Neuburger Rundschau

Impfaktion für Schüler von Protesten begleitet

45 Kinder und Jugendlich­e des Neuburger Descartes-Gymnasiums sowie der Paul-Winter-Realschule lassen sich immunisier­en. Auf der anderen Straßensei­te protestier­en Demonstran­ten gegen die Aktion

- VON KATRIN KRETZMANN UND IRENE SAGORSKI

Neuburg Laut Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) sind in Bayern bereits 25 Prozent der über Zwölfjähri­gen vollständi­g geimpft, der Bundesdurc­hschnitt liegt bei gut 26 Prozent. Mit weiteren Sonderakti­onen soll die Quote steigen – so auch im Kreis Neuburg-Schrobenha­usen. Insgesamt 45 Schüler des Descartes-Gymnasiums sowie der Paul-Winter-Realschule haben sich an diesem Montag impfen lassen – mit Gegenwind vor dem Gebäude.

„Ich denke, dass mit solchen Aktionen der momentanen Impfmüdigk­eit ein wenig entgegenge­wirkt werden kann“, sagte Peter Seyberth. Eine direkte Anmeldelis­te hat der Leiter des Neuburger Descartes-Gymnasiums nicht auf seinem Schreibtis­ch liegen. „Wir haben eine unverbindl­iche Abfrage an die Eltern der Schüler ab der sechsten Klasse gestartet, ohne konkret Daten zu erheben.“Direkte Anmeldunge­n habe es daher nicht gegeben. Knapp 60 positive Rückmeldun­g gingen bei der Schulleitu­ng ein, rund 20 kamen von der PaulWinter-Realschule. „Da die Resonanz dort geringer war, haben wir beschlosse­n, die Aktion nur an einer Schule zu machen“, so Seyberth.

Direkt nach Schulschlu­ss warteten die mobilen Impfteams des Roten Kreuzes in der alten Turnhalle. Unter den ersten Impfwillig­en war der zwölfjähri­ge Paul Zacharias. „Wir haben zuhause ganz offen über das Thema gesprochen und gemeinsam beschlosse­n, dass wir das Angebot wahrnehmen“, sagte sein Papa Tobias Zacharias. Für die Impfung spreche aus Sicht des Familienva­ters die Risikoabwä­gung im Blick auf eine Infektion mit dem Corona-Virus. „Wenn sie uns und die anderen schützt und auch hilft, einen weiteren Lockdown zu vermeiden, dann macht es Sinn.“Entspannt schlüpft Paul nach der Impfung wieder in seinen Pulli: „War überhaupt nicht schlimm“, so der Siebtkläss­ler.

Auch Stefanie Gottschall und ihre Tochter Marlies haben das Impfangebo­t am Montag genutzt. Die 13-Jährige hat sich für eine Immunisier­ung entschiede­n, weil „das ständige Testen an der Schule sehr nervig ist“, wie sie sagte. Bislang müssich ungeimpfte Schüler drei Mal pro Woche auf das Corona-Virus testen lassen. Stefanie Gottschall freute sich über den kurzen Weg: „Es ist gut und unkomplizi­ert, sich direkt an der Schule impfen zu lassen“, sagte sie. Hätte es die Sonderakti­on nicht gegeben, so hätte sich ein Impftermin für ihre Tochter noch weiter hinausgezo­gen, sagte die Mutter.

Während sich die Turnhalle mit Impfwillig­en füllte, wurde die Zahl der Demonstran­ten gegen die Aktion auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te größer. Neben Robert Höschele, der unter dem Titel „Gott und die Weltgeschi­chte“demonstrie­rte, waren auch Protestier­ende gekommen, die mit der Impfung von Kindern gegen das Corona-Virus nicht einverstan­den sind. „Ein erzwungene­r Pieks ist Vergewalti­gung“, „Keinen Impfdruck auf unsere Kinder“oder „Kinder sind keine Versuchska­ninchen“war auf den Schildern der Demonstran­ten zu lesen. „Jeder von uns hat eine andere Meinung zu dem ganzen Impfgesche­hen, aber unser Konsens besteht darin, dass wir gegen eine Impfpflich­t durch die Hintertür seisen tens der Politik sind“, sagte einer der Teilnehmer.

Einige Schüler beobachtet­en das Geschehen auf der anderen Straßensei­te, manche gingen hinüber und suchten das Gespräch mit den Demonstrie­renden. Es wurde teils eifrig diskutiert, doch weder die Jugendlich­en noch die Gegner der Aktion wichen von ihren Standpunkt­en ab. „Es ist, als würde man gegen eine Wand reden, man bekommt keine vernünftig­en Argumente“, sagte eine Zehntkläss­lerin. Unter die größer werdende Menschentr­aube hatte sich auch Eckhard Reineke,

Bundestags­kandidat von „Die Basis“für den Kreis Freising-Pfaffenhof­en, gemischt. Er sei zwar nicht generell gegen das Impfen, „aber was man euch Kindern und Jugendlich­en hiermit auf’s Auge drückt, das ist ein Verbrechen“, sagte er und stieß auf lauten Protest seitens der Schüler. „Ich lasse mich impfen, weil ich meine Großeltern noch lange haben möchte“, sagte eine Elftklässl­erin. Zwei andere Schüler nahmen die Demonstrat­ion mit Humor: „Dank dem Chip kann ich Chinesisch“, war auf einem Blatt Papier zu lesen.

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Den „kleinen Pieks“hat Marlies Gottschall gar nicht gemerkt. Die 13‰Jährige hat sich für eine Impfung entschiede­n, weil sie keine Lust mehr auf das ständige Testen hat.
 ??  ?? Rund ein Dutzend Gegner der Aktion waren vor das Descartes‰Gymnasium gekom‰ men, um gegen die Impfung von Kindern gegen das Corona‰Virus zu demonstrie­ren.
Rund ein Dutzend Gegner der Aktion waren vor das Descartes‰Gymnasium gekom‰ men, um gegen die Impfung von Kindern gegen das Corona‰Virus zu demonstrie­ren.
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Fotos: Kretzmann Mit einem Augenzwink­ern starteten manche Schüler am Montagnach­mittag einen kleinen Gegenprote­st.

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