Treffen sich ein Komiker und ein Mönch
Markus Orths mag es, Sinn mit Unsinn zu verbinden. Früher war er Lehrer, heute ist der 52-Jährige Autor. Beim Irseer Pegasus gibt er Einblicke in sein Werk
Irsee Thomas und Stan, der eine ein „Besessener in Sachen Denken“, der andere ein „Besessener in Sachen Komik“. Wobei das alles auch anders hätte kommen können. Thomas war mal ein fröhliches Kind, während Stan bei seiner streng gläubigen Großmutter aufwuchs. Doch als der eine mit fünf Jahren ins Kloster ging, verschwand die Albernheit aus seinem Leben. Und als der andere seine Eltern das erste Mal auf der Bühne sah, hörte er nicht mehr auf zu lachen.
Man könnte meinen, Markus Orths erinnert sich an alte Freunde, tatsächlich spricht er aber über die Figuren in seinem Roman „Picknick im Dunkeln“. Darin bringt er den Kirchenlehrer Thomas von Aquin und den Komiker Stan Laurel zusammen, in vollkommener Finsternis. Beim Autorentreffen der Schwabenakademie, dem Pegasus, liest Orths aus seinen Büchern, spricht über das Schreiben und Erzählen. Schnell wird im ehemaligen Benediktinerkloster Irsee bei Kaufbeuren klar: Der 52-Jährige schätzt das Absurde.
Seine Werke handeln von der Verrücktheit der Welt, von Philosophen und Künstlern, von einem Zimmermädchen, das sich unter Hotelbetten legt, um das Leben zu begreifen. Nach seinem farbenfrohen „Max“, einem Roman-Porträt des Malers Max Ernst, habe er sich danach gesehnt, etwas zu schreiben, das dem Sehsinn eine Pause gönnt.
So begegnen sich Stan und Thomas an einem tiefschwarzen Ort zwischen Leben und Tod. Zuerst hält Stan den Koloss, den er im Dunkeln ertastet, für seinen Partner
Oliver Hardy. Das legendäre Duo ging als „Dick und Doof“in die Filmgeschichte ein. Orths wollte, dass Stan auf jemanden trifft, der die gleiche Leibesfülle wie Olli hat, sich sonst aber in jeder Hinsicht von ihm unterscheidet. Letztlich habe er sich für das „wandelnde Weinfass“aus dem Mittelalter entschieden, für jenen Gelehrten, der vier Sekretären gleichzeitig diktiert haben soll.
Orths geht nicht nur in seinen Romanen ungewöhnliche Wege. In Bamberg sollte der preisgekrönte Autor an der Universität über die Poetik des Schreibens sprechen, entstanden ist ein Büchlein mit dem
Titel „Der bescheidenste Autor der Welt – Eine unterirdische PoetikErzählung in vier Teilen“. An Selbstironie fehlt es dem ehemaligen Lehrer jedenfalls nicht, jedoch ebenso wenig an Tiefsinn.
Anfang der 2000er hatte Orths selbst am Irseer Pegasus teilgenommen, gewann später einen Preis und sagt heute: Die Wertschätzung der Kollegen habe ihn sehr beflügelt. Dieses Jahr wählte die Fachjury, darunter Orths, aus knapp 250 eingereichten, bisher unveröffentlichten Texten zwölf aus.
Die Autorinnen und Autoren kamen zum intensiven Austausch ins
Allgäu. Am Ende überzeugte Melanie Khoshmashrab aus Fürstenfeldbruck ihre Kolleginnen und Kollegen mit „Wir II“. Die Erzählung handelt von der Freundschaft zweier Jugendlicher in einem Spannungsfeld zwischen Gewalt und Vertrautheit. Der Preis der Jury ging an Kathrin Niemela aus Passau, für einen Zyklus aus ihrem ersten Gedichtband „wenn ich asche bin, lerne ich kanji“. Die Verse zeichnen eine berührende Liebesgeschichte nach, von den vielversprechenden Anfängen bis zum Erkalten der Gefühle. Beide Preise sind jeweils mit 1000 Euro dotiert.