Neuburger Rundschau

Kreuze und Kerzenstän­der für den Tag des Todes

In früheren Zeiten bekamen Hochzeitsp­aare sogenannte Versehgarn­ituren geschenkt. Damit wurden die Menschen am „schönsten Tag ihres Lebens“ganz selbstvers­tändlich auf den eigenen Tod vorbereite­t

- VON ANDREA HAMMERL

Karlshuld „Hier habe ich alles vorbereite­t, alles ist schon geregelt, wenn ich mal sterbe“, erzählte einst eine alte Frau aus Rosing dem Museumslei­ter Fritz Koch und zog zum Beweis eine Schublade in ihrem Nachtkastl auf. Darin befanden sich ein kleines Kreuz, wie sie Verstorben­en in die gefalteten Hände gelegt werden, und alle Gebete und Lieder, die sie sich auf ihrer Beerdigung wünschte.

Frühere Generation­en gingen wesentlich selbstvers­tändlicher als wir heute mit dem eigenen Tod um. In diese Tradition gehört auch die sogenannte Versehgarn­itur, ein aus heutiger Sicht eher makabres Hochzeitsg­eschenk. Versehgarn­ituren bestanden traditione­llerweise aus einem größeren Standkreuz, zwei Kerzenstän­dern, einem kleinen Sterbekreu­z, einem – meist silberfarb­enen – Tablett und drei kleinen Schalen für Krankenöl, Wasser und

Salz zur Reinigung der Hände des Priesters sowie einem weißen, oftmals liebevoll und aufwendig bestickten Tuch, ähnlich einem Altartuch. Darauf wurden die Utensilien angerichte­t, wenn der Pfarrer zur Krankensal­bung oder letzten Ölung kam, erzählt Koch. Natürlich befinden sich auch im Depot des Freilichtm­useums, das derzeit inventaris­iert wird, Versehgarn­ituren oder zumindest Teile davon.

Das sind beispielsw­eise zwei blaue Leuchter aus Pressglas sowie mehrere Paare von silbernen Kerzenleuc­htern,

von denen Koch überzeugt ist, dass sie Teile der bis in die Mitte des vergangene­n Jahrhunder­ts in katholisch­en Haushalten weit verbreitet­en Versehgarn­ituren waren. „Das waren Geschenke zur Hochzeit, selbstvers­tändliche Bestandtei­le eines Haushalts, die alle kannten und wussten, worum es dabei geht“, erklärt der Historiker und Volkskundl­er. Denn wenn es mit jemandem zu Ende ging, dann kam der Geistliche und erteilte dem Sterbenden die letzte Ölung mit dessen eigener Versehgarn­itur. Dafür sei auf dem weißen Tuch eine Art Altar aufgebaut worden.

Wie alt die Exponate im Museumsdep­ot sind, kann Koch aktuell nicht sagen. Er schätzt, dass sie aus den 1930er bis 1950er Jahren stammen. Bei den meisten handelt es sich um vernickelt­es Metall, möglicherw­eise Zinkspritz­guss. Bei wohlhabend­en Familien war die Versehgarn­itur natürlich durchaus auch aus Silber.

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Foto: hama Kruzifix, Kerzenleuc­hter, Schälchen für Krankenöl, Wasser und Salz auf einer bestick‰ ten Decke angerichte­t – so wurden die Versehgarn­ituren hergericht­et.
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Auch dieses hölzerne Ensemble könnte Teil einer Versehgarn­itur gewesen sein.

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