Jazz aus dem goldenen Zeitalter
Im Neuburger Jazzkeller gibt es am Wochenende eine Mischung aus Tradition und Ästhetik
Neuburg Wer traditionellen Jazz liebt, kommt am Freitag im Neuburger Jazzkeller mit den „New Orleans Shakers“auf seine Kosten. Besucher am Samstag werden die Bekanntschaft mit dem ehemaligen Rising Star am Tenorsaxofon, Harry Allen, mit dem Martin Sasse Trio machen.
Freitag, 1. Oktober
Der Berliner Schlagzeuger Torsten Zwingenberger beweist mit den New Orleans Shakers einmal mehr, dass er in vielen Spielarten des Jazz zuhause sein kann. Bereits 1977 gründete er zusammen mit Thomas L’Etienne die Band. Damals wie heute stehen Stücke aus dem goldenen Zeitalter des Jazz auf dem Programm, Musik, in der Gefühl und einprägsame Simplizität dominieren. Ein Zufall führte die Formation dann 2009 wieder zusammen. Im Sinne der saftig-erotischen Konnotationen des frühen Jazz weiß der verschmitzte Klarinettist L’Etienne, dass diese Spielart nur dann authentisch wirkt, wenn sie mit einem gewissen „Schmuddelfaktor“gespielt wird. Deshalb lässt er Akademismus und Notengeprotze weit hinter sich und geht in melodiensatter Sinnlichkeit auf. Das leicht federnde SwingDrumming Zwingenbergers sowie die für eine New-Orleans-Band eher unübliche Besetzung mit nur einem Bläser, dafür aber mit dem Pianisten Jan-Henrick Ehlers und dem Bassisten Oliver Karstens, sorgt für moderne, zeitgemäße Interpretationen der alten Klassiker.
So wie auch jedes Jahr der Mardi Gras in New Orleans neu erlebt und gelebt wird, so spürt man bei den Konzerten der New Orleans Shakers ihre mitreißende Lust am Leben und an der Veränderung. Ein Tipp für alte und neue Oldtimer-Fans.
Samstag, 2. Oktober
Erinnern Sie sich noch an den Mai 2000, als während der Konzertserie der „Rising Stars“zahlreiche spätere Weltklassemusiker wie Diana Krall oder Esbjörn Svensson unter anderem auch im Neuburger „Birdland“ihre ersten Gehversuche auf der großen Bühne absolvierten? Einer der jungen, neuen Wilden hieß damals Harry Allen, seines Zeichens Tenorsaxofonist mit einem bewusst „alten“Ton, der an Ben Webster, den Balladenschmelz eines Lester Young, den Drive von Coleman Hawkins oder die spektakulären Licks eines Zoot Sims erinnerte. Damals war der Mann aus Washington D. C. gerade mal 33 Jahre jung und alles andere, als ein geklontes Relikt aus der Vergangenheit.
Dass Allen jetzt, über 20 Jahre später, mit dem famosen Trio des Kölner Pianisten Martin Sasse, dem noch Bassist Markus Schieferdecker und Drummer Joost van Schaik angehören, nach 2019 abermals nach Neuburg zurückkehrt, ist ein ganz besonderer Moment. Mit seinem inzwischen noch einen Tick feineren Gespür für Ästhetik und echten Swing transportiert der hochdekorierte und viel gelobte Bläser die Preziosen seiner großen Vorbilder mitten hinein ins 21. Jahrhundert, ohne dabei in den Verdacht zu geraten, auf dem Nostalgietrip zu reiten. Dieser Tenorist hat eine simple, aber faszinierende Devise: Alles swingt. Wenn man nur will.
OKartenservice Telefonisch 08431/ 41233, per Fax unter 08431/46387, übers Internet unter www.birdland.de oder ab 19.30 Uhr an der Abendkasse.