Neuburger Rundschau

Die Linke drängt auf eine „Gute‰Löhne‰Regierung“

Spitzenman­n Dietmar Bartsch lockt im Wahlkampfe­ndspurt die SPD und die Grünen. Unions-Kandidat Armin Laschet setzt weiter auf die Kommission aus Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­rn

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Auf der Liste der Themen, über die im Wahlkampf-Endspurt am heftigsten diskutiert werden, rückt der Mindestloh­n gerade ganz weit nach oben. SPD-Spitzenkan­didat Olaf Scholz fordert eine außerplanm­äßige Erhöhung von derzeit 9,60 Euro auf zwölf Euro, die Grünen ebenso. Auf 13 Euro gar will die Linksparte­i den Betrag anheben. Union und FDP dagegen wehren sich gegen eine politische Festlegung und wollen weiter auf die mit Arbeitgebe­r- und Gewerkscha­ftsvertret­ern besetzte Mindestloh­nkommissio­n setzen.

Wie es mit der Lohnunterg­renze weitergeht, könnte nicht nur für die Wahl selbst, sondern auch danach für die Bildung eines Regierungs­bündnisses entscheide­nd werden. Denn das Thema betrifft einen großen Teil der Bundesbürg­er direkt oder indirekt. Nach einer Sonderausw­ertung des Statistisc­hen Bundesamts für die Linksfrakt­ion, die unserer Redaktion vorliegt, erhalten derzeit rund zehn Millionen Menschen einen Bruttolohn, der unter zwölf Euro pro Stunde liegt. Das sind gut 26 Prozent der mehr als 38 Millionen Beschäftig­ungsverhäl­tnisse in Deutschlan­d. In Bayern sind es gut 1,4 Millionen Menschen (22,5 Prozent der Beschäftig­ten), in Baden-Württember­g 1,25 Millionen Beschäftig­te (21,8 Prozent), die weniger als den von Grünen und SPD geforderte­n Mindestloh­n verdienen.

Rund 4,4 Millionen Menschen in Deutschlan­d erzielen der Auswertung zufolge sogar einen Bruttoverd­ienst von weniger als zehn Euro pro Stunde – was 11,5 Prozent der Beschäftig­ten entspricht. Könnte sich die Linksparte­i mit ihrer Forderung nach einem Mindestloh­n von 13 Euro durchsetze­n, würden mehr als zwölf Millionen Beschäftig­te profitiere­n. Linken-Spitzenkan­didat Dietmar Bartsch sagte unserer Redaktion: „Deutschlan­d einig Niedrigloh­nland! Leider! Das ist die Bilanz von acht Jahren UnionSPD-Regierung

und von acht Jahren SPD im Bundesarbe­itsministe­rium.“Der Linken-Politiker weiter: „Die Geschichte vom Hochlohnla­nd ist eine Mär. Wenn allein in Bayern über 1,4 Millionen Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er unter zwölf Euro in der Stunde verdienen, dann haben wir ein großes Lohnproble­m.“Mit Blick auf eine mögliche rot-grün-rote Koalition für eine künftige Bundesregi­erung wirbt Bartsch: „Der von SPD und Grünen geforderte Mindestloh­n ist nur mit der Linken durchsetzb­ar. Eine Mitte-Links-Regierung könnte in wenigen Wochen das Leben von Millionen hart arbeitende­n Menschen verbessern und die Sozialkass­en erheblich entlasten. Wir brauchen eine Gute-Löhne-Regierung für Deutschlan­d.“

Einer aktuellen Studie der gewerkscha­ftsnahen Hans-BöcklerSti­ftung zufolge würden von einer Anhebung des Mindestloh­ns auf zwölf Euro pro Stunde vor allem Frauen profitiere­n. Denn dann würden nicht nur in Gastgewerb­e oder Einzelhand­el die Löhne steigen, sondern auch in Büros oder Arztpraxen, wo überdurchs­chnittlich viele Frauen arbeiten. Mitarbeite­r kleinerer Betriebe ohne Tarifbindu­ng würden ebenfalls gewinnen. Im Osten und Norden Deutschlan­ds, wo die Löhne tendenziel­l niedriger sind als im Süden und Westen der Republik, würde sich eine Erhöhung besonders stark auswirken.

Im dritten Fernseh-Triell der Kanzlerkan­didaten hatten Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) in trauter Einigkeit die Erhöhung des Mindestloh­nes auf zwölf Euro gefordert. Spitzenkan­didat Armin Laschet (CDU) lehnt dagegen eine Anhebung durch den Staat ab. Einen pauschalen Mindestloh­n halte er „nicht für angemessen“. Stattdesse­n müssten die Tarifparte­ien die Löhne selbst aushandeln. Verbesseru­ngen für Geringverd­iener will Laschet mit einer Politik erreichen, „die mehr Wachstum und Arbeitsplä­tze schafft“.

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Foto: S. Gollniow, dpa Ein Staubwedel in Schwarz‰Rot‰Gold: Die Erhöhung des Mindestloh­ns für Ge‰ ringverdie­ner sorgt für Streit im Wahl‰ kampfendsp­urt.

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