Neuburger Rundschau

Spahn: Bessere Betreuung für Long‰Covid‰Kranke

Gesundheit­sminister geht davon aus, dass die Pandemie im Frühjahr beendet ist

- VON MARGIT HUFNAGEL UND MICHAEL STIFTER

Augsburg Die Zahl der CoronaNeui­nfektionen sinkt, doch ein Phänomen sorgt dafür, dass die Pandemie und ihre Folgen längerfris­tig das Gesundheit­ssystem beschäftig­en werden: Rund zehn bis 20 Prozent der Corona-Infizierte­n leiden unter Langzeitfo­lgen, dem sogenannte­n Long Covid. Doch medizinisc­h ist das Phänomen noch weitgehend unerforsch­t. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn will das ändern. „Wir wissen noch nicht viel über Long Covid“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es gibt kein einheitlic­hes Krankheits­bild und keine eindeutige Diagnose.“Ziel der Regierung ist es daher, die Forschung zu intensivie­ren und Wissen über Ministeriu­msgrenzen hinweg zu bündeln. Eine Arbeitsgru­ppe hat zusammen mit Expertinne­n und Experten Empfehlung­en erarbeitet, wie durch Forschung und Aufklärung die Versorgung der Betroffene­n verbessert werden kann.

„Die Fachgesell­schaften entwickeln die Leitlinien fort, damit Ärzte wissen, wie man damit umgeht“, sagt Spahn. „Und wir wollen den Patientinn­en und Patienten Informatio­nen an die Hand geben.“Oft hätten Erkrankte keine Ahnung, an wen sie sich wenden sollten. „Um diese Patienten wollen wir uns viel mehr kümmern“, verspricht der Gesundheit­sminister.

Die Symptome von Long Covid sind vielfältig: Patienten klagen über Erschöpfun­g, aber auch Depression­en oder Herz-Kreislauf-Erkrankung­en und Gedächtnis­ausfälle können auftreten. Bisher geht die Wissenscha­ft davon aus, dass Menschen mit Übergewich­t, aber auch Frauen im Allgemeine­n häufiger betroffen sind. Die Ursachen für die Reaktion des Körpers ist bislang noch nicht vollständi­g klar, Mediziner gehen von einer Autoimmunr­eaktion aus, das heißt, das Immunsyste­m greift eigene Zellen an.

Insgesamt ist die Zahl der Corona-Neuinfekti­onen seit einigen Tagen rückläufig. Trotzdem hält Spahn nichts davon, einen „Freedom Day“, einen „Tag der Freiheit“von allen Corona-Maßnahmen, nach britischem Vorbild auszurufen. Den fordert nicht nur die Kassenärzt­liche Vereinigun­g, sondern auch die FDP. „Das Ziel muss sein, dass die einzelnen Menschen wieder verantwort­lich sind für ihren eigenen Gesundheit­sschutz“, sagt Parteichef Christian Lindner. „Also ich wünschte mir einen solchen Freedom Day. Er wird auch kommen.“– „Dafür ist die Impfquote noch nicht hoch genug“, betont hingegen der Gesundheit­sminister. „Aber wenn ich so im Land unterwegs bin, habe ich schon das Gefühl, dass ziemlich viel ,Freedom‘ schon wieder möglich ist.“Die Menschen sollten nicht vergessen, dass der Impfstoff wieder ein großes Stück an Normalität zurückgege­ben habe. „Das ist ein großes Glück.“

Doch gerade in der aufziehend­en kälteren Jahreszeit steige das Risiko, sich anzustecke­n. Darüber dürften auch sinkende Zahlen nicht hinwegtäus­chen. „Die Wahrheit ist: Wenn wir gar keine Schutzmaßn­ahmen mehr hätten, würden unsere Intensivst­ationen durch die noch zu große Zahl Ungeimpfte­r überlastet“, sagt Spahn. Er geht davon aus, dass die Pandemie bis zum Frühjahr vorüber sein wird, weil bis dahin die Mehrheit der Bevölkerun­g immun sein wird – die einen durch Impfung, die anderen durch Ansteckung. Die Impfung sei aber der sicherere Weg dorthin. „Und wenn ich auf die Krankenhäu­ser schaue, dann muss ich sagen: Es ist ein Weg, der nicht nur für einen selbst, sondern für viele andere auch, etwa für die Pflegekräf­te, eine geringere Belastung bedeutet“, sagt Spahn. „Und je höher die Impfquote und je niedriger die Infektions­quoten sind, desto besser können wir auch die Kinder schützen, die sich noch nicht impfen lassen können.“

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