Airlines wollen Ungeimpfte loswerden
Zurück an den Arbeitsplatz kommt man in den USA oft nur noch geimpft. Eine US-Airline feuert gar knapp 600 Beschäftigte, die sich nicht immunisieren lassen wollen. Eine Lufthansa-Tochter will nun in Europa bald nachziehen
Zürich/Konstanz In immer mehr Ländern fordern Unternehmen vor der Rückkehr an den Arbeitsplatz von ihren Beschäftigten eine Corona-Impfung. Vorreiter dieses Trends sind die USA und Großbritannien. Dort sind Impfstoffe wegen einer rigorosen Beschaffungspolitik schon seit längerem nicht mehr knapp. Aus Sicht der Arbeitgeber kann sich daher jeder impfen lassen – und sollte es auch. Ende Juni wurde bekannt, dass die Investmentbank Morgan Stanley Ungeimpften in den USA die Rückkehr zum Arbeitsplatz untersagt. Kurze Zeit später kündigten Tech-Konzerne wie Google und Facebook, aber auch Mittelständler und private Gesundheitseinrichtungen ähnliche Schritte an.
Die US-Fluggesellschaft United Airlines hat nun angekündigt, knapp 600 Beschäftigte zu entlassen, die sich einer Impfung verweigerten. Firmenchef Scott Kirby sagte am Mittwoch im US-Sender CNBC. „Es tut mir leid für die 593 Leute, die gehen müssen, aber wir fokussieren uns darauf, das Richtige für United Airlines zu tun, und es ist gut, das Thema abhaken zu können.“Rund 2000 der etwa 67000
United-Beschäftigten wollen zudem unter Verweis auf religiöse Vorgaben oder gesundheitliche Gründe von der Impfpflicht ausgenommen werden, wie Kirby sagte. Diese Anträge sollen einzeln geprüft und die Mitarbeiter in Jobs mit möglichst wenigen Kontakten zu anderen Menschen eingesetzt werden.
Man habe nicht mit den Beschäftigten über die Impfpflicht diskutiert, betonte Kirby: „Wir haben gesagt, wir können unterschiedlicher Meinung sein. Aber das ist die Vorgabe von United Airlines, und sie müssen eine Entscheidung treffen.“
Nun scheint der Trend auch in Europa angekommen zu sein. Mit der Fluglinie Swiss hat jetzt erstmals die Tochter eines deutschen Unternehmens ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer Kündigung gedroht für den Fall, dass sie sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen.
Die Impfaufforderung betreffe das gesamte fliegende Personal, also Kabinen- und Cockpitbesatzungen, sagte eine Sprecherin der Lufthansa-Tochter dem Südkurier.
Konkret sollen alle betreffenden Mitarbeiter bis Anfang Dezember durchimmunisiert sein. Ende Januar 2022 können dann Kündigungen gegenüber all jenen ausgesprochen werden, die die Impfung verweigert haben. Man bestehe auf die Impfung, da ansonsten „auf lange Sicht kein geordneter Flugbetrieb mehr sichergestellt werden könnte“, sagte die Sprecherin weiter. Einzelne Flugziele könnten womöglich nicht mehr bedient werden. Außerdem gehe es darum, „Ungleichbehandlungen von Mitarbeitern bei der Einsetzbarkeit“zu vermeiden.
In Deutschland sind bislang keine Fälle von Kündigungen oder Androhungen für nicht gegen Corona Geimpfte bekannt. Eine staatliche Impfpflicht gibt es nicht. Arbeitgeber können sie daher hierzulande auch nicht einfordern. Verpflichtende
Impfungen gibt es seit 2020 nur für Masern – und auch diese gelten nur für sehr wenige Berufsgruppen, etwa für Bedienstete in Kitas, Schulen und bestimmte Gesundheitsberufe.
Ob aus allgemeinen Erwägungen eine Impfpflicht gegen das Coronavirus abgeleitet werden könne, die eine Freistellung oder gar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertige, sei juristisch umstritten, sagt Stephan Gräf, Juniorprofessor für bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Universität Konstanz. Arbeitsgerichte hätten sich bislang nicht mit der Frage befasst. Streitfälle seien keine bekannt.
Allerdings haben Arbeitgeber in Deutschland seit kurzem das Recht, den Impfstatus ihrer Mitarbeiter abzufragen. Auch diese Regelung ist aber auf eine enge Zahl an Berufen beschränkt und betrifft etwa Angestellte in Kitas, Schulen, Gefängnissen oder Altenheimen. Verweigert der Beschäftigte die Auskunft, kann das aber Konsequenzen haben und im Extremfall eine Kündigung nach sich ziehen.
Die Impfankündigung der Swiss folgt auf weitreichende Pläne des Konzerns zum Stellenabbau. Bis Ende 2021 sollen 1700 Vollzeitstellen wegfallen.