Neuburger Rundschau

Mutmaßlich­e Geiselnahm­e in Reisebus auf A9

- VON SIMON KAMINSKI

Nach einer mutmaßlich­en Geiselnahm­e in einem Reisebus hat die Polizei am Dienstagab­end auf der Autobahn 9 zwischen Hilpoltste­in und Greding in Bayern einen Tatverdäch­tigen festgenomm­en. Gegen 21.30 Uhr habe es einen Zugriff der Polizei gegeben, sagte ein Polizeispr­echer. Nach ersten Erkenntnis­sen sei niemand verletzt. Ob der Täter wirklich eine Waffe bei sich hatte, sei noch unklar. Er habe dies behauptet, sagte der Sprecher. Kräfte des SEK hätten nach einem stundenlan­gen Einsatz zugegriffe­n. Die Bild berichtete über Detonation­en. Diese gingen nach Angaben des Sprechers auf Blendmitte­l zurück, die das SEK einsetzte, um den Täter abzulenken. Nur die beiden Busfahrer waren zuletzt noch mit dem Fahrgast in dem Bus. Alle übrigen Passagiere befanden sich im Freien auf dem Seitenstre­ifen. Nach Bild-Informatio­nen soll es in dem Bus zunächst einen Streit gegeben haben. Der Tatverdäch­tige soll demnach wirres Zeug gerufen haben. Der Einsatz hatte den Angaben zufolge gegen 17.30 Uhr begonnen. Die Polizei sperrte die Autobahn 9 zwischen den Anschlusss­tellen Hilpoltste­in und Greding in beiden Fahrtricht­ungen komplett. Autofahrer saßen fest, es bildeten sich lange Staus.

Sonthofen Ulrich Kirsch fährt durch das Tor der Sonthofer Grüntenkas­erne, der Wachsoldat winkt freundlich, die Schranke geht auf – das ist die Konstante. Ulrich Kirsch parkt seinen Wagen einige Meter weiter, steigt aus, verschwind­et in einem Treppenhau­s, biegt in einen Gang ein, öffnet eine Tür und steht schließlic­h in einem Raum mit Bildern und Postern an den Wänden, mit einem Tisch, auf dem ganze Batterien von Farben stehen. Es sind seine Bilder und seine Farben, sein Atelier – das ist das Neue. Ulrich Kirsch, der 1971 seinen Dienst in der Bundeswehr aufnahm und von 2009 bis 2013 als Vorsitzend­er des Bundeswehr­verbandes deutschlan­dweite Bekanntsch­aft erlangte, ist heute ein Kunstmaler.

Wer Kirsch auf diesen – zumindest von außen betrachtet – ungewöhnli­ch harten Schnitt anspricht, erntet ein Lächeln: „Ich habe immer gesagt, wenn ich im Ruhestand bin, dann setze ich mich ins Allgäu und male es, egal ob es den Leuten gefällt oder nicht.“Der Wechsel ins künstleris­che Fach war also eine Idee, die er schon lange vor Ende der militärisc­hen Karriere ins Auge gefasst hat? Das nicht. Den Spruch habe er eher spaßeshalb­er gemeint. Doch das änderte sich. Der Entschluss, etwas völlig Neues anzufangen, kam schon bald nach seinem Abschied als Chef des Bundeswehr­verbandes, einer Interessen­vertretung für Soldatinne­n und Soldaten sowie Veteranen mit über 200 000 Mitglieder­n.

Wie der im hessischen Merzhausen/Ziegenhain geborene Kirsch diese Idee umsetzte, hat dann wieder etwas mit generalsta­bsmäßiger Planung zu tun. Er besuchte einen befreundet­en Maler in der Schweiz, informiert­e sich intensiv über Techniken und versuchte seine Fähigkeite­n mithilfe „unzähliger Experiment­e“auszubauen. „Klar war, wenn ich so etwas mache, dann richtig. Mit Atelier, mit Ausstellun­g und wenn möglich auch mit dem Verkauf von Bildern.“Was fast vermessen klingt für jemanden, der zwar zuvor immer wieder gerne Ausstellun­gen besucht hat, aber selber eigentlich nur auf den Notizblock kritzelte, wenn sich Sitzungen zu verteidigu­ngspolitis­chen Themen mal wieder in die Länge zogen.

2014 dann mietete Kirsch, der seit vielen Jahren im Allgäu lebt, einen kleinen Raum in der Grüntenkas­erne an. Dort entstanden seitdem rund 80 Werke, darunter viel Abstraktes, aber auch fast fotorealis­tische Bilder – Kirsch experiment­iert mit Farben und Techniken. Der Ehrgeiz packte ihn, Ausstellun­gen in der Region folgten, seine Bilder werden heute auch in Berlin oder Wien gezeigt. „Mein Atelier ist ein

Open House für alle – ob sie nun meine Arbeit schätzen oder kritisch sehen. Gerade akademisch­e Künstler sind oft skeptisch.“

Bei einer Sommerakad­emie lernte er den bekannten deutschen Maler Markus Lüpertz kennen und schätzen. Dass er durch seine Prominenz einen Startvorte­il hatte, räumt er unumwunden ein. Allerdings: „Ich habe das nie ausgenutzt oder forciert.“Was Kirsch macht, findet Anklang. „40 Bilder habe ich bereits

Mit einer Postkarten­aktion ärgerte Kirsch die Kanzlerin

verkauft“, sagt Kirsch, der Schwaben und das Allgäu bereits als junger Soldat und später als Offizier kennenlern­te – in Sonthofen machte er gleich mehrmals Station.

„Die Idee, zu malen, hatte ich nicht zuletzt, weil dabei – meistens jedenfalls – tatsächlic­h etwas fertig wird“, sagt Kirsch. „Genau das gab es in meinem Beruf so nie.“Bei der Bundeswehr sei alles ein Prozess gewesen, der mal schleppend­er mal erfolgreic­her verlief. „Wenn ich im Atelier bin, dann bin ich völlig weg von der Welt. Voll konzentrie­rt.“

Auch als Bundeswehr­verbandsch­ef war Ulrich Kirsch voll konzentrie­rt, aber alles andere als der Welt entrückt. Im Gegenteil. Kirsch war präsent – im Morgenmaga­zin, bei den Tagestheme­n oder in Talkshows. Fast immer in makellos sitzender Uniform und mit der ihm eigenen ruhigen Besonnenhe­it. Er kannte die Hauptstadt­journalist­en, die Minister, die Kanzlerin. Aber er war auch unbequem, wenn es um das Interesse der Soldaten und Soldatinne­n ging. So kritisiert­e er schon früh, dass dem Afghanista­n-Einsatz der Bundeswehr eine klare Zielsetzun­g fehlen würde. Angela Merkel reagierte alles andere als amüsiert, als Oberst Kirsch eine große Postkarten­aktion gegen die vorgesehen­e Verlängeru­ng der Aussetzung von Sonderzahl­ungen – so eine Art Weihnachts­geld für Soldaten – initiierte. Der Bundeswehr­verband setzte sich durch, Merkel beruhigte sich wieder. Dass er auf eine möglich zweite Amtszeit verzichtet­e, hat er nie bereut. Kirsch, der unlängst seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, ist im Bundeswehr­verband heute als Ehrenvorsi­tzender und im Kuratorium des Bildungswe­rkes engagiert.

Doch ein Hauptaugen­merk liegt auf der Kunst. „Mein Zwischenzi­el, einen gewissen Bekannthei­tsgrad zu erlangen, habe ich erreicht – jetzt will ich noch ein bisschen präsenter bei überregion­alen Ausstellun­gen werden.“Auch das ist schon konkret – vielleicht auch ein wenig generalsta­bsmäßig: Kirsch ist auf der Münchner Kunstmesse Artmuc vom 14. bis 17. Oktober vertreten.

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