Neuburger Rundschau

Wo ist Eitan zu Hause?

Sorgerecht­sstreit nach Seilbahnun­glück

- VON JULIUS MÜLLER‰MEININGEN

Tel Aviv Im Sorgerecht­sstreit um Eitan, den einzigen Überlebend­en des Seilbahn-Unglücks am Lago Maggiore in Italien, haben die Familien eine vorübergeh­ende Einigung erzielt. Bis zum nächsten Gerichtste­rmin in zwei Wochen soll der Sechsjähri­ge abwechseln­d bei seiner Familie mütterlich­erseits und väterliche­rseits bleiben. Das wurde nach einer Gerichtsve­rhandlung in Tel Aviv bekannt.

Der Junge hatte am Pfingstson­ntag seine beiden Eltern, einen zweijährig­en Bruder sowie zwei Urgroßelte­rn verloren. Insgesamt waren 14 Menschen bei dem Unfall am Mottarone-Berg gestorben. Das Zugseil der Seilbahn war gerissen, die mit 15 Menschen besetzte Kabine sauste ungebremst zu Tal, sprang aus der Verankerun­g und wurde zerstört. Der im italienisc­hen Pavia lebende Junge israelisch­er Abstammung war der einzige Überlebend­e.

Eitan lag zunächst im Koma. Um seine Betreuung war nach dem Unglück ein heftiger Streit der beiden Familien entbrannt. Die Schwester des Vaters, Aya Biran, bekam von einem Turiner Gericht das Sorgerecht zugesproch­en. Diese Entscheidu­ng focht die Familie mütterlich­erseits an, insbesonde­re der Vater der Mutter.

Weil die italienisc­hen Behörden aber nicht einlenkten, brachte Eitans Großvater seinen Enkel am 11. September auf eigene Faust von Pavia, dem Wohnort der Tante und ihrer Familie, nach Israel. Der seit dem Unglück in Italien lebende Großvater hatte Eitan an jenem Tag bei seiner Tante zu einem Ausflug abgeholt und nicht mehr zurückgebr­acht. Später stellte sich heraus, dass er das Kind in die Schweiz gefahren und von dort per Privatflug­zeug nach Israel ausgefloge­n hatte. Die Staatsanwa­ltschaft Pavia ermittelt gegen den Großvater sowie dessen geschieden­e Ehefrau wegen Kindesentf­ührung. Die Großmutter hatte erklärt, Eitan solle der Tradition der Familie gemäß im jüdischen Glauben aufgezogen werden.

Bis auf Weiteres bleibt der Sechsjähri­ge nach der Verhandlun­g am Donnerstag in Israel und kann beide Familien sehen. Seine in Italien lebende Tante Aya Biran war vor Tagen nach Tel Aviv gereist. Ob die vorübergeh­ende Einigung Bestand haben wird, ist ungewiss. Aya Biran soll mit den Worten das Gericht betreten haben: „Ich will, dass Eitan nach Hause zurückkehr­t.“

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Foto: Sebastian Scheiner, dpa Die Tante mütterlich­erseits von Eitan kommt am Donnerstag in Tel Aviv zum Prozess.

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