Und München feiert trotzdem
Die Wiesn ist abgesagt, doch die Menschen lassen sich die Stimmung nicht verderben. Was am Wochenende los war und wie oft das Oktoberfest in seiner Geschichte ausgefallen ist
München Wolkenloser blauer Himmel – es wäre ein Bilderbuch-Start für das Oktoberfest geworden. Zum zweiten Mal wurde das größte Volksfest der Welt wegen der Corona-Pandemie abgesagt – trotzdem hieß es in München am Samstag „Ozapft is“. In den Wirtshäusern wurden zum ursprünglich geplanten Wiesn-Start um 12 Uhr Bierfässer angestochen. Auf der Theresienwiese sammelten sich Volksfest-Fans mit Brotzeitkorb und mitgebrachtem Bier.
Normalerweise hätte am Samstag der amtierende Münchner Oberbürgermeister mit dem Anzapf-Ritual das größte Volksfest der Welt eröffnet. Nun schwang in Gaststätten mal der Braumeister, mal der Wirt, mal ein Pfarrer und mal ein Playmate den Schlegel. Auch ein Minister war dabei. Während Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) im Augustiner Klosterwirt zwei Schläge brauchte, musste ein paar Schritte weiter im Hofbräuhaus
das Wiesnplaymate 2021, Vanessa Teske, zwölf Mal zuschlagen, ehe das Bier floß. Der Münchner Alt-Oberbürgermeister und ehemalige Anzapfkönig Christian Ude (SPD) zapfte im Schiller Bräu wie in alten Zeiten mit zwei Schlägen an.
„Die Wiesn ist ein tiefes Lebensgefühl“, sagte Gregor Lemke, Sprecher der Münchner Innenstadtwirte,
zum Auftakt der Wirtshauswiesn. Und dieses Gefühl war in der Stadt vielerorts zu spüren. In den Gaststätten herrschten Dirndl und Lederhose vor. Und auf der Theresienwiese saßen Menschen auf Bierbänken, aßen Brezen und Obazda. Andere Grüppchen machten es sich auf Decken auf dem Gelände gemütlich und genossen eine mitgebrachte Brotzeit.
Anders als im Vorjahr herrschte auf der Theresienweise kein Alkoholverbot. Das Gelände sei eine öffentliche Grünfläche, sagte Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU). „Die kann im Rahmen der Vorschriften jeder nutzen, wie er will. Es darf auf der Theresienwiese auch Bier getrunken werden.“Im nächsten Jahr soll hier wieder Bier in Strömen fließen: 2022 will München wieder eine Wiesn feiern. Laut Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Baumgärtner laufen derzeit Planungen.
Während die einen feierten, zelebrierten Umweltschützer einen „Wiesneinzug der Klimaheld:innen“. Auch eine Gruppe von Grünen warb für den Klimaschutz: Die Zeit ohne Besucher habe der Theresienwiese gutgetan. Endlich sei sie nicht mehr nur Schotter.
Zwangspausen hat es beim Oktoberfest übrigens auch früher gegeben. Gut zwei Dutzend Mal ist das Volksfest in seiner über 210-jährigen Geschichte ausgefallen. 1810 hatte München zur Hochzeit von Kronprinz Ludwig mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen das erste Oktoberfest gefeiert. Schon das vierte Fest 1813 wurde gestrichen – wegen der Kämpfe mit Napoleon. Im vergangenen und in diesem Jahr war der Grund die Corona-Pandemie. Bereits im 19. Jahrhundert war das Volksfest zwei Mal an einer Seuche gescheitert – damals tobte die Cholera. Auch während der Weltkriege fand keine Wiesn statt. (dpa, AZ)