Neuburger Rundschau

Scholz und Baerbock gegen Laschet

In der dritten Diskussion­srunde nehmen sie Unions-Kanzlerkan­didat Armin Laschet immer wieder in die rot-grüne Zange. Beim Klimaschut­z geht es aber schon weniger harmonisch zu. Wen die Blitzumfra­ge vorne sieht

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Im dritten und letzten TVTriell haben sich Olaf Scholz und Annalena Baerbock so einig gezeigt wie nie in diesem Wahlkampf. Gleich zu Beginn des Aufeinande­rtreffens im Fernsehstu­dio in Berlin ging es um Löhne und Sozialstaa­t und dabei ließen der Kanzlerkan­didat der SPD und die Kanzlerkan­didatin der Grünen keinen Zweifel, mit wem sie nach der Wahl gerne zusammenar­beiten wollen. Scholz und Baerbock sind sich einig, dass der Mindestloh­n auf zwölf Euro steigen soll, die Härten des Hartz-System gemildert und Wohlhabend­e höher besteuert werden sollen. „Es sind zehn Millionen Bürgerinne­n und Bürger, die von einem Mindestloh­n von zwölf Euro profitiere­n“, erklärte Scholz. Und Baerbock versprach: „Mit Grün gibt es einen Aufbruch in der sozialen Gerechtigk­eit.“

Laschet hielt dagegen mit der klassische­n Antwort aus der Wirtschaft­spolitik seines Lagers. Niedrigere Steuern führen demnach zu höheren Investitio­nen, wodurch mehr

Menschen eine Arbeit finden können. „Hartz IV ist kein Beruf“, sagte der CDU-Vorsitzend­e. Er will das Wachstum beschleuni­gen und auf diesem Wege Menschen ein besseres Leben ermögliche­n. Eine Erhöhung des Mindestloh­nes auf zwölf Euro lehnte er ab.

Weniger harmonisch ging es zwischen Scholz und Baerbock beim Klimaschut­z zu. Es ist das Kernthema der Grünen und die Spitzenkan­didatin nutzte die Chance, Union und SPD als realitätsf­erne Bremser anzugreife­n, die weiter auf Kohle setzen. „Diese Sturzflute­n werden alle paar Jahre zunehmen“, warnte sie. Das Programm der Grünen fordert, dass dreimal mehr Windräder und Solaranala­gen aufgestell­t werden als jetzt, um Kohle- und Gaskraftwe­rke abschalten zu können. Sowohl Laschet als auch Scholz stellten heraus, dass der klimafreun­dliche Umbau der Wirtschaft keine Stellen kosten darf. „Wie bleiben wir klimaneutr­ales Industriel­and?“, ist für Laschet die Leitfrage. Scholz sieht das genauso, gestand aber den Grünen zu, dass zwei Prozent der Landesfläc­he für Windräder und Solarfelde­r reserviert werden sollen.

Parteiüber­greifende Einigkeit herrschte bei der Digitalisi­erung. Alle drei Bewerber um das Erbe von Kanzlerin Angela Merkel versprache­n, dass eine neue Regierung überall für schnelles Internet und ein gutes Handynetz sorgen werde. Das Desaster in Afghanista­n und die

Zukunft der Europäisch­en Union spielten als Themen keine Rolle.

Der Blick auf das letzte, aber auch die beiden vorangegan­genen Trielle zeigt, dass dieser Wahlkampf für Baerbock und Laschet hätte anders laufen können, hätten sie ihre Kampagnen nicht frühzeitig schwer beschädigt. Die Grünen-Frontfrau hatte Einkünfte zu spät gemeldet, ihren Lebenslauf aufgeblase­n und ein Buch voller kopierter Textbauste­ine fabriziert. Laschet hatte im Hochwasser­gebiet gefeixt und sich einige verbale Patzer geleistet, die ihn als inkompeten­t erscheinen ließen. Wenn sich beide nicht zu ihren Altlasten äußern müssen, können sie dem in Umfragen enteilten SPDMann in der Diskussion das Wasser reichen.

Baerbock kann schlagfert­ig sein und nutzte die TV-Bühne, um vor einem Millionenp­ublikum ihre Konkurrent­en als Vertreter der Großen Koalition darzustell­en, die den Stillstand verwaltet haben. Sie rollt mit den Augen, wenn ihr etwas nicht passt. „Ich frage mich, was mit Ihnen eigentlich los ist, Herr Laschet“, fuhr sie den CDU-Kandidaten einmal an.

Laschet machte dieses Mal nicht den Fehler, zu aggressiv aufzutrete­n, sondern trug seine Argumente nachdrückl­ich vor, aber ohne Wadlbeißer­ei. Am Schluss der Sendung brachte er den Klassiker der konservati­ven Wahlkampfs­chlager und warnte vor einem Linksrutsc­h: „Dann müssen sie Rot-Rot-Grün machen, da haben sie sonst keinen Partner.“

Scholz blieb einfach Scholz. Er hat sich vorgenomme­n, bis zum Wahltag unerschütt­erlich die Methode Merkel durchzuexe­rzieren – im Auftreten nüchtern, sachlich, stoisch. Eigenschaf­ten, die für viele Wählerinne­n und Wähler als attraktiv gelten. Von den Fragen nach Fehlern bei der Geldwäsche­bekämpfung ließ er sich nicht aus der Fassung bringen. Das galt nicht nur für den 63-Jährigen. Auch die beiden anderen Streiter um das Kanzleramt wirkten im dritten Anlauf sattelfest.

In seinen Schlusssät­zen machte der in den Meinungsum­fragen führende Scholz Baerbock noch den Antrag, sehr gerne mit den Grünen zusammen eine Regierungs­koalition formen zu wollen. Dass die Umworbene es noch schafft, sich in der letzten Woche auf Rang eins zu schieben und dann Scholz die Frage nach einem Zusammenge­hen stellt, gilt hingegen als ausgeschlo­ssen. Ihre Partei erreicht Werte zwischen 15 und 17 Prozent.

Eine Blitzumfra­ge nach der Sendung kürte auch diesmal Scholz zum besten Triellante­n.

Diesmal machten sie alle einen sattelfest­en Eindruck

 ?? Foto: Nietfeld, dpa ?? Triell, zum Dritten: Schlagfert­ig nutzte Annalena Baerbock (Grüne) die TV‰Bühne, um den Kanzlerkan­didaten von SPD und CDU, Olaf Scholz und Armin Laschet, den Stillstand der Groko vorzuhalte­n.
Foto: Nietfeld, dpa Triell, zum Dritten: Schlagfert­ig nutzte Annalena Baerbock (Grüne) die TV‰Bühne, um den Kanzlerkan­didaten von SPD und CDU, Olaf Scholz und Armin Laschet, den Stillstand der Groko vorzuhalte­n.

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