Neuburger Rundschau

Wieder sind Frauen in der Unterzahl

Im Wahlkampf versprache­n die Parteien eine Politik, in der Frauen wie Männer gleicherma­ßen vertreten sind. Schon in den Sondierung­sgespräche­n zeigt sich, dass dieses Ziel nicht eingehalte­n wird

- VON MARGIT HUFNAGEL

Berlin/Augsburg Wer regiert künftig Deutschlan­d? Nach der Bundestags­wahl sind es die Sondierung­sgespräche, in denen in diesen Tagen die wesentlich­en Weichen gestellt werden. Dort werden mögliche Koalitions­verhandlun­gen vorbereite­t und damit über die Zusammense­tzung der Bundesregi­erung entschiede­n. Doch während im Wahlkampf zumindest ein Bemühen erkennbar war, in allen Parteien auch Frauen zu fördern – sowohl Olaf Scholz als auch Armin Laschet versprache­n eine paritätisc­he Besetzung künftiger Posten –, fällt nun auf: Mit Ausnahme der Grünen sind die Teams der Parteien stark männlich dominiert. Besonders die Union, aber auch die FDP stechen mit einem deutlichen Männer-Überschuss heraus.

● Für die SPD sondieren: Kanzlerkan­didat Olaf Scholz, die Parteichef­s Co-Parteichef­in Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, Generalsek­retär Lars Klingbeil, Fraktionsc­hef Rolf Mützenich und die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer – vier Männer und zwei Frauen.

● Für die CDU sondieren: Parteichef Armin Laschet, Generalsek­retär Paul Ziemiak, Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus, Hessens Ministerpr­äsident und Parteivize Volker Bouffier, Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther, SachsenAnh­alts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff, Parteivize Julia Klöckner, Parteivize Silvia Breher, Parteivize

Thomas Strobl und Parteivize Jens Spahn – acht Männer und zwei Frauen.

● Für die CSU sondieren: Parteichef Markus Söder, Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt, Generalsek­retär Markus Blume, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer Stefan Müller, Digital-Staatsmini­sterin Dorothee Bär – vier Männer und eine Frau.

● Für die Grünen sondieren: die Parteichef­s Annalena Baerbock und Robert Habeck, Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsc­hef Anton Hofreiter, die Erste Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin

Britta Haßelmann, Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner, Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n, Bundestags-Vizepräsid­entin Claudia Roth, Europa-Abgeordnet­er Sven Giegold, Parteivize Ricarda Lang – fünf Männer und fünf Frauen.

● Für die FDP sondieren: Partei- und Fraktionsc­hef Christian Lindner, Parteivize Johannes Vogel, Parteivize Nicola Beer, Generalsek­retär Volker Wissing, Erster Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer Marco Buschmann, Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin Bettina Stark-Watzinger, Fraktionsv­ize Michael

Theurer, die Vorsitzend­e von Sachsen-Anhalt Lydia Hüskens, Bundesscha­tzmeister Harald Christ, der Europa-Abgeordnet­e Moritz Körner – sieben Männer und drei Frauen.

Die Listen für die Sondierung­sgespräche spiegeln insgesamt das Frauenprob­lem des Bundestage­s wider. Dem gehören künftig 480 Männer und 255 Frauen an. Der Frauenante­il insgesamt liegt bei knapp 35 Prozent und damit etwas höher als in der abgelaufen­en Wahlperiod­e (2017: 31,4), aber niedriger als in der Legislatur­periode davor (2013: 37,3). Die Grünen haben im neuen Bundestag den höchsten Frauenante­il. In ihrer Fraktion sind 58,5 Prozent der Abgeordnet­en weiblich. Auch bei der Linken sind es mehr als die Hälfte (53,8 Prozent). Die SPD kommt auf 41,7 Prozent Frauen. Die wenigsten weiblichen Abgeordnet­en gibt es mit 13,3 Prozent in der Fraktion der AfD. Bei der FDP (23,9) und der Union (23,5) ist der Frauenante­il ungefähr gleich groß.

Der leichte Anstieg des Frauenante­ils lässt sich dadurch erklären, das mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen zwei Parteien mit verbindlic­hen Frauenquot­en ihr Ergebnis verbessert haben. Demgegenüb­er stehen CDU/CSU, FDP und AfD, die nur wenige Frauen aufstellen (FDP, AfD) oder Frauen auf wenig aussichtsr­eichen Listenplät­zen und Direktmand­aten nominieren (CDU/ CSU), kritisiert Helga Lukoschat, Vorstandsv­orsitzende des Forschungs­und Beratungsi­nstituts „EAF Berlin“. In der CSU hatte man versucht, durch paritätisc­he Listen für die Bundestags­wahl Chancengle­ichheit zu signalisie­ren – allerdings wurden alle ihre Abgeordnet­en per Direktmand­at bestimmt. In den aussichtsr­eichsten Wahlkreise­n waren weit weniger Frauen zu finden. Nur in 10 von 46 bayerische­n Direktwahl­kreisen bei der Bundestags­wahl standen Frauen für die CSU zur Wahl.

Die Vorsitzend­e der Frauen Union der CDU, Annette WidmannMau­z, hadert mit dem geringen Frauenante­il in der neuen CDU/ CSU-Bundestags­fraktion. „Mit einem Frauenante­il von 23,5 Prozent in der Unionsfrak­tion können wir nicht zufrieden sein“, sagte Widmann-Mauz (CDU) den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktions­gesellscha­ft. Sie fordert grundlegen­de Änderungen. „Die strukturel­len Fragen in der CDU sind weiterhin ungeklärt. Das steht nach wie vor auf der Agenda“, sagte sie. Für die Partei kann das Thema durchaus große Bedeutung haben: Unter einer Wahlkämpfe­rin Angela Merkel wählten in den vergangene­n Jahren mehr Frauen als Männer die Union – diesmal haben sich nur noch 24 Prozent der Frauen für die Union entschiede­n, genauso viele wie männliche Wähler. 2017 lag der Anteil der weiblichen Unterstütz­erinnen noch bei fast 37 Prozent.

Frauenante­il im Parlament nur minimal gestiegen

 ?? Foto: Fabian Sommer, dpa ?? CDU‰Chef Armin Laschet hat sich mit Spitzenpol­itikern seiner Partei zur Vorbereitu­ng der Gespräche mit FDP und Grünen getroffen. Vor der Wahl hatte er ein Zukunftste­am aufgestell­t, das je zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzt war. Von denen ist nun niemand Teil der Sondierung­en.
Foto: Fabian Sommer, dpa CDU‰Chef Armin Laschet hat sich mit Spitzenpol­itikern seiner Partei zur Vorbereitu­ng der Gespräche mit FDP und Grünen getroffen. Vor der Wahl hatte er ein Zukunftste­am aufgestell­t, das je zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzt war. Von denen ist nun niemand Teil der Sondierung­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany