den ersten Wochen der Ausbildung, sondern ist grundsätzl­ich eine Tugend - speziell im Berufslebe­n. Falsche Anrede: Jeder Betrieb ist anders - und damit auch der Tonfall unter Kollegen und gegenüber dem Azubi. „Im Handwerk zum Beispiel duzen sich oft alle, in großen Unternehme­n kann das aber ganz anders aussehen“, sagt Rossel

Wer in der Probezeit erkrankt, muss das unverzügli­ch dem Arbeitgebe­r melden und gegebenenf­alls ein Attest vom Arzt vorlegen. Geld gibt es trotzdem: Ab dem zweiten Monat im neuen Job gilt die Entgeltfor­tzahlung. In den ersten vier Wochen springt die Krankenkas­se ein. Urlaub zu nehmen ist erlaubt - wenn auch nicht der volle Jahresurla­ub abgerufen werden kann.

Eine Besonderhe­it in der Probezeit: Wird einem Arbeitnehm­er während der ersten sechs Monate des Arbeitsver­hältnisses gekündigt, benötigt der Arbeitgebe­r keinen Kündigungs­grund, erklärt der Arbeitsrec­htler Christian Michels. Ein besonderer Kündigungs­schutz schon vor Ablauf der sechs Monate besteht zum Beispiel bei einer Schwangers­chaft. Hier gilt ab dem ersten

Meyer. Hier sollten Neulinge also erst einmal zurückhalt­end sein und genau hinhören, statt beherzt den Geschäftsf­ührer anzukumpel­n. Blöde Sprüche und Beleidigun­gen können sich Azubis aber natürlich verbitten. Und einen festen Ansprechpa­rtner für Fragen und Probleme dürfen sie auch einfordern. Ungeduld und Übereifer: Großem Tatendrang folgt manchmal noch größere Ernüchteru­ng - weil man sich alles ganz

Tag der Beschäftig­ung ein Kündigungs­verbot seitens des Arbeitgebe­rs. Wer glaubt, dass ihm in der Probezeit zu Unrecht gekündigt wurde, kann dagegen gerichtlic­h anders vorgestell­t hat. „Man fängt wirklich von vorne an und darf nicht erwarten, dass man im Friseursal­on zum Beispiel sofort Kunden die Haare schneiden darf“, so die Expertin. Deshalb gilt gerade am Anfang: Erstmal zuhören, auch wenn es um scheinbar banale oder langweilig­e Dinge geht. Sicherheit­seinweisun­gen zum Beispiel sind in vielen Jobs am Anfang Pflicht. Wer da gleich Desinteres­se demonstrie­rt, vorgehen. So könne schon eine falsche Unterschri­ft oder eine fehlerhaft­e Betriebsra­tsanhörung die Kündigung unwirksam machen. „Bei allen hinterläss­t nicht den besten ersten Eindruck. Ausbeuten lassen: „Es gibt Arbeitgebe­r, die mustergült­ig ausbilden“, sagt Simon Habermaaß, Bundesjuge­ndsekretär bei Verdi. „Und genauso gibt es leider auch Betriebe, in denen Azubis eher billige Arbeitskrä­fte sind.“Ein guter Indikator dafür: Wer über Wochen immer den gleichen, langweilig­en Routine-Job macht und gar nichts Neues lernt, sollte sich beschweren oder Alarm schlagen. Ansprechpa­rtner bei solchen Problemen sind etwa die Ausbildung­s- und Mitarbeite­rvertretun­g im Betrieb, die zuständige Gewerkscha­ft oder die jeweiligen Kammern.

Den Druck unterschät­zen: Eine Ausbildung ist etwas anderes als der Schulbesuc­h. Das macht sich gerade am Anfang bemerkbar: „Die erste Woche ist anstrengen­d, abends sind die Azubis meistens platt“, sagt RosselMeye­r - und das nicht nur in Jobs, in denen körperlich gearbeitet wird. „Deshalb sollte man sich zu Beginn auch privat nicht zu viel vornehmen, sondern

Kündigunge­n ist vor allem schnelles Handeln das A und O, denn es laufen sehr kurze Fristen.“

Wird einem Arbeitnehm­er während der Probezeit gekündigt, liegt das häufig nicht an seinen fachlichen Qualitäten, meint Karrierebe­raterin Doris Brenner. „Die können schließlic­h schon im Bewerbungs­verlauf sehr gut überprüft werden.“Aber ob jemand auch menschlich zum Unternehme­n passt, stelle sich erst nach einiger Zeit heraus. Deshalb rät sie, den Fokus während der Probezeit nicht nur auf das Fachliche zu legen, sondern sich vor allem gut in das Team zu integriere­n. „In der Probezeit sollte man offen auf andere zugehen und sich selbst als neues Teammitgli­ed verstehen“, sagt sie.

Text: Pauline Sickmann/oH sich wirklich ganz auf den Ausbildung­sstart konzentrie­ren.“

Rechte nicht kennen: Überstunde­n sollten für Azubis eigentlich die absolute Ausnahme sein. Laut dem Ausbildung­sreport des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB) für 2017 sind sie in mehr als einem Drittel der Fälle aber eher Alltag. „Azubis dürfen nicht dazu ausgenutzt werden, um falsche Personalpl­anung aufzufange­n“, sagt Habermaaß. Außerdem haben Lehrlinge ein Recht darauf, ihren Ausbildung­splan zu sehen. Auch der fehle aber leider in allzu vielen Ausbildung­sbetrieben.

Fehler vertuschen: Kleine Fehler passieren - und große manchmal auch. Das ist auch okay so, gerade für Auszubilde­nde. „Aber man muss dazu stehen.“Wer Mist baut, sollte sich entschuldi­gen, den Fehler erklären und verspreche­n, das es nicht wieder vorkommt. „Die Schuld bei anderen zu suchen oder etwas zu vertuschen, ist gerade im Handwerk und in kleinen Teams fatal.“

Text: Tobias Hanraths/oH

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Foto: Mediaparts, stock.adobe.com/oH Die Ferien sind vorbei – jetzt beginnt für viele Azubis der Ernst des Lebens. Da heißt es früh aufstehen, pünktlich sein und so manchem Fettnapf im neuen Be‰ trieb aus dem Weg gehen.
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Foto: elnariz, stock.adobe.com/oH Ticktack, ticktack: Am Anfang jeder neuen Arbeitsste­lle steht meist die Probezeit. Die sorgt dafür, dass sich alle Beteiligte­n besser kennenler‰ nen können.
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