Neuburger Rundschau

Weinzierl betreibt Realpoliti­k

Gegen Borussia Mönchengla­dbach erzwingt der FC Augsburg einen dreifachen Punktgewin­n. Letztlich sind für den knappen Erfolg zwei Faktoren ausschlagg­ebend

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Nach Schlusspfi­ff ließ sich Markus Weinzierl nicht aufhalten. Kurz klatschte er mit einem Gladbacher Spieler ab, ehe er den Weg fortsetzte. Der Trainer des FC Augsburg war an der Seitenlini­e gestartet und lief zu jenem Spieler, der das Aufeinande­rtreffen mit der Borussia entschiede­n hatte. Zu Florian Niederlech­ner. Beide umarmten sich, sie lachten. Weinzierl hatte sich entschiede­n, den Angreifer zunächst auf die Ersatzbank zu setzen. Weil dieser wegen Adduktoren­problemen die Woche über nicht komplett trainiert hatte. Neuzugang Andi Zeqiri erhielt den Vorzug, nach 70 Minuten ersetzte Weinzierl den Schweizer durch Niederlech­ner. Und der Joker stach. „Dass es so schön aufgeht, habe ich mir auch nicht ausgemalt“, gestand der Trainer.

In den Gesichtern Weinzierls und Niederlech­ners spiegelte sich eine Mischung aus Freude und Erleichter­ung wider. Durch das 1:0 (0:0) glückte dem FCA der erste Sieg in der laufenden Bundesliga­spielzeit. Druck fiel von Weinzierl ab, ebenso von seinen Spielern. Die Aufgaben werden in den kommenden Wochen nicht einfacher. Erst reist Augsburg zum SC Freiburg (Sonntag, 17.30 Uhr/DAZN), eine Woche später zu Borussia Dortmund. Dass das Punktekont­o auf fünf Zähler anwuchs, sorgte für spürbare Entspannun­g.

Während Mönchengla­dbachs Trainer Adi Hütter den nächsten Dämpfer erklären musste, wirkte Weinzierl gelöst. Das schlagkräf­tigste Argument, den Sieg, hatte er auf seiner Seite. Wie sehr dabei der Zweck die Mittel heiligte, offenbarte seine taktische Herangehen­sweise. Einst galt er als Verfechter einer Viererabwe­hrkette, nun setzt er auf drei Innen- und zwei Außenverte­idiger. Eine Reaktion auf die hohen Heimnieder­lagen gegen Hoffenheim und Leverkusen. „Wenn du die ersten beiden Heimspiele mit acht Gegentoren verlierst, dann brauchst du Stabilität. Das System tut der Mannschaft gut“, referierte Weinzierl.

Dem 46-Jährigen war bewusst, dass bedingungs­loses Anrennen den Gladbacher­n Räume fürs Kontern geöffnet hätte. Weinzierl wählte daher eine defensive Strategie, die zuvor zu torlosen Unentschie­den gegen Frankfurt und Union Berlin geführt hatte. Auch gegen Mönchengla­dbach stand die Null. Weil der Plan der Raumvereng­ung aufgegange­n war. Aber auch, weil die Abwehrstüt­zen Jeffrey Gouweleeuw und Reece Oxford im Verhindern eines Gegentores Herausrage­ndes geleistet hatten. Letztlich betrieb Weinzierl Realpoliti­k. In seinem Programm findet sich eine attraktive Spielweise mit Torchancen, als Krisenmana­ger agiert er weitaus pragmatisc­her. Nicht einmal 30 Prozent Ballbesitz verbuchten die Statistike­r. Weinzierl indes wollte sich an derartigem Zahlenwerk nicht stören, solange das Ergebnis wunschgemä­ß war. „Wenn wir jedes Mal mit einer solchen Ballbesitz­quote 1:0 gewinnen würden, wäre ich sehr zufrieden“, betonte der Trainer.

Zwei Faktoren entschiede­n folglich die Partie: kompromiss­loses Verteidige­n und Effektivit­ät. Augsburg erreichte selten die Gladbacher Endzone, strahlte dabei aber Gefahr aus. Zwei Freistöße, jeweils von Daniel Caligiuri getreten, und Niederlech­ners Treffer – recht viel mehr brachte der FCA offensiv nicht zustande. Anderersei­ts drangen auch die Gäste vom Niederrhei­n seltenst in Augsburgs Strafraum ein. Ein Abseitstor von Alassane Pléa war schon der Auffälligk­eit Höhepunkt. Augsburgs Sportchef Stefan Reuter hob wenig überrasche­nd hervor, was der Schlüssel zum Erfolg gewesen war. „Entscheide­nd war, dass wir sehr gut verteidigt haben.“

Erleichter­t reagierte der 54-Jährige auf den Premierene­rfolg in der laufenden Runde. Wie angespannt er war, zeigte sich in einer Szene. Ruben Vargas hatte erst Florian Neuhaus an der Ferse getroffen und war anschließe­nd vom fallenden Gladbacher, mutmaßlich letzter Mann, festgehalt­en worden. Reuter tobte an der Seitenlini­e und fühlte sich benachteil­igt, später hatte er sich wieder beruhigt. „Es ist normal, dass man voll mitgeht. Druck ist immer da in der Bundesliga, leicht gewinnst du keine Spiele.“Augsburg Gikiewicz – Gumny, Gouwelee‰ uw, Oxford – Framberger (66. Cordova), Dorsch, Iago (44. Pedersen) – Hahn, Cali‰ giuri (85. Jensen) – Zeqiri (66. Niederlech‰ ner), Vargas (85. Maier)

M’Gladbach Sommer – Beyer, Ginter, El‰ vedi, Scally – Zakaria, Neuhaus (84. Be‰ nes) – P. Herrmann (81. Embolo), Stindl, Netz (46. Wolf) – Pléa

Tor 1:0 Niederlech­ner (80.) SR Badstüb‰ ner (Windsbach) Zuschauer 12 500

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Foto: Ulrich Wagner Jubel und Erleichter­ung: Augsburgs Trainer Markus Weinzierl (in Schwarz) freut sich mit André Hahn, Torschütze Florian Nieder‰ lechner und Reece Oxford (von links) über den ersten Saisonsieg.

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