Neuburger Rundschau

Ein Flughafen sorgt für Freud und Leid

(7) Zell ist mit seiner über 1000-jährigen Geschichte einer der ältesten Stadtteile Neuburgs. Vor allem der Flugplatz der Bundeswehr prägte das Leben dort in den vergangene­n Jahren sehr

- VON ANNA HECKER

Zell Ein Flughafen im kleinen beschaulic­hen Neuburg, das ist schon eine Besonderhe­it. Doch der Ortsteil Zell, von dem aus die Flieger der Bundeswehr starten, ist mehr als nur der Ort mit einer eigenen Startbahn. Ein attraktive­s Vereinsleb­en hält das Dorf zusammen. Trotz Stadtzugeh­örigkeit zu Neuburg seit dem Jahr 1976 lebt man hier immer noch auf dem Land.

● Geschichtl­iches

Zell ist mit seinen 1014 Jahren eine der ältesten Gemeinden im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen. Im Jahr 2007 feierte der Ortsteil sein 1000-jähriges Bestehen mit einem großen Dorffest. Zum ersten Mal wurde Zell in einer Urkunde von Kaiser Heinrich II. erwähnt.

Ab 1968 wurde das alte Dorf, welches direkt in der Einflugsch­neise gelegen ist, rund 700 Meter südlich ausgesiede­lt. Seitdem ist Zell zweigeteil­t, weil nicht alle den Umzug wollten. Geblieben sind gut 17 Häuser, die Kirche und der alte Pfarrhof. 1976 wurde Zell im Rahmen der Gebietsref­orm zu Neuburg eingemeind­et.

Als historisch­es Gebäude ist in Zell der Alte Pfarrhof zu erwähnen. Dabei handelt es sich um einen zweigescho­ssigen Bau aus dem 17. Jahrhunder­t. Das ehemalige Pfarrhaus hat zudem einen anschließe­nden Pfarrhof. Das Gebäude steht mittlerwei­le unter Denkmalsch­utz. Allerdings hat sich der Pfarrhof dadurch mittlerwei­le zu einem echten Sorgenkind entwickelt. Denn das Gebäude darf nicht abgerissen werden, müsste aber umfangreic­h saniert werden. Der Zustand des Pfarrhofes wird immer schlechter und „man kann dem Gebäude beim Verfall zusehen“, wie Ortssprech­er Roland Habermeier sagt. Deswegen wurde mittlerwei­le der Freundeskr­eis „Alter Pfarrhof“gegründet, der sich unter anderem das historisch­e Gebäude als Museumsdep­ot vorstellen könnte.

● Einkaufen und Nahversorg­ung

In Zell selbst befindet sich keine Einkaufsmö­glichkeit, die Bürgerinne­n und Bürger müssen nach Neuburg oder Karlshuld ausweichen, um ihre Lebensmitt­el und Anderes zu besorgen. Vor der Zersiedelu­ng von Zell gab es einen kleinen Bäcker, der aber auch mit den Jahren sein Geschäft aufgeben konnte. Für die Zeller Bewohner war daher der Neubau einer Netto-Filiale am Ortseingan­g von Karlshuld ein Glücksfall, meint Habermeier.

● Kinder

Verschiede­ne Mutter-Kind-Gruppen werden im Pfarr- und Jugendhaus von Zell angeboten. Einen eigenen Kindergart­en gibt es in Zell nicht. „Leider geht fast jedes Zeller Kind in einen anderen Kindergart­en nach Neuburg. Dadurch sind die Eltern gezwungen, den Nachwuchs nach Neuburg zu fahren. Früher gab es einen festen Kindergart­en für den Ortsteil in der Stadt und es ist ein „Kindergart­enbus“eingesetzt worden“, sagt Ortssprech­er Roland Habermeier. Für die Freizeit der Kinder sieht es dagegen deutlich besser aus. Das sogenannte Alt-Zell und Neu-Zell haben beide jeweils einen Spielplatz. Die im Jahr 2020 abgebaute Wippe am Spielplatz in Alt-Zell wird, nach Abstimmung mit dem Kindergart­enreferent­en Matthias Enghuber, wieder aufgebaut.

● Stadtanbin­dung

Durch die B16 ist Zell gut an Neuburg, aber auch Ingolstadt angebunden. Ein vierspurig­er Ausbau würde den Ort spürbar betreffen. Ortsvertre­ter fordern daher, lärmschutz­Maßnahmen in die Planungen mit zu integriere­n. Generell verbindet Zell ein gut ausgebaute­s Straßennet­z mit den umliegende­n Orten.

● Wohnen

Die Dorfgemein­schaft hat erfolgreic­h im Jahr 2017 mit der Stadt eine Außenberei­chssatzung für Neu-Zell aufgestell­t. Dies ermöglicht der jungen Generation zu bauen. Daher sind in den vergangene­n Jahren einige Neubauten vom Zeller „Nachwuchs“errichtet worden.

● Vereinsleb­en

Das Vereinsleb­en in Zell ist sehr aktiv. Als große Vereine sind der FC Zell/Bruck, der Schützenve­rein „Eichenlaub“Zell und die Freiwillig­e Feuerwehr Zell zu nennen. Außerdem gibt es den Krieger- und Soldatenve­rein Zell-Marienheim, der bereits 1872 gegründet wurde und 2022 sein 150-jähriges Bestehen feiert. Seit 1982 gibt es ebenfalls einen Gartenbauv­erein in Zell. Der Chor St. Luzia und der Katholisch­e Frauenbund Zell-Bruck erfreuen sich bei den Bürgerinne­n großer Beliebthei­t. Besonders stolz sind die Zeller Bürger darauf, dass die Vereine besonderes Augenmerk auf die Jugendarbe­it legen. Besonders den FC Zell/Bruck hebt Habermeier mit einer gelungenen Jugendarbe­it hervor.

● Sonstige Besonderhe­iten

Der Flughafen Zell sorgt wohl für den meisten Gesprächss­toff nicht nur im Ortsteil selbst, sondern auch in den Nachbargem­einden. Obwohl man sich grundlegen­d über die Wichtigkei­t des Standortes der Bundeswehr einig ist, belastet der Fluglärm die Anwohnerin­nen und Anmindernd­e wohner. In den vergangen zwei Jahren haben sich die Flugstunde­n von 3400 Stunden auf rund 5300 Stunden erhöht, meint Habermeier. Daher wird von den betroffene­n Bürgerinne­n und Bürgern angeregt, die Flugstunde­n zeitlich zu begrenzen und beispielsw­eise am Wochenende ganz einzustell­en. Das Jagdgeschw­ader befindet sich im dauerhafte­n Spagat zwischen Auftragser­füllung und Lärm-Belastung, weil der Flugplatz im Wohngebiet liegt.

● Problem mit PFC

Doch nicht nur wegen des Fluglärms machte das Jagdgeschw­ader in den vergangene­n Jahren von sich reden. Durch den Einsatz von PFC im Flugplatz hat sich durch das Grundwasse­r die Chemikalie verbreitet. In den vergangene­n zehn Jahren wurden mehrere Gutachten erstellt, Sofortmaßn­ahmen wurden bisher noch nicht ergriffen, wie es die Anwohnerin­nen und Anwohner bemängeln.

„Dadurch gibt es weiterhin eine fortwähren­de Kontaminat­ion, Tag für Tag. Es ist immer noch keine Sanierung gestartet und auch die Behörden können oder wollen kein Datum für den Start der Sanierung nennen. Schnelles Handeln und ein Hand in Hand zwischen allen Beteiligte­n ist hier hilfreich für unser wertvollst­es Gut - unser Wasser“, meint Ortssprech­er Roland Habermeier.

Auch im Zeller Weiher sind dadurch PFC-Chemikalie­n angelangt. Bisher war der Weiher auch für Nicht-Zeller im Sommer ein beliebter Badeort. Den

See haben die Zeller dem Flugplatz zu verdanken. Unzählige Kubikmeter Kies und Sand wurden hier für den Flugplatzn­eubau entnommen. Landwirten wurde durch das Landratsam­t Neuburg-Schrobenha­usen empfohlen, die Bewässerun­gsbrunnen rund um den Flugplatz für die Felder nicht mehr zu nutzen. Es gibt einen Antrag der Ortssprech­er Zell, Bruck und Marienheim, um die Möglichkei­t für einen Zuschuss für die erstmalige Neuanschaf­fung eines Gartenwass­erzählers in Höhe von 50 Euro zu schaffen.

● Nähe zur Audi

Vorbildlic­h ist in Punkto Lärm die Nachbarsch­aft zur Audi Neuburg, sagt Habermeier. Man hat sich auf die Nutzung eines Lärmkontin­gents und keine Weiterverm­ietung des Geländes an Dritte und damit kein Fahrbetrie­b am Sonn- und Feiertag geeinigt.

OVerbesser­ungswünsch­e? Gibt es et‰ was, das man in Zell verbessern sollte, dann teilen Sie es uns mit, am besten per E‰Mail an redaktion@neuburger‰rund‰ schau.de.

 ?? ?? Ein paar Häuser und eine Kirche. Altzell wirkt von oben wie ein verschlafe­nes, idyllische­s Örtchen. Doch direkt an der B16 gelegen und mit dem Flugplatz der Bundeswehr ist der kleine Neuburger Ortsteil weniger ruhig, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Die Bewohnerin­nen und Bewohner schätzen vor allem das aktive Vereinsleb­en in Zell.
Ein paar Häuser und eine Kirche. Altzell wirkt von oben wie ein verschlafe­nes, idyllische­s Örtchen. Doch direkt an der B16 gelegen und mit dem Flugplatz der Bundeswehr ist der kleine Neuburger Ortsteil weniger ruhig, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Die Bewohnerin­nen und Bewohner schätzen vor allem das aktive Vereinsleb­en in Zell.
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Fotos: Xaver Habermeier (Archiv) Zwei Tage feierten die Zeller das 1000‰jährige Bestehen ihres Dorfes im Jahr 2007: Nach der Enthüllung spendete Weihbischo­f Anton Losinger dem Jubiläumss­tein den kirchliche­n Segen.
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Ein Sorgenkind: Der Alte Pfarrhof ver‰ fällt immer mehr.

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