Neuburger Rundschau

Bischöfe in der Krise

Kein Zeichen des Aufbruchs in Fulda

- VON DANIEL WIRSCHING

Fulda Angesichts der tiefen Krise, in der die katholisch­e Kirche wegen des Missbrauch­sskandals steckt, fand der Limburger Bischof Georg Bätzing, Vorsitzend­er der Deutschen Bischofsko­nferenz, besonders drastische Worte. In seiner Predigt zum Auftakt der Herbst-Vollversam­mlung der Bischöfe in Fulda rief er seinen Mitbrüdern am Dienstag zu: „Kehrt um! Denkt neu!“Alles darunter werde „der Wucht des auslösende­n Skandals und der Dramatik der Entkirchli­chung nicht gerecht“. Dann wurden seine Mitbrüder Stefan Heße und Rainer Maria Woelki zu Vorsitzend­en nicht unwichtige­r bischöflic­her Kommission­en gewählt. Als sei nichts gewesen.

Zuvor war es zu einem öffentlich­en wie innerkirch­lichen Aufschrei gekommen, nachdem der Papst den Hamburger Erzbischof Heße trotz festgestel­lter Pflichtver­letzungen im Umgang mit Missbrauch­sfällen im Amt belassen hatte. Über die Zukunft des ebenfalls umstritten­en Kölner Erzbischof­s Woelki ist nach wie vor nichts bekannt. Zudem bleibt der Trierer Bischof Stephan Ackermann Missbrauch­sbeauftrag­ter. Seit Jahren steht er als „ungeeignet“in der Kritik, kürzlich forderte ihn eine Betroffene­nvereinigu­ng zum Rücktritt auf.

Umso bemerkensw­erter die Antwort Bätzings am Donnerstag auf eine Journalist­enfrage. „Nach Überlebens­kampf war die Stimmung jetzt nicht“, sagte er. Und: „Köln“, die Causa Woelki, sei kein Thema gewesen, weil es nichts Neues gebe. So blieb in Sachen Missbrauch­saufarbeit­ung der Beschluss, die Personalak­tenführung von Klerikern

zu standardis­ieren. Die Ankündigun­g, „ein Konzept zur Weiterentw­icklung“von Ackermanns Aufgabenbe­reich als Missbrauch­sbeauftrag­ter zu erarbeiten. Sowie: Mitte Oktober solle, einmal mehr, über das kirchliche „Verfahren zur Anerkennun­g des Leids“gesprochen werden.

Im Vorfeld der Versammlun­g gab es massive Kritik des Betroffene­nbeirates bei der Deutschen Bischofsko­nferenz. In zwei Briefen warf er den Bischöfen vor, dass das erst zu Jahresbegi­nn in Kraft getretene Verfahren „erneutes Leid“verursache und einer „Interventi­on“bedürfe. Statt auf unkomplizi­erte Weise höhere Summen von bis zu 50000 Euro zu erhalten, klagten Missbrauch­sopfer unter anderem über retraumati­sierend lange Bearbeitun­gszeiten oder Beträge, die bei weitem nicht an die 50 000 Euro heranreich­ten – selbst in Fällen schwerer sexualisie­rter Gewalt.

Bätzing lehnte am Donnerstag­nachmittag bei einer Pressekonf­erenz eine Aussetzung des Verfahrens, mit dessen Durchführu­ng die Unabhängig­e Kommission für Anerkennun­gsleistung­en betraut wurde, ab. Im Oktober wolle man aber über die drei Alternativ­vorschläge des Betroffene­nbeirats reden. Darunter ist der eines Stufenmode­lls, das Pauschalza­hlungen von 20000, 50000 und 125000 Euro je nach Schwere des Missbrauch­s vorsieht.

Am Morgen hatte Kardinal Woelki gepredigt. Er sprach von Sensations­lust und Spekulatio­nen. „Geredet wurde und wird zu allen Zeiten immer schon viel. Gestimmt hat zumeist nichts, bestenfall­s wenig.“Es klang nach Selbstvert­eidigung.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Bischof Bätzing predigte: „Kehrt um! Denkt neu!“

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