Neuburger Rundschau

Attentäter deutlich älter

Neue Erkenntnis­se zu Würzburger Messeratta­cke

- VON BENJAMIN STAHL

Würzburg Der Somalier, der Ende Juni in Würzburg drei Frauen mit einem Messer getötet und mehrere Menschen verletzt hat, ist deutlich älter als bislang angenommen. Wie Klaus Ruhland, Sprecher der Generalsta­atsanwalts­chaft München auf Anfrage bestätigte, gehen die Ermittlung­sbehörden inzwischen davon aus, dass der Mann 32 und nicht 24 Jahre alt ist. Dass das bisher veröffentl­ichte Alter des Täters nicht korrekt ist, ergab sich aus einer Antwort des bayerische­n Innenminis­teriums auf eine parlamenta­rische Anfrage der Grünen im Landtag. In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, spricht die Staatsregi­erung von „Angaben des Beschuldig­ten über sein Lebensalte­r im Rahmen des Ermittlung­sverfahren­s (…), die von den bisherigen Erkenntnis­sen abweichen“.

Die neue Erkenntnis wirft ein anderes Licht auf die Vergangenh­eit des Täters und zeigt, dass er in seinem Asylverfah­ren falsche Angaben gemacht hat: Als er im Mai 2015 nach Deutschlan­d kam, hat er gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtling­e erklärt, er sei 1997 geboren. Seinen Asylantrag begründete er damit, dass er in seiner Heimat von der Terrorgrup­pe Al-Shabaab verfolgt und bedroht worden sei. Die der Terrororga­nisation Al-Kaida nahestehen­de Miliz könnte aber auch eine andere Rolle im Leben des späteren Messerstec­hers gespielt haben.

Bereits Anfang des Jahres gab es den Verdacht, dass der Somalier in den Jahren 2008/2009 in seiner Heimat Al-Shabaab angehört und für

Neue Altersanga­be ergibt neuen Sachverhal­t

die Terrorgrup­pe getötet haben soll. Entspreche­ndes soll er 2015 in einem Telefonat geäußert haben, das ein Zeuge – ein Asylbewerb­er, der früher mit dem Täter in derselben Unterkunft gelebt hat – mitgehört haben will. Das erzählte dieser zumindest im Januar 2021 der Polizei in Dresden. Warum sich der Zeuge erst sechs Jahre nach dem Telefonat gemeldet hat, konnte er laut der Münchener Generalsta­atsanwalts­chaft nicht erklären.

Ende April lehnte die zuständige Generalbun­desanwalts­chaft in Karlsruhe die Einleitung eines Ermittlung­sverfahren­s wegen Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g jedoch ab, da der Beschuldig­te zur vermeintli­chen Tatzeit noch nicht 14 Jahre alt und damit nicht strafmündi­g gewesen wäre. Nun sieht der Sachverhal­t anders aus: Nachdem der Täter laut Generalsta­atsanwalts­chaft München „im Rahmen einer forensisch­en Untersuchu­ng“1989 als sein Geburtsjah­r nannte, wäre er damals bereits 19 oder 20 Jahre alt gewesen.

Daher hat die Münchener Behörde die Angelegenh­eit nun erneut den Ermittlern in Karlsruhe vorgelegt. Doch auch jetzt wird die Generalbun­desanwalts­chaft keine Ermittlung­en einleiten. Einerseits, weil die Behörde „keine tatsächlic­hen Anhaltspun­kte“für die Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g erkannte, wie ein Sprecher erklärte. Anderersei­ts, weil die zehnjährig­e Verjährung­sfrist für den Straftatbe­stand einer solchen Mitgliedsc­haft schon abgelaufen wäre.

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