Rauf und runter, durch Matsch und über Wurzeln
Mountainbiken bringt eine Menge Action. Doch ist es auch familientauglich? Klar doch, sagen die Experten. Wie schon die Kleinsten dabei sein können, welche Ausrüstung es braucht und wie man die Touren plant
Göttingen Eine Fahrradtour mit Kindern will gut vorbereitet sein. Das gilt umso mehr, wenn sie nicht nur entlang breiter und befestigter Wege und Radwege führt, sondern über Stock und Stein verläuft. Unter den 3,6 Millionen Menschen in Deutschland, die laut einer Allensbach-Analyse häufig Mountainbike (MTB) fahren, sind auch viele Eltern. Und was spricht dagegen, auch die Kinder mit auf eine Tour zu nehmen? Natürlich nichts – im Gegenteil. Das teilweise etwas holprige Terrain schult die Koordination und das Gefühl fürs Fahrrad sogar besonders gut. Damit es allen Spaß macht, folgen hier fünf Tipps für die MTB-Tour mit Kids:
Nicht am falschen Ende sparen Auch für Kinder gibt es Mountainbikes. Die Räder stehen den Erwachsenen-Modellen allerdings im Preis mitunter nur wenig nach. Wichtig ist, dass das Fahrrad leicht ist, sagt Thomas Geisler. „Dadurch ist es wendiger und bergauf haben es die Kinder leichter“, so der Experte vom Pressedienst Fahrrad. Federelemente sind häufig verzichtbar. Sie machen das Rad schwerer und haben kaum Nutzen: „Das Kind wiegt oft zu wenig, als dass eine Federung etwas bringt.“
Wer sparen möchte, kann sich nach gebrauchten Modellen umschauen – etwa in Kleinanzeigen. Länger als zwei bis drei Jahre werden Kinderräder selten gefahren, weil der Nachwuchs dann dem Rad „entwachsen“ist. Weil die Nutzungsdauer begrenzt ist und hochwertige Modelle haltbar sind, kann es sich lohnen, das Geld für ein neues Rad in die Hand zu nehmen. Denn die Gebrauchtverkaufspreise sind häufig hoch. Wer also geschickt kauft und verkauft, muss beim nächsten Rad nur wenig Geld neu investieren. Für Kleinkinder gibt es auch geländetaugliche Laufräder. Längere Strecken legen die Knirpse darauf nicht zurück. Deshalb braucht es andere Lösungen.
Mitnahmemöglichkeiten für die Kleinen Richtig viel Spaß bringt hier ein Sitz, der auf dem Oberrohr des Rahmens angebracht ist. Das Kind erlebt das Mountainbike-Gefühl so aus der Fahrerperspektive. Im Praxistest war das Modell des neuseeländischen Herstellers Shotgun für Zwei- bis Fünfjährige mit maximal 22 Kilogramm Gewicht. Optional gibt es eine Mini-Lenkstange dazu, an der sich das Kind festhalten kann.
Zwei Nachteile: Man kann keine supersteilen und gefährlichen Wege mit dem Kind auf dem Rahmensitz fahren. Denn fällt man hin, fällt das Kind ebenso – hier ist also Zurückhaltung angeraten. Und: Wenn es müde wird, kann es im Sitz nicht einfach wegschlummern. So gilt es, mögliche Mittagsschlafzeiten einzuplanen. Die Tour sollte dann entweder vorbei sein oder man legt eine längere Pause ein, in der sich der Nachwuchs auf einer Decke lang machen kann. Oder man hat einen Anhänger dabei, in den sich das Kind setzen kann.
Die gibt es auch in der geländegängigen Variante. Die Trail-Anhänger sind gefedert und machen sogar leichte Sprünge mit, wie Fahrradexperte Geisler erklärt. Weil sie nicht sehr breit sind, bieten sie nur einem Kind Platz. Das kann darin auch schlafen. Für sehr enge Strecken sind diese Anhänger aber ebenso ungeeignet wie für sehr steile Passagen. „Sie schieben ziemlich nach“, sagt der Fachmann.
Kleine Etappenziele Ohnehin sollte die Tourenplanung am Kind ausgerichtet sein. Wer Kilometer abreißen möchte und einen straffen Zeitplan hat, fährt lieber solo los. Für Kinder bringt so eine Tour in aller Regel wenig Spaß. Sie freuen sich, wenn sie immer wieder auch etwas Neues sehen und es Zeit gibt, um auch mal abzusteigen und herumzustromern. Tipp: die Fahrt entlang von Fixpunkten planen. Erster Halt am Kletterbaum im Wald, zweiter Halt am Flussbett, dritter Halt an der Eisdiele, vierter Halt am Spielplatz. „Bei den Touren sollte man viele Pausen machen, damit sich das Kind erholen kann“, rät Thomas Geisler. „Und es geht darum, Abwechslung zu schaffen, damit das Kind richtig Geschmack an den gemeinsamen Touren findet.“Zum Beispiel bietet sich die App Komoot an. Man kann auf der Karte Wegpunkte, die man abfahren möchte, hinzufügen und kann die Tour lokal speichern, sodass man zur Navigation unterwegs kein Datenvolumen benötigt. Kostenlos ist nur die Karte einer Region – wer mehr Karten freischalten möchte, muss dafür bezahlen.
Oft sind in Bikeparks die Trails – ähnlich wie Skipisten – in blaue, rote und schwarze Strecken unterteilt (leicht, mittel oder schwierig). Für die ersten Touren mit dem Nachwuchs bieten sich erst mal die blauen Trails an. Falls es doch mal zu schwer wird für das Kind, gibt es Tools, die helfen können. Sogenannte Tandemkupplungen etwa, die am eigenen Rad angebracht werden. In sie lässt sich das Vorderrad des Kinderfahrrads bei Bedarf einhängen. Wenn der Nachwuchs zu geschafft ist, um alleine zu fahren, kann er sich so ausruhen und man kommt dennoch vorwärts. Eine weitere Möglichkeit für Anstiege ist ein Abschleppseil.
Langsam starten Am Anfang braucht es nicht unbedingt Tools oder Tourenpläne. Ein, zwei Stunden zwanglos im Wald herumradeln, das ist aus Sicht von Experte Geisler ein perfekter Auftakt ins gemeinsame Mountainbiking – so kann das Kind sich an die Materie herantasten: kleine Anstiege und Abfahrten probieren, ein bisschen über Wurzeln und durch Matsch brausen. Und es gibt immer etwas zu entdecken. Ein weiterer Tipp: In Bikeparks gibt es häufig Kinderbereiche, wo sich zum Teil schon die Kleinsten auf ihren Laufrädern ausprobieren können.
Helm ja, Protektoren nicht unbe dingt Bleibt eine wichtige Frage: Was braucht das Kind an Schutzausrüstung? Ein Helm ist Pflicht, das ist klar. Bei Protektoren für Ellbogen, Knie oder den Oberkörper kommt es auf die Größe und das Können der Kinder an, so Geisler. „Bei älteren und größeren Kids kann man darüber nachdenken, wenn es um anspruchsvollere Strecken geht.“Bei Grundschulkindern würde er von zusätzlichen Protektoren abraten. „Das hindert sie zu sehr.“Aus seiner Sicht immer ratsam: Handschuhe tragen. „Sie verhindern bei Stürzen Abschürfungen – und sie halten warm.“Tom Nebe, dpa