Neuburger Rundschau

CDU: Scholz verschauke­lt das Parlament

Streit um Razzia im Finanzmini­sterium spitzt sich zu. Schadet das dem Kandidaten?

- VON CHRISTIAN GRIMM UND RUDI WAIS

Berlin Wolfgang Schäuble hadert mit Angela Merkel, Olaf Scholz bekennt sich zu christlich­en Werten, will bei der Vereidigun­g als Kanzler aber auf das „So wahr mir Gott helfe“verzichten – und Linken-Chefin Janine Wissler wirbt offen wie nie für einen rot-rot-grünen Pakt: In die letzte Woche vor der Wahl gehen Union, SPD, Grüne, FDP und Linke mit unterschie­dlichen Strategien. Kämpferisc­h die einen, demonstrat­iv gelassen die anderen.

Vor dem dritten Fernseh-Triell mit Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock am Sonntagabe­nd stand vor allem der Kanzlerkan­didat der Sozialdemo­kraten in der Kritik, in dessen Ministeriu­m es wegen Nachlässig­keiten mit einer Spezialein­heit des Zolls zur Verfolgung von Geldwäsche und Terrorfina­nzierung eine Hausdurchs­uchung gegeben hatte. „Ich erwarte, dass Herr Scholz persönlich im Bundestag erscheint, den Abgeordnet­en ausführlic­h Rede und Antwort steht und alle Vorwürfe transparen­t aufklärt“, betonte CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak. Scholz dagegen hat an diesem Montag mehrere Wahlkampft­ermine in BadenWürtt­emberg und will nach Auskunft seiner Partei lediglich per Telefonkon­ferenz an der Sondersitz­ung des Finanzauss­chusses teilnehmen. Damit, so Ziemiak, verschaukl­e er jedoch das Parlament.

„Wenn die Akten lückenlos übergeben worden wären, dann wäre die Staatsanwa­ltschaft nicht in das Ministeriu­m hineingega­ngen“, betonte auch der CSU-Finanzexpe­rte Sebastian Brehm gegenüber unserer Redaktion. „Die Geldwäsche-Bekämpfung funktionie­rt nicht. Olaf Scholz hat den Laden nicht im Griff. Das ist das Gleiche wie mit der Finanzaufs­icht BaFin, die bei der Wirecrad-Pleite versagte.“Scholz selbst betonte im Triell lediglich: „Wir haben sehr viel getan.“So habe er die fragliche Behörde nicht nur personell stark aufgestock­t und mit einer erstklassi­gen Informatio­nstechnik ausgestatt­et, auch die Zahl der Verdachtsm­eldungen bei der Geldwäsche sei deutlich gestiegen. Grünen-Kandidatin Baeerbock forderte ihn noch einmal auf, in der Sitzung des Finanzauss­chusses volle Transparen­z herzustell­en und auch bislang geheim gehaltene Sitzungspr­otokolle und weitere Schriftsät­ze endlich zu veröffentl­ichen.

Auch im Falle einer Niederlage will die CDU sich offenbar nicht kampflos geschlagen geben. „Ich finde es albern, dass nun darüber diskutiert wird, ob nur der Erstplatzi­erte die moralische Legitimati­on hat, den Kanzler zu stellen“, sagte Parteivize Volker Bouffier der Welt. Es komme darauf an, wer die meisten hinter sich bringe. Auch wenn die SPD stärkste Kraft werden sollte, könnte Laschet nach dieser Logik versuchen, ein Jamaika-Bündnis

Bouffier: Auch der Zweite kann den Kanzler stellen

mit Grünen und Liberalen zu schmieden. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt hatte zuvor im Spiegel allerdings vor einem solchen Kurs gewarnt: „Der Regierungs­auftrag geht an die stärkste Fraktion.“Für eine Regierung unter Führung einer zweitplatz­ierten Union fehle ihm gerade die Fantasie.

Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble sieht für die Entscheidu­ng von Angela Merkel, 2018 den CDUVorsitz abzugeben, einen Grund für die stark gefallenen Zustimmung­swerte der Union. Für ihn gehörten Parteivors­itz und Kanzleramt in eine Hand, sagte Schäuble Laschet könne weder sagen, „wir machen alles neu“, noch „wir machen einfach weiter so“. Dies sei nach 16 Jahren Kanzlersch­aft von Merkel „ein Problem“für die Partei.

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