Noch mehr im Gepäck
Nawrat über eine Mutter-Sohn-Reise
Eine Mutter und ihr Sohn fliegen nach Amerika, eine Woche New York, eine Woche Landpartie. Zum großen Knall kommt es schon zu Beginn der „Reise nach Maine“, dem neuen Roman von Matthias Nawrat: Die Mutter stürzt bei der Ankunft im Apartment, schlägt sich an der Tischkante die Nase blutig, unter den Augen bilden sich Balken wie bei einer Kriegsbemalung. Das Besichtigungsprogramm muss daher angepasst werden: Erst einmal Krankenhaus, wo die Nase ein bisschen zurechtgerückt wird. Verschoben hat sich mit dem Sturz aber auch: das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn. Der Sohn, latent genervt von der Mutter, ihren Planänderungen, ihre Übergriffigkeit, ihren Vorwürfen, man kümmere sich nicht um sie, macht sich plötzlich Sorgen ...
Spektakulär unspektakulär, wie Matthias Nawrat auf etwas mehr als zweihundert Seiten diese schwierige Beziehung schildert, die Biografie der Mutter erzählt, Akademikerin in Polen, in Deutschland dann erst mal Putzfrau, beschreibt, wie der Icherzähler hin- und hergerissen zwischen Sorge und Ärger die Distanz mal vergrößert, dann verkleinert, und wie er dabei en passant Landschaft und Menschen porträtiert. Überall trifft das Paar auf Redebedürftige, Redelustige, plaudert, wird dann wieder zurückgeworfen auf sich. Ich möchte es so machen, wie du möchtest, sagt der Sohn. Die Mutter antwortet: „O.K., aber das hilft uns nicht weiter.“
Rowohlt, 218 S., 22 Euro