Probiert es Merz noch einmal?
Zweimal ist der CDU-Politiker daran gescheitert, Parteichef zu werden. Nun rechnet er knallhart ab – und hält sich eine Hintertür offen
Berlin Tagelang hatte er sich zurückgehalten, doch nun bricht der Wahlfrust aus Friedrich Merz heraus. In einem Interview geht er mit seiner CDU hart ins Gericht – und betont, er selbst habe ja versucht, die Partei neu aufzustellen, durfte aber nicht. Sogar ein dritter Anlauf auf das Amt des CDU-Chefs scheint nicht mehr ausgeschlossen. Die Bild berichtet unter Berufung auf das Umfeld des 65-Jährigen, er könne sich eine neuerliche Kandidatur vorstellen. Allerdings nur dann, wenn dieses Mal alle Mitglieder abstimmen dürfen und nicht die Delegierten eines Parteitages.
„Die CDU ist denkfaul geworden“, hatte der frühere Fraktionschef zuvor in einem Interview mit der Funke Mediengruppe gesagt. Sie habe sich viele Jahre auf den Apparat der Regierung gestützt. „Die Union hat das thematische Arbeiten verlernt. Das gilt für ihre inhaltliche Ausrichtung wie auch für ihre Präsenz bei den Themen und den Menschen.“Merz kritisierte, die CDU habe in den langen Jahren der Regierungsverantwortung viel an Profil und Inhalt aufgegeben. Die Verantwortung dafür sieht er bei anderen. „Ich habe mich zweimal als Parteivorsitzender beworben, um die Partei inhaltlich-strategisch wieder stärker auszurichten. Aber das ist vergossene Milch. Es ist, wie es ist. Wir sind da, wo wir sind.“
Merz hatte zunächst gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und im zweiten Versuch gegen Armin Laschet verloren. Dass er die Mehrheit der Delegierten jeweils nicht hinter sich bringen konnte, scheint er bis heute nicht verkraftet zu haben. „Ich habe mich zweimal um den Parteivorsitz beworben, jeweils mit Unterstützung einer überwältigenden Mehrheit der CDU-Mitglieder, die auch weiterhin ungebrochen ist. Trotzdem hat der Parteitag zweimal anders entschieden“, sagte er nun. „Mein Bedarf an streitigen Abstimmungen gegen das Establishment ist gedeckt.“Genau damit öffnet er die Hintertür für einen möglichen Mitgliederentscheid über den nächsten Parteichef.
Schon einmal hatte Merz mit seiner Vermutung, das „Establishment“der CDU habe ihn verhindern wollen, innerparteilichen Wirbel ausgelöst. Im Wahlkampf hatte er sich allerdings loyal hinter den Kanzlerkandidaten Laschet gestellt. Dass er seine Ambitionen, zumindest Vorsitzender der Bundestagsfraktion zu werden, schon begraben hat, gilt als unwahrscheinlich. Sollte die Union tatsächlich in der Opposition landen, ist der Posten an der Spitze der Fraktion neben dem Parteivorsitz der einflussreichste, den die CDU zu bieten hat.
Zum Wahlausgang sagte Merz, man habe einen beachtlichen Teil der Wähler über einen längeren Zeitraum verloren. „Übrig geblieben ist ein harter Kern von 24 Prozent, der zu einem großen Teil noch nicht einmal aus Überzeugung, sondern aus purer Angst vor Rot-GrünRot die Union gewählt hat.“(AZ)