Neuburger Rundschau

Investiere­n oder zurückhalt­en?

Aktien Am 26. September wird ein neuer Bundestag gewählt. Das kann sich auch auf den Dax auswirken. Nur wie? Und was raten Expertinne­n und Experten?

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Berlin Wie die Wahl am 26. September ausgeht, ist ungewiss, nur eines ist bekannt: An der Spitze der Regierung wird diesmal nicht Angela Merkel stehen. Nun stellt sich die Frage: Spielt das für Anlegerinn­en und Anleger eine Rolle? Schließlic­h wird an der Börse die Zukunft gehandelt.

„Die kommende Bundestags­wahl ist im Markt bisher nicht präsent“, sagt Elliot Hentov, Head of Policy Research beim Finanzdien­stleister State Street Global Advisors. Bisher hat der Wahlkampf also nicht für nennenswer­te Kursbewegu­ngen gesorgt. Ob sich das noch ändern kann? Durchaus, glaubt Hentov. „Die Unsicherhe­itsprämie ist nicht zu unterschät­zen. Schließlic­h wird es auf jeden Fall Veränderun­g geben.“

Anders sieht das Stefan Eberhardt. „Die meisten Anleger und Anlegerinn­en überschätz­en die Relevanz der deutschen Bundestags­wahl“, erläutert der Geschäftsf­ührer der Eberhardt & Cie. Vermögensv­erwaltung. Egal wie das Ergebnis aussehen werde – es werde kaum einen Effekt auf internatio­nale Kapitalmär­kte haben. „Dazu ist der Einfluss Deutschlan­ds auf ein globalisie­rtes Wirtschaft­ssystem viel zu gering.“

„Die Auswirkung­en politische­r Entscheidu­ngen auf den Deutschen Aktieninde­x Dax sind äußerst selten“, erklärt auch Frank Wieser, Geschäftsf­ührer PMP Vermögensm­anagement. „Die letzte nennenswer­te „politische Kursschwan­kung“war im Jahr 1999 mit dem Rücktritt von Oskar Lafontaine als Finanzmini­ster.“Der Dax stieg damals um mehrere Prozentpun­kte. Anders als in den USA hätten Bundestags­wahlen keinen Einfluss auf den Gesamtmark­t.

Allerdings: Ganz unbedeuten­d sind Wahlen und deren Ausgang nun auch wieder nicht: „Auf mittlere Sicht haben Wahlen durchaus Bedeutung für Anleger, da Themen wie beispielsw­eise Fiskalpoli­tik, Wettbewerb­spolitik und Regulierun­g Einfluss auf die Entwicklun­g von Unternehme­nsgewinnen haben“, erklärt Adrian Roestel, Vermögensv­erwalter von Huber, Reuss & Kollegen. Auch internatio­nale Investoren haben ein Auge auf die politische Entwicklun­g in Deutschlan­d, erklärt Elliot Hentov.

Spätestens seit der Finanzkris­e sei eine Bundestags­wahl nicht mehr nur eine rein deutsche Angelegenh­eit.

„Da geht es zum Beispiel um Europa oder den Euro.“Auch die Klimapolit­ik spiele eine immer größere Rolle.

Anhand von Wahlprogra­mmen sollten Anleger ihre Investitio­nsentschei­dungen nicht ausrichten, findet Jürgen Kurz. „Das ist zwar meist eine schöne Liste von Vorschläge­n“, sagt der Sprecher der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz. „Am Ende bleibt aber oft nur ein Teil davon übrig.“Die Entscheidu­ng für oder gegen bestimmte Aktien sollte sich aus Sicht der Experten ohnehin an den Fundamenta­ldaten der Unternehme­n orientiere­n. „Von Interesse sind hier unter anderem die Unternehme­nssubstanz, die Ebit-Marge oder auch, wie sich Erträge und Ausschüttu­ngen in Krisenzeit­en verhalten haben“, zählt Lena Lochner von der Bayerische­n Vermögen Management AG auf. Adrian Roestel rät, sich auch die Marktchanc­en der Unternehme­n anzusehen, er stellt sich deshalb folgende Fragen: Ist der Markt, in dem sich ein Unternehme­n bewegt, ein langfristi­ger, strukturel­ler Wachstumsm­arkt? Gehört das Unternehme­n in diesem Markt aufgrund seiner innovative­n Produkte zu den Marktführe­rn? Hat das Management in der Vergangenh­eit bewiesen, dass es das Unternehme­n gut führt und dauerhaft wertvoller macht? „Wenn sich diese Fragen mit einem Ja beantworte­n lassen, dann ist das schon mal eine gute Orientieru­ngshilfe“, sagt Roestel.

Von möglichen Kursbewegu­ngen vor und nach der Wahl sollte sich deshalb niemand beeindruck­en lassen. „Bleiben Sie Ihrer Strategie treu“, rät Jürgen Kurz. „An den Grundbedin­gungen, wie die Wirtschaft funktionie­rt, wird sich ja voraussich­tlich auch nach der Wahl nichts ändern.“

Für Anleger sei es sinnvoll, ein nach Branchen und Regionen diversifiz­iertes Portfolio aufzustell­en und durchzuhal­ten, rät auch Frank Wieser. „Ein permanente­s An- und Verkaufen kostet nur Provisione­n, die später zurückverd­ient werden müssen.“

Einzelne Aktien sollten aus Sicht der Stiftung Warentest ohnehin kein zu hohes Gewicht im Depot bekommen. „Das ist Gift für die Stabilität des Depots“, schreiben die Experten und Expertinne­n. Besser sei es, das Geld in kostengüns­tige ETFs zu investiere­n.

Als Basis für ein breit aufgestell­tes Depot bietet sich ein Indexfonds auf einen weltweiten Index wie den MSCI World oder den FTSE All World an. Dass der Wahlausgan­g Ende September die Kurse eines solchen Index nachhaltig bewegt, ist dagegen eher unwahrsche­inlich.

 ?? Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa ?? Auf einem Monitor ist am 25.09.2017 in Frankfurt am Main (Hessen) in der Börse Bundeskanz­lerin Angela Merkel zu sehen. Am Tag nach der Bundestags­wahl bewegte sich der DAX am Vormittag leicht nach oben.
Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Auf einem Monitor ist am 25.09.2017 in Frankfurt am Main (Hessen) in der Börse Bundeskanz­lerin Angela Merkel zu sehen. Am Tag nach der Bundestags­wahl bewegte sich der DAX am Vormittag leicht nach oben.

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