Neuburger Rundschau

Eingesperr­t im Fahrradsch­uppen

- VON MICHAEL KERLER mke@augsburger‰allgemeine.de

Betrug und Diebstahl lauern an vielen Orten. So kommt es, dass wir in der elektronis­chen Welt unsere Bankkonten, E-Mail-Postfächer, ja selbst die Treuekonte­n von Supermärkt­en mit komplizier­ten Passwörter­n schützen. Das gilt erst recht in der realen Welt. Je teurer Fahrräder werden, desto größer die Schlösser, mit denen sie gesichert werden müssen. Die meisten Briefkäste­n lassen sich heute absperren. Ärgerlich nur, wenn der Schlüssel partout nicht mehr auffindbar ist und man tagelang seine Post nicht lesen kann. Oder wenn man in die Verlegenhe­it kommt, das eigene Radschloss aufsägen zu müssen (erklären Sie das einmal Ihren Nachbarn oder der Polizeistr­eife). Hoffnungsl­os wird es ohne Schlüsseld­ienst bei der eigenen Haustüre. Ich habe mich in meinem Leben ein paar Mal ausgesperr­t. Der Trick, mit der EC-Karte die Türe öffnen zu können, hat nicht einmal bei der schlichtes­ten Studentenb­ude funktionie­rt. Es rentiert sich also, selbst von der einfachste­n Einrichtun­g – vom Briefkaste­n bis zum Radl – einen Zweitschlü­ssel zu besitzen. Aber selbst das schützt nicht vor jedem Missgeschi­ck.

Kürzlich, 8 Uhr. Der kleine Sohn, knapp drei Jahre alt, soll in den Kindergart­en. Das Wetter ist schön, also hinunter zum Schuppen, Fahrrad holen, den Schlüssel kann man außen stecken lassen. Es dauert ja nur 30 Sekunden, der Schuppen muss danach sowieso wieder abgesperrt werden, und den Jüngsten hat man durch die Tür im Blick. Also hinein, schnell das Rad gepackt, um es hinauszusc­hieben ... Ja, Sie ahnen es …

Kaum habe ich das Radl in der Hand, höre ich von draußen eine stolze Stimme: „Papa eingesperr­t ...!“Es ist toll zu erfahren, dass der Nachwuchs inzwischen behände mit Schlüsseln umzugehen weiß. Dass Kinder ein Schloss zusperren können, bedeutet aber noch lange nicht, dass sie es aufsperren können.

Dem Vater blieb wie dem einst zur Strafe ebenfalls in einem Schuppen eingesperr­ten Michel aus Lönneberga nichts anderes übrig, als sich durch das Fenster zu quetschen, in den Nachbarhof zu plumpsen und um das Haus herum den Weg zurück in den eigenen Garten zu suchen. Am Ende waren wir sogar noch pünktlich im Kindergart­en.

Seien Sie klüger als ich. Lassen Sie nie einen Schlüssel stecken. Oder nehmen Sie zumindest ein Handy mit.

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