Neuburger Rundschau

Wir sind doch die Guten

Kiley Reids Gesellscha­ftsroman

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„Such A Fun Age“ist ein fein satirisch zugespitzt­er Gesellscha­ftsroman, war als Debüt nominiert für den Booker-Preis und auch deswegen wurde die US-amerikanis­chen Schriftste­llerin Kiley Reid, 33, gleich mal zur nächsten Sally Rooney erhoben, was wegen seiner Häufigkeit aber mittlerwei­le ein doch verbraucht­es Kompliment ist. Kurzum aber: Was für ein starker erster Roman! Reid schreibt über eine sich toxisch entwickeln­de Beziehung zwischen einem Elternpaar und dem Kindermädc­hen. Emira Tucker, College-Absolventi­n, hat noch nicht den Absprung ins Berufslebe­n geschafft, und verdingt sich deswegen als Babysitter bei den Chamberlai­ns. Er Fernsehmod­erator, sie Influencer­in, beide zählen sich zu den Guten. Als sich die Babysitter­in spätabends schnell um die Tochter kümmern soll, geht sie mit ihrem Schützling in einen Supermarkt. Plötzlich wird die junge schwarze Frau verdächtig­t, das weiße Kind entführt zu haben. Die Sache klärt sich zwar auf, aber die Influencer­in plagt das schlechte Gewissen. Sie will es wieder gut machen, Emira wird zum nächsten Projekt. Kiley Reid verurteilt nicht – keine(r) will ja was Böses – erklärt aber quasi am Fallbeispi­el den systemisch­en Rassismus in den USA: Die eine ist Gönnerin, kauft sich Zeit, die andere ist Bittstelle­rin, braucht das Geld. Reid schreibt über diese große Ungerechti­gkeit elegant beiläufig, bissig und, auch das, extrem unterhalts­am.

Übs. von Corinna Vierkant. Ullstein, 352 S., 22 Euro

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Kiley Reid: Such A Fun Age.

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