„Daniel kam als Baby ins Krankenhaus und ist als Junge wieder rausgelaufen“
In der Serie „Familienalbum“erzählen wir die Geschichten von großen und kleinen Familien, von Regenbogenfamilien, Patchworkfamilien oder Mehr-Generationen-Familien, kurz: von jedem, der sich als Familie fühlt. Dieses Mal mit Diana Dietrich aus Schwabmünchen, deren Sohn Daniel eine schwere Herzoperation hatte.
Familie: Seit Juni lebe ich mit meinem Mann Christian und unserem Sohn Daniel, der im Dezember vier Jahre alt wird, in einem Reihenhaus in Schwabmünchen. Für uns ist das nicht selbstverständlich. Denn die vergangenen zweieinhalb Jahre haben wir in einem Krankenhaus gelebt. Als unser Sohn etwa zehn Monate alt war, wurde bei ihm eine schwere Herzkrankheit diagnostiziert: dilatative Kardiomyopathie (DCM).
Das heißt, Daniels linke Herzkammer war extrem vergrößert. Deshalb konnte sein Herz den Körper nicht ausreichend mit Blut versorgen. Das musste eine Maschine übernehmen, die über einen Schlauch mit seinem Brustkorb verbunden war. Daniel konnte das Krankenhaus nicht mehr verlassen.
Mein Mann und ich haben dann ein kleines Zimmer bezogen, direkt neben dem Krankenhaus. Ein bisschen wie im Hotel. Das einzige, was wir tun konnten: auf ein Spenderherz warten. Er selbst hat das nie realisiert. Dafür war er zu jung. Für ihn war das normal. Das Krankenhaus war sein Zuhause. Daniel kam als Baby ins Krankenhaus und ist als Junge wieder rausgelaufen.
Als ich dann erfahren habe, dass ein Spenderherz da ist, bin ich auf den Boden gesunken und habe geweint. Heute geht es Daniel den Verhältnissen entsprechend gut. Er ist natürlich ängstlicher als andere Kinder. Er kannte ja nichts. Keine Rutsche, keine Schaukel, keine Tiere. Da tastet er sich jetzt so langsam ran.
Anfänge: Als die Diagnose kam, war ich 34
Jahre alt, mein Mann 33. Im Oktober 2018 war das. Das hat sich damals angefühlt, als würde ich in ein tiefes Loch fallen. Vor allem weil unser Leben bis dahin eher langweilig und gerade deshalb perfekt war. In den nächsten vier Monaten hat sich Daniels Gesundheitszustand verschlimmert. Er hat viel gehustet, hatte Wasser in der Lunge, ist immer dünner geworden. Dazu kamen HerzRythmus-Störungen. Dann wurde entscheiden, dass er an diese Maschine angeschlossen werden muss.
Die Operation war im Januar. Etwa zu dieser Zeit habe ich dann auch angefangen über unser Leben auf Instagram zu berichten. Ich wollte anderen Eltern Mut geben, die ähnliches durchmachen. Der Kanal ist dann schnell gewachsen. Das hat mich gefreut. Dadurch habe ich gemerkt, dass ich nicht alleine bin.
Alltag: Im Krankenhaus ist jeder Tag gleich. Ich bin morgens um sieben in sein Zimmer gekommen, wir haben zusammen gegessen, jeden Tag zur gleichen Uhrzeit. Privatsphäre hatte er keine. Ständig ging seine Tür auf, Ärzte und Schwestern kamen rein. Anders ging es nicht. Ich habe deshalb gefühlt alle Spielsachen für ihn gekauft, die es gibt. Einfach, um ihm ein bisschen Normalität und Ablenkung zu schenken. Wenn schon sein Körper krank ist, soll wenigstens seine Seele gesund sein. Heute ist unser Alltag fast normal. Einmal in der Woche müssen wir zur Untersuchung ins Krankenhaus. Außerdem geht Daniel zur Physiotherapie und Logopädie. In den Kindergarten kann er noch nicht. Sein Immunsystem ist noch schwach, wegen der vielen Medikamente. Außerdem muss er noch den Umgang mit anderen Kindern lernen. Er ist ja isoliert aufgewachsen. Auszeiten: Auszeiten gab es wenige. Wenn ich mal Zeit für mich hatte, habe ich Sachen gemacht, die ich erledigen musste:
Aufräumen oder Briefe der Versicherung beantworten. Manchmal habe ich auch einfach mal eine Stunde geschlafen. Streitpunkte: Gestritten haben wir wenig. Das existiert einfach nicht in so einer Extremsituation. Du musst funktionieren für dein Kind. Da kannst du nicht streiten, weil jemand die Zahnpasta offenlässt. Glücksmomente: Glücklich waren wir an Tagen, an denen nichts Schlimmes passiert ist. Wenn es Daniel gut ging, er keine Schmerzen hatte, wenn er gelacht hat. Ich habe gelernt, dass nichts selbstverständlich ist. Deshalb freue ich mich jetzt auch einfach, wenn ich im Auto sitze, in den Rückspiegel schaue und Daniel dort im Kindersitz sehe. Protokoll: Jonathan Lindenmaier
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