Der andere Reece Oxford
Defensiv hat sich der FCA stabilisiert. Daran hat nicht nur der Verteidiger Anteil
Augsburg Wenn Spieler X in der Startelf steht, Spieler Y dagegen nicht, rechtfertigen Trainer dies oft mit Eindrücken aus den Übungseinheiten. Zudem seien es nicht Entscheidungen gegen den einen, betonen sie, sondern Entscheidungen für den anderen. Das Beispiel Reece Oxford macht deutlich, dass ein Fußballprofi nicht allein durch formidables Üben seinen Einsatz provozieren kann, sondern ein Stück weit von äußeren Einflüssen abhängig ist. Zu Saisonbeginn drohte dem Innenverteidiger des FC Augsburg das Dasein eines Ergänzungsspielers. Wegen eines Eingriffs im Knie verpasste der 22-Jährige die Vorbereitung auf die Spielzeit.
In der Viererkette waren Jeffrey Gouweleeuw und Felix Uduokhai als Innenverteidiger gesetzt. Zudem kehrte Kevin Danso nach seiner Leihe zurück. Für das Eigengewächs war die Rolle des ersten Nachrückers angedacht, sollten Gouweleeuw oder Uduokhai ausfallen. Doch es kam anders. Das Abwehrzentrum
erwuchs zum Problemfeld, mit seiner Wunschformation konnte Trainer Markus Weinzierl wochenlang nie planen. Noch vor Beginn der Pflichtspiele hatte sich Danso zu RC Lens gestreikt. Uduokhai weilte erst bei Olympia und fehlte zuletzt wegen einer Verletzung. Auch Gouweleeuw musste zwischenzeitlich wegen Adduktorenbeschwerden bei Spielen aussetzen. Blieb noch Oxford.
Gegen Frankfurt lief er am zweiten Spieltag auf, obwohl er erst wenige Einheiten mit der Mannschaft absolviert hatte. Dem überzeugenden Auftritt folgte zwar der Dämpfer gegen Leverkusen (1:4), danach jedoch bewies der Engländer gegen Union Berlin und Borussia Mönchengladbach, dass er erfolgs- bringende
Qualitäten besitzt. „Er hat ein überragendes Spiel gemacht“, lobte Weinzierl nach dem ersten Saisonsieg seinen Abwehrspieler. SportGeschäftsführer Stefan Reuter ergänzte: „Er spielt seit Wochen überragend.“Oxford wuchtete Flanken per Kopf aus dem eigenen Strafraum oder rettete grätschend. Offensiv fehlten nur ein paar Zentimeter, dann hätte er obendrein nach einem Caligiuri-Freistoß wohl zur Führung getroffen. Mit sich und seinen Mitspielern zeigte sich Oxford nach Spielschluss zufrieden, als er resümierte: „Wir haben heute viel Mentalität gezeigt.“
In Augsburg erlebt Oxford seine dritte Spielzeit. Nach halbjähriger Leihe folgte vor einem Jahr die feste Verpflichtung. Zwei Millionen Euro Ablöse soll der FCA an West Ham United überwiesen haben. Seine Leistungen schwankten seitdem. In einigen Spielen überzeugte der 1,90-Meter-Hüne uneingeschränkt, dem gegenüber standen Konzentrationsmängel und folgenschwere Aussetzer. Nun zeigt er beständig ansprechende Leistungen. Reuter liefert die Erklärung dafür: „Er hat nie aufgehört, an sich zu arbeiten.“Maßgeblich sei er daran beteiligt gewesen, „dass wir in dieser Saison dreimal zu Null gespielt haben“, so Reuter weiter. Oxford ist ein Faktor, noch elementarer wirkt sich die Umstellung auf eine Abwehrreihe mit drei Innenverteidigern aus. Gegen Frankfurt, Union Berlin und Mönchengladbach blieb der FCA auf diese Weise ohne Gegentreffer. Ein zusätzlicher Verteidiger sorgte für Stabilität und gab Oxford wie seinen Nebenmännern Sicherheit. „Mit seiner Kopfballstärke und seinem Verteidigen nach vorne ist er für mich ein idealer Dreierkettenspieler“, urteilt Weinzierl.
Weil das System funktioniert, dürfte der Trainer beim SC Freiburg (Sonntag, 17.30 Uhr/DAZN) daran festhalten. Oxford könnte selbst bei einer Rückkehr Uduokhais seinen Stammplatz behalten.