Wer zahlt wie viel für den Klimaschutz?
Gesellschaft Energie und Wärme aus konvention ellen Quellen werden in den kommenden Jahren immer teurer. Das trifft vor allem die Menschen die schon jetzt auf jeden Euro achten müssen. Aber auch die Mittelschic ht muss plötzlich rechnen
Man braucht keine Wärmebildkamera dazu, um festzustellen: Das Rennen ums Kanzleramt geht endgültig in die heiße Phase, wie auch auf dieser Seite und in der
Politik zu sehen. Doch wer auch immer dort einzieht, wird neben zahlreichen anderen drängenden Aufgaben vor allem mit dem Klimawandel konfrontiert werden – und einigen Fragen, die in diesem Wahlkampf immer noch nicht wirklich beantwortet wurden. Zum Beispiel, was der Umbau unserer Gesellschaft hin zu Klimaneutralität kosten wird. Und wer das bezahlt. Denn fest steht: Schon jetzt werden Energie und Wärme aus konventionellen Quellen immer teurer, ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen. Was bedeutet das für Privathaushalte? Was kann der Staat, was müsste eine neue Regierung dagegen tun? Mehr dazu auf der
Es reicht nicht. In allen Diskussionen zum Klimaschutz ist dieser knappe Satz in Dauerschleife zu hören. Es reicht nicht, rufen die Fridays-for-Future-Aktivistinnen und -Aktivisten mit Blick auf die Anstrengungen der Wirtschaft zur Reduktion der Klimagase. Es reicht nicht, sagt die Industrie zu den Bemühungen der Politik, die Energiepreise verträglich zu halten und den Umbau zur CO2-Neutralität zu unterstützen. Es reicht nicht, sagt die Strombranche über die Geschwindigkeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze. In Plänen, Prognosen und Projekten wird dabei ohne viel Federlesens zu machen mit zwei- oder dreistelligen Milliardenbeträgen hantiert. Bei dem lauten Zank drohen die eher leisen Stimmen unterzugehen: Es reicht nicht, sagen angesichts steigender Preise für Wohnen und Mobilität auch immer mehr Menschen, bei denen die Zahlen auf dem Lohnzettel oder dem Rentenbescheid nur wenige Stellen haben. Aber auch in der Mittelschicht sehen sich die Singles, Paare und Familien steigenden Energiekosten gegenüber und viele fragen sich, ob sie sich den Klimaschutz leisten können. Der Klimaschutz hat eine soziale Komponente. Und die wird immer wichtiger.
Harald Eckart leitet die Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Augsburg. Er weiß, wie schnell hohe Energiekosten Menschen in Bedrängnis bringen können, die mit knappen finanziellen Mitteln haushalten müssen. Eckarts Team, das für Betroffene im gesamten Landkreis zuständig ist, besteht aus sechs Beraterinnen. Zu ihnen kommen überschuldete Menschen, die von Sozialhilfeleistungen leben oder mit einem Pfändungsfreibetrag auskommen müssen. In so eine Situation geraten Menschen schneller als man denkt. Hauptgründe für eine Überschuldung seien Arbeitslosigkeit, eine Scheidung oder Krankheit.
Angenommen ein Paar kommt gerade so mit seinem Geld zurecht, zahlt vielleicht einen Autokredit ab und hat zwei Kinder. Trennen sich die Eheleute, gerät das finanzielle Gerüst schnell aus den Fugen. Plötzlich sind zwei Wohnungen zu bezahlen, die Kosten explodieren. Überschuldung kommt in allen Altersklassen vor. Es beginnt bei gerade Volljährigen, die sich mit Handy-Verträgen verschulden, bis hin zu gestandenen Erwachsenen, deren Immobilienfinanzierung scheitert oder ihr Weg in die Selbstständigkeit. 1209 Gespräche führten die Schuldnerberater allein 2020, 324 neue Hilfesuchende kamen in diesem Jahr hinzu. Eines ist aber den meisten dieser Menschen gemeinsam, berichtet Harald Eckart. Sozialhilfeleistungen oder Pfändungsfreibeträge seien so eng bemessen, dass es gerade für den Lebensunterhalt ausreicht. „Es gibt keinen Puffer“, sagt er. „Falls die Energiekosten stark ansteigen, ist dies ein großes Problem. Die Betroffenen können die gestiegenen Kosten nicht so leicht kompensieren wie finanziell gut ausgestattete Haushalte, die dann an anderer Stelle sparen, zum Beispiel beim Urlaub.“
Wer keinen finanziellen Puffer hat, kann nach der Jahresabrechnung des Energieversorgers nur schwer Nachzahlungen über einige hundert Euro leisten. Und wer etwa mit einem Pfändungsfreibetrag auskommen muss und gleichzeitig täglich mit seinem Auto zur Arbeit fährt, ist von steigenden Benzinkosten hart getroffen. „Dies ist auf dem Land ein größeres Thema als in der Stadt“, sagt Eckart. Er kennt viele Ratsuchende, die eine halbe Stunde täglich zur Arbeit fahren.
Dass die Kosten für Heizung, Strom und die Miete bezahlt werden, hat für die Schuldnerberater der Diakonie aber oberste Priorität. Die Helfer führen dafür auch Verhandlungen mit den Energieversorgern, um sich auf Ratenzahlungen zu einigen. Denn wer seine Wohnung nicht heizen kann, riskiert zum Beispiel Schimmel und Konflikte mit dem Vermieter. Ist die Wohnung gefährdet, droht eine Abwärtsspirale bis hin zur Obdachlosigkeit. Zwar werden die Hilfszahlungen des Staates in regelmäßigen Abständen an ein höheres Preisniveau angepasst, sagt Eckart. „Die Entscheidungsverfahren brauchen aber Zeit und es dauert, bis die höheren Sätze bei den Betroffenen ankommen.“
Bei Menschen, die mit staatlichen Hilfen oder mit Pfändungsfreibeträgen auskommen, sind Energiekosten schon immer ein großes Problem gewesen. „Ich denke, dass sich das Problem bald verschärfen könnte und mit steigenden Preisen die große Welle Betroffener noch kommt“, sagt Eckart. „Das Thema hat soziale Sprengkraft.“Wie also ließe sich Klimapolitik fair und sozial ausgewogen gestalten?
Karsten Neuhoff leitet beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin die Abteilung Klimapolitik. Er ist Experte für die Frage, wie der Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaftsweise finanziert werden kann. Er erklärt das Dilemma ziemlich nüchtern: „Um den Übergang zur Klimaneutralität zu gestalten, kann man verschiedene Elemente nutzen. Preisanreize sind
wenn Güter gehandelt werden. Allerdings belasten höhere Kosten, etwa für Strom, Gas oder Benzin, Haushalte der unteren und mittleren Einkommensgruppen in Relation zu ihrem Einkommen stärker als wohlhabende Haushalte. Sie geben anteilig mehr von ihrem Einkommen dafür aus. Die Frage ist also: Wie kann man die Kosten nach dem Verursacherprinzip umlegen, ohne eine soziale Schieflage zu produzieren?“
Der aktuelle Anstieg bei den Preisen für Benzin, Gas oder Strom ist nicht nur mit den Kosten zur Bekämpfung des Klimawandels zu erklären. Aber Tatsache ist: Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr die Einführung eines nationalen Emissionshandels auf die Sektoren Wärme und Verkehr beschlossen. Seit Anfang des Jahres bezahlen Unternehmen, die Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel in den Markt bringen, 25 Euro pro Tonne CO2. Bis 2025 soll der Preis auf 55 Euro steigen, später sollen die Verschmutzungsrechte versteigert werden. Weil die Menge der verfügbaren Verschmutzungszertifikate sinkt, die nationalen Emissionsziele aber mit jedem Jahr anspruchsvoller werden, wird der Preis für die Zertifikate steigen. Darum soll er zunächst bei 65 Euro gedeckelt werden. Bezahlen werden die Mehrkosten nach Prognosen von Ökonomen wohl nur zur Hälfte die Unternehmen. Der Rest bleibt bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern hängen.
In der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (KASA) der Diakonie in Augsburg suchen Menschen Rat, die sich bereits in einer Notsituation befinden, manche werden auch auf Rat des Arbeitsamtes zu Lisa Hagins und ihrer Kollegin geschickt. Dort weiß man, wie Energiekosten Betroffene unter Druck setzen. Lisa Hagins geht davon aus, dass die meisten Singlehaushalte um die 50 bis 55 Euro pro Monat für Strom zahlen, berichtet sie. Der Regelsatz – gemeinhin als Hartz IV bezeichnet – beträgt derzeit 446 Euro. Der Anteil für Energie und Wohninstandhaltung betrage davon 8,59 Prozent, also 38,31 Euro. „Damit erkennt man, dass der Anteil für Strom im Regelsatz nicht ausreicht beziehungsweise für die Wohninstandhaltung kein Geld mehr übrig bleibt“, sagt sie. Die Folge: „Die Menschen jonglieren mit ihrem Regelsatz und verzichten meiner Einschätzung nach vor allem auf die Bereiche Freizeit, Unterhaltung, Kultur, Gesundheitspflege, Bildung und Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen“, sagt Hagins. „Auch bei Bekleidung und Schuhen wird eingespart“, berichtet sie.
Sicher, Stromkosten ließen sich senken. Das ist aber gerade bei ärmeren Haushalten nicht so einfach. In Altbauten in Städten wie Augsburg sind Durchlauferhitzer für das Warmwasser weit verbreitet. Im Laufe der Jahre verkalken die Erhitzer, sie benötigen immer länger und mehr Energie bis das Wasser warm ist, beschreibt es Hagins. „Das verursacht natürlich hohe Kosten, die zum Schluss der Mieter bei seiner Stromrechnung tragen muss“, sagt sie. „Mieter wissen in den meisten Fällen gar nicht, dass die Wartung jährlich vom Vermieter durchgeführt werden müsste.“Ärmere Haushalte nutzen zudem oft über 20 Jahre alte Waschmaschinen oder Kühlschränke, die „echte Stromfresser“seien.
Der Politik ist das Problem bekannt. Die Stadt Augsburg etwa, berichtet Hagins, habe erfolgreich eine Armutsprävention eingeführt, die eng mit den Stadtwerken zusammenarbeitet. Häufig ist bei Zahlungsrückständen ein Darlehen die Lösung, das in Raten zurückgezahlt wird. Damit kann zum Beispiel zumindest verhindert werden, dass Menschen das Licht abgestellt wird. Dem Erfolg solcher Projekte ist es wohl zu verdanken, dass sich in den letzten Jahren weniger Hilfesuchende an die KASA gewandt haben, weil sie ihre Energierechnungen nicht bezahlen konnten. Gezahlt werden müssen die hohen Energiepreise am Ende trotzdem, die Belastung bleibt.
Nach Berechnungen des DIW dürften auf die Privathaushalte – trotz der sinkenden EEG-Umlage und der ebenfalls bereits beschlossenen Erhöhilfreich,
Seit Anfang des Jahres hat der CO2Ausstoß einen Preis
Bis die Klimaneutralität erreicht ist, muss der Staat den Übergang organisieren
hung der Pendlerpauschale für längere Fahrtwege – Mehrkosten von circa 3,9 Milliarden Euro zukommen, wenn der CO2-Preis bei 65 Euro liegt. Im Einzelfall könnte das einen Geringverdienerhaushalt deutlich über ein Prozent des Nettoeinkommens kosten. Noch dazu können diese Haushalte ihren Konsum kaum reduzieren, da er im wesentlichen die Grundversorgung abdeckt. Damit zurück zu Neuhoff und der Frage, wie die Kosten sozial abgefedert werden können.
Mehrkosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher sind bei der CO2-Bepreisung zunächst Mehreinnahmen für den Staat. Dieses Geld kann der Staat dafür verwenden, Maßnahmen zum Klimaschutz zu finanzieren – etwa Programme zur Dämmung von Wohnhäusern oder zum Austausch alter Heizungen auflegen, erklärt Neuhoff. Der Staat kann aber auch das Geld an seine Bürgerinnen und Bürger zurückzahlen, etwa in Form einer Kopfprämie. Beim eben angeführten Rechenbeispiel des DIW mit 3,9 Milliarden Euro Zusatzbelastung kommen die Experten so auf eine Prämie von 47 Euro für alle Menschen in Deutschland. Aktuell fordern die Grünen eine ähnliche Prämie im Parteiprogramm. Auch SPD und Union wollen eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.
Neuhoff erklärt die Vorzüge des Systems: „Eine Pro-Kopf-Rückerstattung der verbleibenden Belastungen aus der CO2-Bepreisung durch eine Klimaprämie, kann dazu führen, dass sozial schwächere Haushalte am Ende sogar besser dastehen.“Das liegt daran, dass der Energieverbrauch für Verkehr und Wärme und damit die CO2-Emissionen mit steigendem Einkommen zunehmen. Bei dem Modell, das in den Grundzügen in der Schweiz und in Kanada etabliert ist, bleibt Raum für politische Steuerungswirkung: „Man muss nicht die gesamten Erlöse zurückzahlen, da man ja auch noch Geld braucht, um die Transformation weiter voranzutreiben. Aber man kann gerade sozial Schwächeren die Angst nehmen“, sagt Neuhoff. In der Schweiz läuft die Auszahlung der Prämie über die Krankenkassen. In einer Untersuchung für das Bundesfinanzministerium ist Neuhoff mit weiteren Kollegen zu dem Ergebnis gekommen, dass dies auch für Deutschland ein sinnvoller Weg wäre. Denn der Staat hat keine Datenbank, in der von allen dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen Adresse und Bankverbindung gespeichert ist. So könnte die Auszahlung am schnellsten organisiert werden. Denn die Zeit drängt, das sagen auch die Sozialverbände.
Von ihnen stellt keiner den Klimaschutz in Frage. Im Gegenteil. „Wir fordern, dass die Politik alles tut, um den Klimawandel zu stoppen“, sagt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK. „Denn ärmere Menschen, Ältere und Kinder sind besonders von den negativen Folgen des Klimawandels betroffen.“Der VdK fordert aber, dass der Klimaschutz nicht zu Lasten von Personen mit niedrigen Einkommen und sozial benachteiligten Menschen geschehen dürfe. „Klimawandel ist die neue soziale Frage“, sagt Bentele. Klimapolitik brauche „Lösungen, die die Zusatzausgaben möglichst gerecht auf die stärkeren Schultern der Gesellschaft verteilt“, erklärt sie. „Daher fordern wir als Sozialverband VdK, dass die CO2-Steuer sozial ausgestaltet wird“, sagt sie.
Möglichkeiten sieht der Sozialverband dafür mehrere: Es könne über eine Klimadividende, die Senkung von anderen Verbrauchssteuern oder andere finanzielle Entlastungen, wie ein kostenloses ÖPNV-Ticket, geschehen. Für besonders betroffene Gruppen brauche es Förderprogramme und Härtefallregelungen. Der VdK fordert außerdem eine Änderung der EU-Kreditvergaberichtlinie, damit auch ältere oder finanziell schwächere
Hauseigentümer in eine neue Heizung, Dämmung und Kühlung investieren können. Schließlich setzt sich der Verband für eine sozialverträgliche Mobilitätswende ein, die allen Menschen gleichwertigen Zugang zu einer klimagerechten Mobilität ermöglicht.
Wie groß die Belastung durch den Klimaschutz wird, diese Frage hat längst die Breite der Bevölkerung – die Mittelschicht – erreicht. Rund 45 Prozent der Bürger machen sich Sorgen darüber, dass höhere CO2-Preise sie finanziell zu stark belasten könnten. Das geht aus einer Befragung des Marktforschungsinstituts Kantar hervor. Wie also könnte das künftig im Alltag aussehen? Zum Beispiel für Pendler? Wer kann sich die Umstellung tatsächlich leisten?
Martin Sambale ist Geschäftsführer des Energieund Umweltzentrums Allgäu (eza). Er und seine Mitarbeiter beschäftigen sich seit Jahren damit, wie die Energiewende im Alltag gelingen kann. Lohnt sich also der Umstieg auf ein E-Auto, auch wenn die Geldbörse nicht so dick ist? Sambale sagt: Ja. Auf der Basis einer ADAC-Studie, die Verbrenner und Stromer vergleicht, kommt er zu dem Schluss, dass „die Vollkosten für ein Elektroauto günstiger sind, als für ein vergleichbares Auto mit Verbrennungsmotor.“
Wenn man im niedrigpreisigen Segment eines Kleinwagens bleibt, geht der Vergleich zwischen einem Renault Twingo Sce 65 Life (Super) und einem Twingo Electric Life so aus: Schon bei 15 000 gefahrenen Kilometern im Jahr liegen die Kosten beim Verbrenner mit 32,8 Cent über dem Stromer (32 Cent). Zwar liegt die Elektro-Variante beim Listenpreis (21790 Euro) deutlich höher als beim Benziner (12 290 Euro), mitbedenken müsse man dabei allerdings, dass ein Elektroauto keinen Ölwechsel benötigt und damit in der Wartung günstiger ist, dass bei einem Stromer für zehn Jahre keine Steuer fällig ist und dass es den Zuschuss der Bundesregierung (6000 Euro, plus 3000 Euro Nachlass vom Hersteller) gibt. Sein Vergleich zwischen einem VW-Golf (Super) und einem VW ID3 (Elektro) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Schlussfolgerung: „Bereits heute fährt man mit dem Elektroauto billiger.“Natürlich könne man argumentieren, sagt Sambale, dass ein alter Gebrauchtwagen am billigsten sei. Aber: „Bei Gebrauchtwagen sind die Reparaturkosten deutlich höher, sodass sich ab einem bestimmten Alter ein neues Auto lohnt.“
Und was ist mit den Heizkosten? Der Winter steht an. Auch wenn die Inflation derzeit steigt, kommt Sambale zu folgenden Ergebnis: Wer in einem energiesanierten Haus oder einer entsprechend hergerichteten Wohnung lebt, kommt beim Heizen meist günstiger weg. Er rechnet vor: In einem unsanierten Einfamilienhaus mit Ölheizung (Baujahr 1970, 150 Quadratmeter Wohnfläche) betragen die Gesamtkosten fürs Heizen über 2200 Euro. Bei einem Passivhaus mit Wärmepumpe (Baujahr 2020, 150 Quadratmeter Wohnfläche) sind es nur 300 bis 1125 Euro.
Am teuersten allerdings käme in den Modellrechnungen von Sambale – bei den Mietwohnungen – derzeit eine (100 Quadratmeter) mit Wärmepumpe. Hier können pro Jahr bis zu 1650 Euro fällig werden. Wie kommt das zustande? Sambale erklärt: „Der Gaspreis ist im Augenblick im Vergleich zum Strompreis sehr günstig, deshalb hat – im Vergleich – eine Wärmepumpe relativ hohe Kosten obwohl man einen relativ niedrigen Verbrauch hat.“
Das Fazit des Fachmanns: „Die Umstellung ist zu stemmen, hängt aber von den Umständen ab. Das kann für Leute, die monatlich nicht sehr viel zurücklegen können, zur Belastung werden. Es kann aber auch unterm Strich zu höherem Wohnkomfort und dauerhaft niedrigerer Energiekosten führen.“Wichtig zu wissen sei, dass der Staat bis zu 50 Prozent der Sanierungskosten für Wohnungseigentümer übernehme. Trotzdem könne es im Bereich der Gebäudesanierung – wenn Vermieter danach die Mieten erhöhen – zu den größten Härten kommen. Andererseits sagt Sambale: „Wenn man gar nichts macht, wird der Preis mit den steigenden CO2-Abgaben auch teurer, denn der Staat wird an dieser Schraube immer weiter drehen müssen, um die Klimazielen zu erreichen.“
Ob die CO2-Bepreisung und alle anderen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele ausreichen, ist nach Einschätzung vieler Experten zweifelhaft. Doch im Klimaschutzgesetz steht: Bis 2045 sollen in Deutschland nur noch so viele Klimagase ausgestoßen werden, wie auch kompensiert werden können. „In dem Moment zu dem die Klimaneutralität erreicht ist, fallen in den meisten Bereichen keine CO2-Kosten mehr an“, sagt Neuhoff. Ist die Transformation geschafft, fällt die Mehrbelastungen weg. Das klingt noch wie Zukunftsmusik. Doch damit das gelingt, kommt der Politik die Aufgabe zu, die Übergangszeit bestmöglich zu gestalten.
Neuhoff glaubt, dass Deutschland die große Aufgabe schaffen kann. „Wer hätte vor zehn Jahren an den Erfolg der E-Mobilität geglaubt? Vor 30 Jahren an den Durchbruch der erneuerbaren Energien? Corona hat uns gezeigt, dass wir verletzbar sind. Es hat uns aber auch gezeigt, dass wir vieles schneller schaffen können, als wir es für möglich gehalten haben.“