Neuburger Rundschau

„So stirbst du also“

Opfer erinnert sich an Attacke in Klinik

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München „Dann ist er sofort ins Zimmer, hat die Türe zugeschlag­en und hat sofort angefangen. Er hat einfach losgestoch­en“, sagt die 64 Jahre alte Krankensch­wester am Montag vor dem Landgerich­t München II. „Dann hab ich das Schreien angefangen, ganz laut“, erinnert sie sich. „Ich weiß noch, dass ich gefragt habe: Warum machen Sie das?“Angst habe sie in dem Moment wunderlich­erweise gar nicht empfunden – eher Erstaunen: „So stirbst du also“, habe sie gedacht. „Du wirst erstochen, damit habe ich nicht gerechnet.“

Es war der 25. November vergangene­n Jahres, mitten in der Nacht, als der Patient in der Tür des Schwestern­zimmers in einer psychiatri­schen Einrichtun­g im oberbayeri­schen Peiting stand und um Medikament­e bat. Als sie sich zum Medizinsch­rank umdrehte, stach er mit einer Nagelscher­e auf sie ein, die er in seiner Faust versteckt hatte. Dies wirft ihm die Staatsanwa­ltschaft vor, die ihn des versuchten Mordes

Patient stach 18‰mal auf Krankensch­wester ein

beschuldig­t, und so sagt es der Deutsche zum Prozessauf­takt selbst.

18 Stiche vor allem in den Hals und ins Gesicht der Krankensch­wester waren es nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft. Sie verfehlten die Halsschlag­ader nur knapp. Erst als eine Kollegin dazukam, soll der Mann von ihr abgelassen haben. Das Opfer kam in kritischem Zustand ins Krankenhau­s. Sie habe gedacht, die Tatwaffe sei ein Messer. „Ich hab gedacht, jetzt ist alles zerfetzt.“Eine Tötungsabs­icht bestreitet der Beschuldig­te vor Gericht. Er habe die Frau lediglich schwer verletzen wollen, damit er danach ins Gefängnis komme und so die psychiatri­sche Einrichtun­g, in der er sich befand, verlassen könne. „Ich wollte, dass das ordentlich blutet“, sagte er zu einer psychiatri­schen Gutachteri­n. Er habe Angst vor dem Chef der Einrichtun­g gehabt, so der 32-Jährige, den Gericht und Staatsanwa­ltschaft für paranoid und schizophre­n halten.

Als die Krankensch­wester während ihrer Aussage vor dem Landgerich­t eine Pause macht, ergreift ihr früherer Patient das Wort: „Tut mir leid, dass ich das gemacht habe“, sagt er. Und sie: „Danke, das glaube ich Ihnen.“

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