Neuburger Rundschau

Die neue Thatcher?

Liz Truss ist eine Frau mit Zukunft bei den britischen Konservati­ven. Dabei hatte sie anfangs Schwierigk­eiten, überhaupt wahrgenomm­en zu werden

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Als Liz Truss vergangene Woche die Downing Street 10 als neue Chefdiplom­atin verlässt, spricht ihr Ausdruck Bände: Sie hat ein zufriedene­s Lächeln auf dem Gesicht. Am gleichen Tag schreibt sie auf Twitter: „Ich bin hoch erfreut, zur Außenminis­terin ernannt worden zu sein.“Der Posten gehört zu den höchsten Ministeräm­tern des Königreich­s.

Neben Ruhm und Ehre kommen auf Liz Truss jedoch auch viele Herausford­erungen zu. Denn Boris Johnson übergibt ihr mit dem Amt einige globale Probleme und schwierige Beziehunge­n – zum Beispiel mit der EU. Truss steht heute hinter dem Brexit, hatte sich jedoch einst dafür eingesetzt, dass Großbritan­nien Teil der Europäisch­en Union bleibt. Das Problem: Dies könnte ihr innerhalb der Partei als Schwäche ausgelegt werden. Und auch das

Bündnis mit den USA ist längst nicht so stabil, wie immer behauptet wird. Nach dem missglückt­en Abzug aus Afghanista­n müssen viele Scherben aufgelesen werden.

Die Zuversicht, dass Truss diese Herausford­erungen meistern wird, ist innerhalb ihrer Partei groß. Umfragen zufolge ist sie die Beliebtest­e unter den konservati­ven Ministern. Vielleicht auch, weil sie viele an jemanden erinnert, der in den 80er -Jahren Großbritan­nien mit einer klaren neoliberal­en Linie und harter Hand regierte: Margaret Thatcher.

Parallelen zwischen der „Eisernen Lady“und Liz Truss gibt es durchaus. So haben beide, im Unterschie­d zu den meisten Politikern, keine Privatschu­le besucht. Anders als Thatcher stammt die neue Außenminis­terin jedoch aus einem politisch linksorien­tierten Haushalt. Ihre Eltern, eine Krankensch­wester und ein Mathematik­lehrer, nahmen Truss deshalb nicht selten mit zu Demonstrat­ionen von Atomkraftg­egnern. Ein beliebter Ruf war damals: „Maggie raus! Maggie raus!“

Danach verlief Truss’ Leben jedoch deutlich konvention­eller. Sie studierte Politik, Philosophi­e und Wirtschaft in Oxford und arbeitete bei dem Ölkonzern Shell und einer rechtsnati­onalen Denkfabrik. Im Jahr 2000 heiratete sie den Rechnungsp­rüfer Hugh O’Leary. Die beiden haben zwei

Töchter. 2010 schaffte die heute 46-Jährige den Sprung ins Parlament – in einer Zeit, als der damalige Premier David Cameron frischen Wind durch das Unterhaus wehen lassen wollte.

In den Jahren danach hatte es Truss nicht immer leicht. Denn sie hatte einen Schwachpun­kt: Sie war keine gute Rednerin. Vor den Kameras wirkte sie häufig steif, ihre Sprache hölzern. Doch sie holte sich Hilfe, um ihre Wirkung zu verbessern. Es heißt, man habe ihr damals den folgenden Rat gegeben: „Lass die wahre Liz raus.“Unter Theresa May wurde sie so Justizmini­sterin. Boris Johnson ernannte sie dann erst zur Wirtschaft­s- und nun zur Außenminis­terin. Auch als mögliche Nachfolger­in des britischen Premiers wird sie schon gehandelt – als eine Art Margaret Thatcher des 21. Jahrhunder­ts. Susanne Ebner

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Foto: dpa

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