Mutmaßliche Geiselnahme in Reisebus auf A9
Nach einer mutmaßlichen Geiselnahme in einem Reisebus hat die Polizei am Dienstagabend auf der Autobahn 9 zwischen Hilpoltstein und Greding in Bayern einen Tatverdächtigen festgenommen. Gegen 21.30 Uhr habe es einen Zugriff der Polizei gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Nach ersten Erkenntnissen sei niemand verletzt. Ob der Täter wirklich eine Waffe bei sich hatte, sei noch unklar. Er habe dies behauptet, sagte der Sprecher. Kräfte des SEK hätten nach einem stundenlangen Einsatz zugegriffen. Die Bild berichtete über Detonationen. Diese gingen nach Angaben des Sprechers auf Blendmittel zurück, die das SEK einsetzte, um den Täter abzulenken. Nur die beiden Busfahrer waren zuletzt noch mit dem Fahrgast in dem Bus. Alle übrigen Passagiere befanden sich im Freien auf dem Seitenstreifen. Nach Bild-Informationen soll es in dem Bus zunächst einen Streit gegeben haben. Der Tatverdächtige soll demnach wirres Zeug gerufen haben. Der Einsatz hatte den Angaben zufolge gegen 17.30 Uhr begonnen. Die Polizei sperrte die Autobahn 9 zwischen den Anschlussstellen Hilpoltstein und Greding in beiden Fahrtrichtungen komplett. Autofahrer saßen fest, es bildeten sich lange Staus.
Sonthofen Ulrich Kirsch fährt durch das Tor der Sonthofer Grüntenkaserne, der Wachsoldat winkt freundlich, die Schranke geht auf – das ist die Konstante. Ulrich Kirsch parkt seinen Wagen einige Meter weiter, steigt aus, verschwindet in einem Treppenhaus, biegt in einen Gang ein, öffnet eine Tür und steht schließlich in einem Raum mit Bildern und Postern an den Wänden, mit einem Tisch, auf dem ganze Batterien von Farben stehen. Es sind seine Bilder und seine Farben, sein Atelier – das ist das Neue. Ulrich Kirsch, der 1971 seinen Dienst in der Bundeswehr aufnahm und von 2009 bis 2013 als Vorsitzender des Bundeswehrverbandes deutschlandweite Bekanntschaft erlangte, ist heute ein Kunstmaler.
Wer Kirsch auf diesen – zumindest von außen betrachtet – ungewöhnlich harten Schnitt anspricht, erntet ein Lächeln: „Ich habe immer gesagt, wenn ich im Ruhestand bin, dann setze ich mich ins Allgäu und male es, egal ob es den Leuten gefällt oder nicht.“Der Wechsel ins künstlerische Fach war also eine Idee, die er schon lange vor Ende der militärischen Karriere ins Auge gefasst hat? Das nicht. Den Spruch habe er eher spaßeshalber gemeint. Doch das änderte sich. Der Entschluss, etwas völlig Neues anzufangen, kam schon bald nach seinem Abschied als Chef des Bundeswehrverbandes, einer Interessenvertretung für Soldatinnen und Soldaten sowie Veteranen mit über 200 000 Mitgliedern.
Wie der im hessischen Merzhausen/Ziegenhain geborene Kirsch diese Idee umsetzte, hat dann wieder etwas mit generalstabsmäßiger Planung zu tun. Er besuchte einen befreundeten Maler in der Schweiz, informierte sich intensiv über Techniken und versuchte seine Fähigkeiten mithilfe „unzähliger Experimente“auszubauen. „Klar war, wenn ich so etwas mache, dann richtig. Mit Atelier, mit Ausstellung und wenn möglich auch mit dem Verkauf von Bildern.“Was fast vermessen klingt für jemanden, der zwar zuvor immer wieder gerne Ausstellungen besucht hat, aber selber eigentlich nur auf den Notizblock kritzelte, wenn sich Sitzungen zu verteidigungspolitischen Themen mal wieder in die Länge zogen.
2014 dann mietete Kirsch, der seit vielen Jahren im Allgäu lebt, einen kleinen Raum in der Grüntenkaserne an. Dort entstanden seitdem rund 80 Werke, darunter viel Abstraktes, aber auch fast fotorealistische Bilder – Kirsch experimentiert mit Farben und Techniken. Der Ehrgeiz packte ihn, Ausstellungen in der Region folgten, seine Bilder werden heute auch in Berlin oder Wien gezeigt. „Mein Atelier ist ein
Open House für alle – ob sie nun meine Arbeit schätzen oder kritisch sehen. Gerade akademische Künstler sind oft skeptisch.“
Bei einer Sommerakademie lernte er den bekannten deutschen Maler Markus Lüpertz kennen und schätzen. Dass er durch seine Prominenz einen Startvorteil hatte, räumt er unumwunden ein. Allerdings: „Ich habe das nie ausgenutzt oder forciert.“Was Kirsch macht, findet Anklang. „40 Bilder habe ich bereits
Mit einer Postkartenaktion ärgerte Kirsch die Kanzlerin
verkauft“, sagt Kirsch, der Schwaben und das Allgäu bereits als junger Soldat und später als Offizier kennenlernte – in Sonthofen machte er gleich mehrmals Station.
„Die Idee, zu malen, hatte ich nicht zuletzt, weil dabei – meistens jedenfalls – tatsächlich etwas fertig wird“, sagt Kirsch. „Genau das gab es in meinem Beruf so nie.“Bei der Bundeswehr sei alles ein Prozess gewesen, der mal schleppender mal erfolgreicher verlief. „Wenn ich im Atelier bin, dann bin ich völlig weg von der Welt. Voll konzentriert.“
Auch als Bundeswehrverbandschef war Ulrich Kirsch voll konzentriert, aber alles andere als der Welt entrückt. Im Gegenteil. Kirsch war präsent – im Morgenmagazin, bei den Tagesthemen oder in Talkshows. Fast immer in makellos sitzender Uniform und mit der ihm eigenen ruhigen Besonnenheit. Er kannte die Hauptstadtjournalisten, die Minister, die Kanzlerin. Aber er war auch unbequem, wenn es um das Interesse der Soldaten und Soldatinnen ging. So kritisierte er schon früh, dass dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr eine klare Zielsetzung fehlen würde. Angela Merkel reagierte alles andere als amüsiert, als Oberst Kirsch eine große Postkartenaktion gegen die vorgesehene Verlängerung der Aussetzung von Sonderzahlungen – so eine Art Weihnachtsgeld für Soldaten – initiierte. Der Bundeswehrverband setzte sich durch, Merkel beruhigte sich wieder. Dass er auf eine möglich zweite Amtszeit verzichtete, hat er nie bereut. Kirsch, der unlängst seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, ist im Bundeswehrverband heute als Ehrenvorsitzender und im Kuratorium des Bildungswerkes engagiert.
Doch ein Hauptaugenmerk liegt auf der Kunst. „Mein Zwischenziel, einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erlangen, habe ich erreicht – jetzt will ich noch ein bisschen präsenter bei überregionalen Ausstellungen werden.“Auch das ist schon konkret – vielleicht auch ein wenig generalstabsmäßig: Kirsch ist auf der Münchner Kunstmesse Artmuc vom 14. bis 17. Oktober vertreten.